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Berliner Wochenkommentar IIDie Grünen und Dutschke

Beim Erinnern an das Attentat vor 50 Jahren an Rudi Dutschke läuft viel grüne Politprominenz auf. Was hat das mit Joschka Fischer zu tun?

Gretchen Klotz-Dutschke (r), Witwe von Rudi Dutschke, bei der Gedenkveranstaltung zum Attentat auf den Studentenführer vor 50 Jahren Foto: dpa

Zwischen beiden Ereignissen lag nur ein Tag Abstand. Am Donnerstag feierte Joschka Fischer Geburtstag. Das grüne Urgestein, das vom Sponti zum Außenminister mutierte, wurde 70. „Was man von Joschka vor allem lernen kann, ist kämpfen“, glückwünschten die neuen Grünen-Chefs Robert Habeck und Annalena Baerbock.

Einen Tag zuvor war am Kurfürstendamm ein Transparent ausgerollt worden. „Der Kampf geht weiter.“ Gemeint war nicht der von Joschka Fischer, sondern einem anderen grünen Urgestein. Vor genau 50 Jahren, am 11. April 1968, war auf Rudi Dutschke ein Attentat verübt worden, dessen Folgen der Studentenführer elf Jahre später erlag. Zur Gedenkkundgebung war viel grüne Prominenz gekommen.

Mehrmals ist bei der Kundgebung augenzwinkernd die Frage aufgeworfen worden: „Was hätte eigentlich Rudi dazu gesagt?“ Eine gute Frage, die vor allem dazu dient, einen Traditionszusammenhang herzustellen.

Die Partei Die Linke hat einen, aber der ist neben der Frage der sozialen Gerechtigkeit eben auch mit dem realsozialistischen Teil der Arbeiterbewegung und ihren stalinistischen Verbrechen verbunden.

Was hätte eigentlich Rudi dazu gesagt? Eine gute Frage

Die Grünen dagegen beziehen sich auf die Studentenbewegung, wollen gleichzeitig aber nichts mit der RAF zu tun haben. Auch deshalb beziehen sie sich auf Dutschke und seinen „Marsch durch die Institutionen“.

Dennoch blieb da noch eine gewaltige Lücke, als der Schriftsteller Michael Schneider an Dutschkes Antikapitalismus erinnerte. Neben ihm stand Berlins Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne), die nichts sehnlicher wünscht, als dass Berlin im kapitalistischen Wettbewerb der Städte etwas mehr Erfolg hätte.

Was hätte Rudi wohl gesagt? Wer dagegen fragte, was Dutschke wohl gesagt hätte, brauchte nicht um eine Antwort bange sein. „Die Geschichte der 68er sollte fester Bestandteil des Unterrichts in allen Schulen sein“, forderte Gretchen Dutschke-Klotz. Am Abend stellte sie dann in der Volksbühne ihr Buch „1968: Worauf wir stolz sein dürfen“ vor. Das war dann noch vor dem Geburtstag von Joschka Fischer.

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3 Kommentare

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  • Die Angepassten

     

    Dutschke ist kein "grünes Urgestein". Da würde er sich im Grabe umdrehen... Denn diese "Grünen" sind längst zur Anpasserpartei gerworden, überwiegend konservativ, handzahm und besorgt um die eigenen Posten. So ein bisschen linke Nostaölgie ost dann auch noch dabei. Auch in diesem Bereich sollen Stimmen abgefischt werden. Durchsichtig! In Wirklichkeit steht man für Hartz IV ein...

  • „Europa wurde über viele Jahrhunderte geplagt von Kriegen, Hungersnöten und Armut. Millionen von Europäer wanderten aus, getrieben durch die blanke Not. Sie zogen über den Atlantik, nach Amerika -Süd und Nord - und bis ins ferne Australien, nur um ihrer ererbten Not für sich und ihre Kinder zu entkommen. "Wirtschaftsflüchtlinge" allesamt, um diesen Begriff aus der heutigen Debatte über Einwanderung und Flüchtlinge zu verwenden. Im 20. Jahrhundert kamen als vorherrschende Fluchtursachen noch rassische Verfolgung, politische Unterdrückung und die Verheerungen von zwei Weltkriegen hinzu.“

     

    „Heute ist die EU eine der reichsten Wirtschaftszonen auf dem Globus, die große Mehrheit der Europäer lebt seit Jahrzehnten friedlich in demokratischen Staaten mit garantierten Grundrechten und einer einmaligen sozialen Infrastruktur. Die Erinnerung an die fernen Zeiten der eigenen Not scheint fast ausgelöscht zu sein - und so fühlt sich Europa ganz aktuell bedroht. Nein, weniger durch Wladimir Putin und ein erneut auf seine Nachbarn aggressiv ausgreifendes Russland, sondern durch Flüchtlinge und Zuwanderer, durch die Ärmsten der Armen.“

     

    Joschka Fischer

    http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-europa-muss-sich-entscheiden-1.2619159

     

    Joschka Fischer + Rudi Dutschke = 2 aufrichtige Kämpfer für Gerechtigkeit, auf die die Bundesrepublik Deutschland stolz sein kann!!!

  • Mehrmals ist bei der Kundgebung augenzwinkernd die Frage aufgeworfen worden: „Was hätte eigentlich Rudi dazu gesagt?“

     

    "Heute hält uns nicht eine abstrakte Theorie der Geschichte zusammen, sondern der existentielle Ekel vor einer Gesellschaft, die von Freiheit schwätzt und die unmittelbaren Interessen und Bedürfnisse der Individuen und der um ihre sozial-ökonomische Emanzipation kämpfenden Völker subtil und brutal unterdrückt." - Die Widersprüche des Spätkapitalismus, die antiautoritären Studenten und ihr Verhältnis zur Dritten Welt, 1968.

     

    "Was für ein gespaltenes, geschichtsloses, finanziell reiches, geistig immer ärmer werdendes Volk ist existent in diesem Staat" - in der Zeitschrift "das da" unter dem Pseudonym R. Bald.