Berliner Taxiprotest: „Scheuer-Wehr“ gegen Uber
Berliner Taxifahrende protestieren am Donnerstag wieder gegen die Verkehrspolitik von Minister Scheuer und Senatorin Günther.
Schon von Weitem hört man am Donnerstagmittag die rhythmischen Rufe aus dem Köllnischen Park: „Uber raus, Uber raus!“ Etwa 500 Taxifahrende haben sich vor der Verkehrsverwaltung in Mitte versammelt, um gegen die Liberalisierungspläne von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und für mehr Engagement der Verkehrssenatorin Regine Günther (für Grüne) zu protestieren. „Frau Günther, machen Sie Ihre Arbeit!“, steht auf einem Schild und auf den roten Westen, die einige Fahrer*innen tragen: „Scheuer-Wehr“.
Özcan Özbek und Hermann Fischer tragen heute keine Westen, sondern was männlichen Taxifahrern am besten steht: ärmelloses Karohemd, Silberkettchen. Die beiden Mittfünfziger sind schon lange im Geschäft und empört über die neue Konkurrenz von Uber und Co. „Am meisten leiden bei denen doch die Fahrgäste“, meint Fischer. „Es kann doch nicht sein, dass man bei großer Nachfrage – zum Beispiel an Silvester – das Fünffache bezahlt. Unsere Taxameter werden jedes Jahr geeicht und man bezahlt immer denselben Preis.“
Viele Berliner Unternehmen würden genau aus diesem Grund keine Uber-Rechnungen für Dienstfahrten akzeptieren, sagt Özbek: „Eine Frau hat mir mal erzählt, dass sie mit Uber für die exakt selbe Strecke zum Flughafen einmal 32, beim zweiten Mal 36 und schließlich 60 Euro bezahlt hat.“
Der eigentliche Stein des Anstoßes sind aber die Interessen der Taxifahrenden selbst. Denn die von Uber und anderen Anbietern genutzten Mietwagen müssen bisher nach jeder Fahrt zur Basis zurückkehren, wenn sie keinen neuen Auftrag haben. Taxifahrende wie Özbek und Fischer hingegen dürfen überall in der Stadt auf Kundschaft warten oder nach Fahrgästen suchen – einziger Vorteil der Kleinunternehmer*innen gegenüber Multinationalen wie Uber.
Dass der Scheuer-Andi ihnen nun auch noch diesen Vorteil nehmen möchte und Senatorin Günther diese Rückkehrpflicht von Uber-Wagen nicht ausreichend über das Landesordnungsamt durchsetzt, politisiert das Berliner Taxigewerbe heftig. Schon im April hatten die Taxler*innen mit einem 5.000-Wagen Protestkorso gezeigt, dass sie den Berliner Verkehr zum Erliegen bringen können.
Natürlich stellt sich die Frage, ob es in Zeiten des Klimawandels in einer Stadt mit gutem öffentlichem Nahverkehr und besser werdenden Fahrradwegen zukünftig überhaupt Auto- und Taxiverkehr zur Personenbeförderung braucht. Wenn mensch aber zu betrunken für den Nachtbus, in den Wehen oder anderweitig eingeschränkt ist, beruhigt es, an geprüft-ortskundige Chaffeure wie Özcan Özbek und Hermann Fischer zu geraten. Sie fahren gut versichert, zu staatlich regulierten Festpreisen.
Leser*innenkommentare
65572 (Profil gelöscht)
Gast
Wenn man schon Taxifahrer und Taxifahrerinnen zu Taxifahrenden macht, was ja durchaus zu Mißverständnissen führen kann, weil Fahrgäste gibt's ja auch noch - und da würde ich bei dem Wortungetüm als erstes denken, sollte man wenigstens Chauffeur richtig schreiben. Und, um vielleicht auch noch den Chauffeusen zu gedenken, könnte an Chauffierende nichts vorbeiführen.
Dessen ungeachtet haben die Ubers gegenüber den Taxlern den Nachteil, daß sie 19% Mehrwertsteuer (gegenüber 7% bei etwa 95% der Taxifahrten) sowie 25% an Uber abgeben müssen. Darum rätselt die ganze Branche sowieso, wie die bei der Kostenstruktur überhaupt Geld verdienen. Die Lösung ist, nach zwei Jahren hören die einen auf, und neue Deppen - Verzeihung Unternehmer - fangen an.
Aber das langt ja schon, um einen Bereich kaputt zu machen, in dem man noch einigermaßen würdevoll sein Geld verdienen konnte, wenn kein anderer Job mehr zu kriegen war. Wobei, seit Mytaxi immer mehr Marktanteil an sich reißt, ist's mit der Würde auch nicht mehr weit her.
Sonntagssegler
@65572 (Profil gelöscht) Vielen Dank,
Viele Menschen wollen einfach nicht einsehen, dass allzu freie Konkurrenz auch zu Ausbeutung führen kann.
Trifft ja aber meist nur die Anderen.