Berliner Szenen: Vom Glas in den Mund
Kastanienlimo, Rieslingmarmelade, Orangenhummus und all das auch noch in Weckgläsern: Zum Probeessen in einem Restaurant in Neukölln.
A uf Twitter (dem „Kurznachrichtendienst im Internet“) gibt es einen Account namens @wewantplates. Er dokumentiert bemüht kreative Foodpräsentation in Restaurants und zeigt Fotos, auf denen das Essen auf Schiefertafeln und Hirschgeweihen, in Blumentöpfen oder Minieinkaufswagen angerichtet ist, statt einfach auf – Tellern. Gerade ist ein Best-of-Buch erschienen.
Passend dazu war ich neulich bei einem Probeessen für Journalisten in der Pannierstraße. Dort hat nämlich ein Restaurant eröffnet, das sämtliche Getränke und Speisen in Weckgläsern serviert: das ZIP. Wegen ZIP-Dateien, verlustfrei komprimieren, aufbewahren usw.
Beim ersten Gang, Rührei mit Baconspießen, steht das Glas auf einer Schiefertafel und daneben ein Teller. Ich weiß nicht, ob ich direkt aus dem Glas essen soll oder ob ich das Ei vom Glas auf den Teller schichten soll. Oder auf die Schiefertafel. Aus dem Glas ist es unpraktischer, bleibt aber am längsten warm. Letztlich schmeckt das Ei eh fade, der Bacon ist hingegen supertopkross.
Als Nächstes kommen die Brotaufstriche, die zum „All Day Long Breakfast“-Angebot gehören, Sachen wie Macadamia-Cranberry-Creme, Orangenhummus und Aprikosen-Riesling-Marmelade. Dazu trinke ich Kastanienlimonade, also eigentlich: Kastaniensirup mit Soda und einer Gurkenscheibe, was kurz geil schmeckt, aber nach einem halben Glas auch schon nicht mehr. „Wir wollen eine Provokation sein. Die Leute sollen sich fragen: Funktioniert das?“, erklärt mir dazu der Geschäftsführer, der bienengleich von einem Tisch zum nächsten schwirrt.
Ich bekomme noch mehr verrücktes Zeug im Glas serviert, am Ende waren die Aufstriche das Beste am Abend. Man kann sie sich sogar im Weckglas mit nach Hause nehmen. Versuchen Sie das mal mit einem Teller!
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