Berliner Senat einigt sich mit Karstadt: Auch Grüne gegen den Deal
Nach der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg äußern sich auch Grünen-Politiker kritisch gegen Vereinbarung des rot-rot-grünen Senats mit Signa.
Nach der Kritik aus der Linksfraktion mehren sich auch bei den Grünen Stimmen gegen den Deal des Senats mit Karstadt-Eigner Signa. „Ich werde sicher meine Hand nicht heben für die Signa-Träume“, kritisierte die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger auf Twitter.
Wie berichtet, hatten der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), Kultursenator Klaus Lederer (Linke) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop am Montag eine Einigung mit Signa verkündet. Demnach sollten vier der sechs von Schließung bedrohten Karstadt-Filialen drei bis fünf Jahre erhalten werden. Im Gegenzug kam Rot-Rot-Grün der Gruppe bei drei Investitionsvorhaben am Alex, am Ku’damm sowie am Hermannplatz entgegen.
Dabei verkündete Müller auch, dass die Federführung für die Erstellung von Bebauungsplänen bei allen drei Projekten beim Senat liegen würde. Am Hermannplatz, wo Signa ein Büro- und Kaufhaus im Stil des Art-Déco-Gebäudes der zwanziger Jahre errichten will, würde dies bedeuten, dass die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln entmachtet würden.
Ablehnend äußerte sich der grüne Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt, gegenüber den Plänen. „Dieses Vorgehen ist nicht mit dem Bezirksamt abgestimmt und findet nicht meine Zustimmung“, so Schmidt zur taz. „Es ändert auch nichts an der fachlichen Bewertung der Stadtentwicklungsämter von Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln.“
Tauschgeschäfte Nicht nur bei Karstadt und Kaufhof gehen Waren für Bares über den Tisch. Ein Tauschgeschäft ist auch das, womit sich der Karstadt-Eigner Signa die Offenhaltung mancher Warenhäuser bezahlen lässt. Nicht alleine in Berlin, sondern auch in Nürnberg kam die Kommune dem Konzern in städtebaulichen Fragen entgegen, wie das Portal nordbayern.de berichtet. So habe die Stadt Nürnberg Signa für den Erhalt der Filiale an der Lorenzkirche zugesagt, die U-Bahn-Passage, von der es einen direkten Zugang zur Filiale gibt, auf eigene Kosten zu verschönern. Zuvor hatten sich Stadt und Konzern darüber gestritten, wer für die Kosten aufkommen soll.
Aufhübschung Auch „die Verschönerung des Umfelds“ sei für die Konzernentscheidung „sehr wichtig“, betont ein Karstadt-Sprecher laut Portal. Oberbürgermeister Marcus König (CSU) habe im Gegenzug versprochen, dass die Stadt ein Gässchen als Durchgang zur Adlerstraße aufhübschen werde. Dort sind zusätzliche Verkaufsflächen angedacht. (wera)
Auch die grüne Abgeordnete Susanna Kahlefeld aus Neukölln ist nicht mit dem Deal einverstanden. „Gutes Statement der Kollegin“, kommentierte sie das Interview der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg in der taz. Darin hatte die Sprecherin für Stadtentwicklung ihrer Partei gesagt: „Diesem Konzern geht es überhaupt nicht um die Warenhäuser, sondern nur um die Flächen. Wenn das umgesetzt wird, was Signa in Aussicht gestellt worden ist, muss man sagen: So billig hat in dieser Stadt noch keiner einen Hochhausstandort geschenkt bekommen.“
Tatsächlich haben sich Senat und Signa in einem Letter of intent verständigt, dass Signa für den Bau eines Hochhauses neben dem Kaufhof am Alexanderplatz schnellstmöglich Baurecht bekommt. Am Kurfürstendamm soll der Investor ein bis zwei Hochhäuser bauen und am Hermannplatz seine Karstadt-Retroträume verwirklichen dürfen. Die Gegenleistung: Drei der vier Warenhäuser, die nun nicht mehr dichtgemacht werden sollen, müssen mindestens drei, eines fünf Jahre erhalten werden.
Verteidigt wird das Vorgehen von Rot-Rot-Grün von der stadtentwicklungspolitischen Sprecherin der Grünen-Fraktion Daniela Billig. „Am Alexanderplatz wurde nur das festgehalten, was ohnehin schon Stand der Verhandlungen war“, sagte Billig der taz. Allerdings plädierte sie dafür zu prüfen, inwieweit am Alex nicht auch ein ökologisches Hochhaus entstehen könnte.
In der Sitzung der grünen Abgeordnetenhausfraktion wurde das Thema nach Informationen der taz äußerst kontrovers diskutiert. Dabei wurde auch darauf hingewiesen, dass das letzte Wort nicht bei der Nachfolgerin oder dem Nachfolger von Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) liege, die oder der das Verfahren an sich ziehen müsste. Grünes Licht muss am Ende das Parlament geben.
Dass ein Letter of intent nicht immer das hervorbringt, was damit bezweckt wird, hatte zuletzt das Verfahren am Checkpoint Charlie gezeigt. Dort hatte der Protest von Linken und Grünen unter anderem dazu geführt, das vom Investor geplante Hotel zu verhindern. „Wir haben schon einmal so eine Absichtserklärung gekippt am Checkpoint Charlie“, hatte die Linken-Abgeordnete Gennburg im taz-Interview mit der Ablehnung im Abgeordnetenhaus gedroht.
Baustadtrat Schmidt pochte am Mittwoch auf die Einhaltung der Bürgerbeteiligung, auch wenn der Senat das Verfahren an sich ziehe, „Natürlich erwarte ich, dass die Leitlinien für Bürgerbeteiligung volle Anwendung finden und das Verfahren genauso transparent wie ergebnisoffen ist“, sagte Schmidt zur taz. „Nur unter dieser Voraussetzung ist denkbar, dass sich das Stadtentwicklungsamt an dem Verfahren beteiligt.“
Am 2. September ist eine Anhörung zum Thema Signa im Stadtentwicklungsausschuss des Abgeordnetenhauses angesetzt. Harmonisch dürfte es dort nicht zugehen.
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