Berliner Senat: Kein Zurück bei Frauenförderung
Die rot-rot-grüne Landesregierung beschließt ein Aktionsprogramm Handwerk. Das zu erneuernde Vergabegesetz will sie aber nicht aufweichen.
Der rot-rot-grüne Senat will auch unter Druck, auf Handwerker für seine großen Bauvorhaben angewiesen zu sein, das Vergabegesetz nicht aufweichen. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) sagte am Dienstag vor Journalisten, man wolle das Gesetz zwar vereinfachen, aber nicht von politischen Zielsetzungen wie Frauenförderung abweichen. Eine Neufassung des Gesetzes, das vorschreibt, welche Bedingungen Handwerksbetriebe für Aufträge des Landes zu erfüllen haben, soll im Herbst vorliegen. Aktuell beschloss der Senat ein Aktionsprogramm Handwerk, das auch eine Kombination von Berufsausbildung und Abitur vorsieht.
Das Aktionsprogramm haben Pops Senatsverwaltung und die Handwerkskammer gemeinsam auf den Weg gebracht. Beim Vergabegesetz hingegen gibt es Meinungsverschiedenheiten. Bei einer CDU-Veranstaltung zum Schulbau etwa äußerte jüngst ein Vertreter der Handwerkskammer Kritik an den Vorgaben. Umfangreiche, viele Seiten umfassende Vorschriften würden gerade kleine Betriebe über Gebühr belasten. Gewerke mit äußerst geringem Frauenanteil müssten dennoch einen Frauenförderplan vorlegen. Bei Maurern etwa bezifferte der Deutsche Gewerkschaftsbund 2017 den Frauenanteil unter Azubis auf 0,7 Prozent.
Bei derzeit auch langfristig sehr guter Auftragslage kommt es demnach vor, dass Handwerksbetriebe private Aufträge den mit mehr Vorgaben verbundenen öffentlichen Aufträgen vorziehen. Das aber ist ein Problem für den Senat, der allein bei Schulen binnen zehn Jahren über 5 Milliarden Euro verbauen lassen will.
Senatorin Pop sah darin keinen Grund, von der politischen Zielsetzung abzuweichen: „Ich habe schon oft genug erlebt: Wenn man sich erst mal Frauenförderung anguckt, dann geht auch was.“ Zum Vorwurf von angeblich zu viel Bürokratie sagte die Senatorin, es seien teils übertriebene Vorstellung im Umlauf. Grundsätzlich aber soll die Neufassung des Vergabegesetzes Vorschriften vereinfachen.
Ein weiteres Projekt für Frauen in Handwerksberufen enthält das beschlossene Aktionsprogramm. Das Berufsabitur, das in vier Jahren sowohl zum Gesellenbrief wie zur Hochschulreife führt, soll es ab nächstem Schuljahr geben, vorerst für Hotelfachleute und Fachleute für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Kohleausstieg 2030 in Gefahr
Aus für neue Kraftwerkspläne
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins