Berliner Wochenkommentar II: Gleiches Recht für wirklich alle
Dass nur konservative Verbände wie Ditib im Beirat des HU-Instituts für islamische Theologie sitzen sollen, bleibt ein Rätsel.
Der Gedanke leuchtet auf den ersten Blick ein: Imame und muslimische Religionslehrer sollen genauso standardisiert ausgebildet werden wie ihre christlichen Pendants. Unkontrollierbarer Radikalisierung in Moscheen und Schulen soll so vorgebeugt werden, ebenso unseligem Einfluss ausländischer staatlicher Interessen. Außerdem soll den islamischen Religionsgemeinschaften das Signal gegeben werden, dass sie zu Deutschland gehören wie das Amen in der Kirche.
Selbstverständlich ist der Einwand kaum von der Hand zu weisen, dass eine moderne und säkulare Gesellschaft die staatliche Alimentierung konfessioneller Berufsausbildung generell unterlassen sollte. Die historisch gewachsene Verwobenheit von Staat und Kirche zu entwirren, ist jedoch eine Jahrtausendaufgabe, die zu bewältigen einer einzelnen Hochschule kaum überantwortet werden kann. Ihr Versuch, stattdessen wenigstens gleiches Recht für die stetig wachsende Zahl gläubiger Muslime zu schaffen, kann in diesem Kontext also gleichzeitig als anachronistisch und liberal-modern angesehen werden.
Problematisch aber ist die Wahl der Partner für diesen Versuch. Gewiss, anders als die Kirchen, über Jahrhunderte verlässliche Entitäten mit gleichbleibenden Kontoverbindungen für das staatliche Kirchensteuerinkasso, gibt es eine Vielzahl in Glaubenssätzen und Organisationsprinzipien verschiedene Gemeinschaften gläubiger Muslime. Jede Auswahl staatlicherseits, ob nun für die Deutsche Islamkonferenz oder für eine Kooperationsvereinbarung zur Einrichtung eines theologischen Instituts, produziert automatisch einen Ausschluss der nicht Geladenen.
Warum dabei nun ausgerechnet eine Vereinigung wie Ditib in herausragender Stellung Gelegenheit bekommen soll, die Ausbildung von Imamen und Lehrern zu beeinflussen, ist ein Rätsel. Eine Organisation, die Geistliche zu Spitzeldiensten für den türkischen Staat benutzen lässt, wird kaum Interesse daran haben, unabhängige Herolde der Wissenschaftsfreiheit und Demokratie an die Universität zu schicken. Auch die anderen beteiligten Verbände stehen nicht im Ruf, besonders liberal zu sein.
Nun steht es einer Gesellschaft nicht zu, Menschen ihre Glaubenspraxis vorzuschreiben. In der Auswahl förderungswürdiger Partner in Wissenschaft und Ausbildung darf sie ruhig etwas wählerischer sein.
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