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Berliner U-Bahn-FernsehenNicht Neues an der Decke

Das U-Bahn-Fernsehen „Berliner Fenster“ in der BVG mit seinen ständigen Springer-Schlagzeilen wird den Fahrgästen wohl noch Jahre erhalten bleiben.

Da oben hängen sie immer noch, die kleinen Bildschirme Foto: IMAGO / Frank Sorge

Berlin taz | Fahren Sie öfters U-Bahn? Und haben Sie zuletzt irgendwann einmal den Blick vom Smartphone gelöst und nach oben gerichtet? Wenn das vorgekommen sein sollte – vielleicht mussten Sie ja niesen –, könnten Sie bemerkt haben, dass es das „Berliner Fenster“ ein Vierteljahrhundert nach seiner Einführung tatsächlich immer noch gibt.

Zwar sendet das Infotainmentprogramm schon seit 2019 nur noch auf einer Seite des jeweiligen Bildschirmpaars (auf der anderen informiert die BVG über die nächsten Halte), dort aber hält es sich hartnäckig. Und sendet und sendet.

Mal gibt es eine Mini-Konzertkritik, mal eine Mini-Kinderbuchrezension, Werbung und immer wieder das „Foto des Tages“: ambitionierte Bildideen, von Fahrgästen eingesandt, im Winter gefrorene Tropfen an einem Zweig oder eine einsame Taube auf einem leeren Parkdeck, im Sommer der Sonnenuntergang auf dem Tempelhofer Feld.

Dazwischen allerdings immer wieder News aus dem Hause Springer: Nachrichtenhäppchen aus der B.Z., der Welt und dem Kicker. Vor allem an ersteren beiden nehmen immer wieder Menschen inner- und außerhalb der Waggons Anstoß. Vor zwei Jahren gab es eine Online-Petition, mit der ein paar Tausend Unterzeichnende forderten, die unfreiwillige unterirdische Berieselung durch die rechtslastigen Portale endlich mal einzustellen.

Im vergangenen Mai dann versuchte der SPD-Kreisverband Steglitz-Zehlendorf einen Antrag beim Landesparteitag durchzubringen, der die BVG und die private Vermarktungsgesellschaft mc R&D GmbH als Betreiberin des „Berliner Fensters“ auffordern sollte, den Vertrag mit Springer „schnellstmöglich“ zu beenden. Natürlich vergeblich.

Weiter so bis 2030

Wie nun aus der Antwort der Senatsverkehrsverwaltung auf eine Anfrage von Kristian Ronneburg (Linke) hervorgeht, bleibt wohl auch in den kommenden 5 Jahren alles wie gehabt: Erst Ende 2030 läuft der „Gestattungsvertrag“ ab, den die BVG mit der mc R&D abgeschlossen hat. Er lässt Letzterer bei der Gestaltung des Programms freie Hand, solange nichts offensichtlich Rassistisches, Sexistisches oder Gewaltverherrlichendes dabei ist.

Und auch dann lässt sich die BVG noch alles offen. „Die Strategie zur Fortführung oder Beendigung des Gestattungsvertrags hängt maßgeblich davon ab, wie lange die Fahrzeuge mit der verbauten Technik noch im Einsatz sind“, heißt es in der Antwort. Was irgendwie alles und nichts bedeuten kann, denn ob es dieses Jahr wirklich wie geplant so richtig losgeht mit der Auslieferung der neuen U-Bahn-Wagen – wer weiß das schon.

Und auch wenn die neuen Wagen der Baureihen J und JK erst einmal keine Bildschirme für ein „U-Bahn-Fernsehen“, sondern nur Screens für Fahrgastinformationen haben: Bei der BVG ist „aktuell nicht entschieden“, ob und wie ein solches Angebot noch ergänzt werden könnte.

Bisschen unklar also, wohin die Reise geht. Klar ist für Kristian Ronneburg: „Man sollte jetzt frühzeitig die Weichen für Alternativen stellen.“ Die Fahrgäste bräuchten in erster Linie gute Informationen zur ihrer Fahrt, „nicht Schlagzeilen von Boulevardmedien“. Dass die BVG sich über einen derart langen Zeitraum an ein System und einen Geschäftspartner gebunden habe, sei eigentlich nicht nachzuvollziehen. „Wenn der letzte Gong ertönt, sollte das nicht mehr weitergeführt werden“, so Ronneburg.

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2 Kommentare

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  • Bereits im zweiten Satz, „Haben Sie zuletzt irgendwann einmal den Blick vom Smartphone gelöst und nach oben gerichtet?“, wird einem klar gemacht, dass dieses Thema keinen Aufreger wert ist. Niemand liest mehr die Springer-Schlagzeilen über dieses veraltete Medium mit.

  • Diese regelmäßige Springerhetze ist wirklich ein Graus! Inanbetracht das die BVG eine Anstalt öffentlichen Rechts ist, somit Neutralität zu wahren hat, ist auch die rechtliche Grundlage für dieses Arrangements mehr als fraglich.