Berliner Wirtschaft in der Coronakrise: Düstere Aussichten für Hotels & Co
Experten gehen von einem Wirtschaftsrückgang von bis zu 15 Prozent aus. Dieser dürfte damit in Berlin stärker ausfallen als im Bundesdurchschnitt.
Grund dafür sei die kleinteilige Wirtschaftsstruktur der Stadt – sprich viele Soloselbstständige sowie kleine und mittlere Unternehmen – und die große Bedeutung des Hotel- und Gaststättengewerbes. Allerkamp glaubt auch nicht mehr an eine schnelle Erholung der Wirtschaft, darstellbar durch einen Verlauf in Form eines Vs. Vielmehr werde die Entwicklung eher die Form eines U haben, sprich: es werde eine längere Durststrecke und eine langwierigere Erholung geben.
Positiv bewertete der IBB-Chef die Maßnahmen von Bund und Land: Die Kurzarbeitergeld-Regelung und die vier Hilfsprogramme des Landes seien „gute und zielgenaue Lösungen“ gewesen, die dazu beigetragen hätten, dass die Menschen „nicht ins Bodenlose stürzen“ würden.
In diesem Maße ungewohntes Lob kam auch von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin. Deren Hauptgeschäftsführer Jan Eder sprach von „vernünftigen und ausgewogenen Antworten auf die Krise“; die Wirtschaft insgesamt sei sehr zufrieden mit den Regierungen auf Landes- und Bundesebene. Dass die Zahl der bekannten Corona-Infizierten bundesweit bei nur noch rund 15.000 liege, sei einer „riesiger Erfolg“.
Berliner Wirtschaft könnte um 15 Prozent schrumpfen
Eder allerdings bewertete die wirtschaftlichen Aussichten noch etwas skeptischer. Er gehe bisher davon aus, dass die Berliner Wirtschaft um 15 Prozent schrumpfe. „Es wird deutlich schlimmer als das, was wir bisher gehört haben“, sagte der IHK-Chef. Die Kurve werde nicht mal mehr eine U-Form haben, sondern ein Mittelding aus U und L sein, sprich: die Erholung der Wirtschaft verlaufe langsamer als im ersten Modell.
Nach der Finanzkrise 2008/2009 habe Berlin von den damals vergleichsweise wenig betroffenen und in Berlin starken Branchen Kultur, Gastronomie und Hotel profitiert. Diese sind jetzt stark tangiert: „Was uns damals getragen hat, ist heute Teil der Achillesferse.“ Als Belege führte er Umfragen an: So befürchten 60 Prozent der Unternehmen im Hotel- und Gaststättengewerbe, dass ihnen in diesem Jahr die Hälfte des Umsatzes wegbricht; insgesamt hält ein Fünftel aller Unternehmen eine Insolvenz in den nächsten Monaten für möglich.
Bernd Becking, Chef der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Agentur für Arbeit, wies darauf hin, dass unter den knapp 30.000 Ende April neu arbeitslos gemeldeten Menschen rund 60 Prozent über keinen Berufsabschluss verfügten.
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