Berliner SPD: Saleh schärft die Krallen
Noch hat er sich nicht entschieden – doch alles deutet darauf hin, dass der SPD-Fraktionschef Raed Saleh auch Landesvorsitzender werden will. Amtsinhaber Jan Stöß organisiert derweil die Flucht nach vorn.
Erklären wollte er sich noch nicht. „Mir ist Stabilität sehr wichtig, Stabilität für die Stadt und Stabilität für die Partei“, sagte SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Dienstag am Rande einer Besichtigung des Tierparks. „Ich wünsche mir, dass wir uns nicht dauernd mit Nachfolgedebatten beschäftigen.“
Doch da war das Gerücht schon in der Welt, dass der 36-Jährige erwäge, auf dem Landesparteitag der SPD am 17. Mai gegen den bisherigen Landesvorsitzenden Jan Stöß anzutreten. Und dementiert hat Saleh das Ganze auch nicht. Er selbst wäre es dann, der die Nachfolgedebatte befeuern würde. Würde Saleh Landesvorsitzender, hätte er auch das Duell der beiden möglichen Wowereit-Erben für sich entschieden.
Seit Wochen schon ist in der SPD zu hören, dass der Landesparteitag spannend werden könnte. Das betraf weniger die Themen – Europawahl und bevorstehender Volksentscheid zu Tempelhof – als die Person des Landesvositzenden. Von einem „Denkzettel“ war die Rede, weil Stöß die konkurrierenden Flügel nicht befrieden und Konflikte nicht moderieren könne.
Auch soll der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit dem Landesvorsitzenden dessen Rolle in der Steueraffäre um Kulturstaatssekretär André Schmitz übelgenommen haben. Stöß hatte den Wowereit-Vertrauten zum Rücktritt gedrängt. Von einer Kampfkandidatur war allerdings keine Rede in der SPD-Gerüchteküche – eher von einem schlechten Ergebnis bei der Wiederwahl von Stöß.
Doch dann kam es zu einem überraschenden Bündnis: Der linke Kreisverband Spandau, in dem Saleh die Strippen zieht, und der mitgliederstärkste Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf hätten sich auf die Abwahl von Stöß verständigt, heißt es. Charlottenburg-Wilmersdorf gehört zu den Kreisen, die den ehemaligen Landeschef und jetzigen Stadtentwicklungssenator Michael Müller unterstützt haben. Müller war vor zwei Jahren von Stöß gestürzt worden – ebenfalls durch ein Bündnis mit Saleh.
Auch Stöß rechnet wohl mit einer Kandidatur von Saleh. „Meines Wissen nach geht es hier nur um meine Nachfolge“, ließ er am Dienstag verbreiten – und schaltete sogleich in den Wahlkampfmodus. „Ich stehe mit meiner erneuten Kandidatur für Kontinuität und Stabilität im Landesverband.“
Falls Saleh nach Ostern seine Kandidatur erklärt, plant der amtierende Landesvorstand vier Mitgliederforen vor, erklärte SPD-Landessprecherin Josephine Steffen. Die Wahl selbst obliegt aber den 220 Delegierten des Parteitags. Ein Mitgliederentscheid zur Wahl des Landesvorsitzenden, der eine Kampfkandidatuir ersetzen könnte, ist nach Angabe von Steffen nicht möglich. Ein solches Basisvotum erfordere einen längeren Vorlauf. Zum Parteitag sei aber satzungsgemäß eingeladen worde, eine Verschiebung nicht möglich.
Zu Salehs Unterstützern zählt auch Neuköllns SPD-Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky. Bei der Abwahl von Müller hatte der rechte SPD-Kreisverband noch auf der Seite von Stöß gestanden. Doch Saleh traut man offenbar mehr Durchschlagskraft zu. So hat er die 47 Mitglieder der SPD-Fraktion neben Senat und Partei als drittes Kraftfeld der Sozialdemokraten platziert.
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