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Berliner Rede des BundespräsidentenKöhler für Glück ohne Wachstum

In seiner Berliner Rede ruft der Präsident zum globalen "Kampf gegen Armut und Klimawandel" auf und feiert sich als einen, der schon immer für Finanzmarktregulierung war.

Herr Köhler fordert nichts weniger als die "ökologische industrielle Revolution". Bild: dpa

Die Symbolik des Ortes war nicht sehr subtil gewählt. Vor zwölf Jahren rief Amtsvorgänger Roman Herzog im Berliner Luxushotel Adlon zum Ruck auf. Am Dienstag hielt Bundespräsident Horst Köhler seine "Berliner Rede" in einer Art überdachter Ruine - der Elisabethkirche in Berlin-Mitte, im Zweiten Weltkrieg ausgebombt und seit 1991 Stück für Stück saniert. Die Kirche spreche über das "Werk der Zerstörung", erläuterte Köhler. "Aber sie sagt auch: Wir können immer einen neuen Anfang schaffen."

Es ist die vorletzte große Rede Köhlers, bevor er am 23. Mai gegen die SPD-Kandidatin Gesine Schwan zur Wiederwahl antritt. Seine Chancen stehen gut, dennoch ist jeder Auftritt für ihn auch Wahlkampf. Außerdem warten alle auf die große Krisenrede, die der frühere Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) bislang schuldig geblieben ist. Auf das rettende Wort in der Depression, das Kritiker auch von der Bundeskanzlerin einfordern.

Zu erleben war am Dienstag die Wandlung Köhlers vom Anti-Politiker zum Anti-Manager. Der Mann, der sich in den ersten Amtsjahren gerne mal auf Kosten der politischen Klasse profilierte, sprach über das Regierungshandeln nun in der ersten Person Plural. "Wir verschenken das Geld nicht an die Banken. Wir fordern Gegenleistungen", sagte er etwa - als stamme das Rettungspaket nicht von Angela Merkel und Peer Steinbrück, sondern aus dem Schloss Bellevue. Die Mahnung, Wahlkampf bedeute "keine Beurlaubung von der Regierungsverantwortung", war hingegen präsidiales Pflichtprogramm.

Unfreundlich ging Köhler dagegen mit den Bankmanagern um. "Bis heute warten wir auf eine angemessene Selbstkritik der Verantwortlichen. Von einer angemessenen Selbstbeteiligung für den angerichteten Schaden ganz zu schweigen", sagte er. Es waren die Sätze, für die er am meisten Applaus bekam - auch von Bischof Wolfgang Huber in der ersten Reihe, der für seine eigene Bankerschelte zuletzt schwer gerügt worden war.

Die Rezepte, die Köhler gegen die Krise präsentierte, klangen dann so grün, als würbe das Staatsoberhaupt noch um Stimmen bei der Schwan-affinen Oppositionspartei. Dass sich die Industrieländer nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft auf ein Ende des Wachstums einstellen müssten, war das mehrfach wiederkehrende Leitmotiv. "Wir können uns nicht mehr hauptsächlich auf wirtschaftliches Wachstum als Problemlöser und Friedensstifter in unseren Gesellschaften verlassen", sagte Köhler. Im Vertrauen auf ewiges Wachstum habe die Politik Schulden aufgehäuft, und als Wachstumsmaschinen seien die Finanzmärkte sakrosankt gewesen. Über Glück sprach Köhler und über die andere große Frage, die ein Ende des Wachstums gerade in Deutschland aufwirft: "Wir wollen nicht nur gute Demokraten sein, solange sichergestellt wird, dass wir reich genug dafür sind."

Den "Kampf gegen Armut und Klimawandel" setzte Köhler ganz oben auf die Agenda. Wer die Gewässer vor Westafrika leerfische, den dürfe es "nicht wundern, dass die Fischerboote immer mehr dazu benutzt werden, Flüchtlinge nach Europa zu transportieren". Köhler forderte eine "ökologische industrielle Revolution" und pries den Bau umweltfreundlicher Autos als "Hoffnung für Opel". Jeder könne etwas tun, erklärte das Staatsoberhaupt: "Immer mehr ziehen daraus persönliche Schlussfolgerungen und ändern ihre Lebensgewohnheiten."

Persönliche Glaubwürdigkeit suchte Köhler mit dem Hinweis zu gewinnen, er habe sich schon im Jahr 2000 für eine Regulierung der Finanzmärkte eingesetzt und "kapitalmarktpolitische Expertise" beim IWF aufgebaut. "Doch in den Hauptstädten der Industriestaaten wurden die Warnungen nicht aufgegriffen." Das Selbstlob war so wenig subtil wie die Wahl des Ortes.

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15 Kommentare

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  • JK
    Juergen K.

    - Er hätte vielleicht konkretisieren können:

    Seien Sie glücklich mit 4,33 Euro Tagessatz.

    - Oder:

    Wenn Sie einmal arbeitslos sind, bleiben Sie es einfach auch in Zukunft.

    - Oder:

    Unterbieten Sie doch einfach mal die Lohnforderung Ihres Konkurrenten.

    - Oder:

    Bei der AWO gibt es topaktuelle Mode.

    - Oder:

    Freuen Sie sich, dass die Leistungasträger der Gesellschaft nicht auswandern.

    - Oder:

    Zahlen Sie doch einfach mal die Schulden der Reichen und Wirtschaftsflüchlinge.

    - Oder:

    Kündigen Sie sich doch einmal selbst.

     

    - Oder:

    Sagen Sie NEIN, wenn Sie Amok laufen wollen.

  • V
    vic

    Eine "Wir wollen uns alle liebhaben" Rede hätte ich auch halten können. Vielleicht besser, sicher günstiger.

    Nur eben ohne Anzug, habe ich keinen.

  • PR
    Peter Rath-Sangkhakorn

    Schon vor Jahren äußerte Georg Schramm über Köhler "Wir werden von ihm systematisch getäuscht und hinters Licht geführt." Seine Rede bewegte sich im Rahmen der üblichen Meinungsmache zu den Ursachen der Krise und dem Schönreden des Managements. Aber von einem in Finanzfragen bewanderten und mit den Interessen der Finanzwirtschaft verflochtenen Präsidenten kann man nichts anderes erwarten. Die gegenwärtige Wirtschafts- und Bankenkrise hat Ursachen und Täter und Köhler hat im Verein mit Schröder, seinen neoliberalen "Genossen" und den Parteichristen jene Politik gestützt und fördert, die zur Krise geführt haben. Da kann auch bißchen Öko-Rhetorik und parteichristliches Gesülze nicht verbergen: In Berlin hat man die Branstifter zur Feuerwehr gemacht und gelöscht wird mit Benzin.

    Die Zeche wird wieder einmal vom kleinen Mann und der kleinen Frau gezahlt - wenn sie sich denn nicht endlich wehren ...

  • HH
    Hans Hinrich Hatje

    Köhlers Reden sind oft sehr nebulös. Aus seiner Vergangenheit wissen wir, dass er sich in leitender politischer Funktion bei der Deutschen Wiedervereinigung nicht gerade weitblickend, so wie er sich heute gibt, verhalten hat. Das schnelle Geld zählte damals mehr als eine behutsame Eingliederung der Ex-DDR in die westliche Demokratie

    Köhler wie andere hätten schon am Beginn der 90er erkennen müssen, dass wir auf eine Globalisierungs-

    falle zusteuern (Buch von Martin/Schumann 1996)

  • BB
    Bat Bundesbürger

    Moralisch unglaubwürdig

     

    Köhler hatte in seiner Funktion beim IWF die Strukturanpassungsauflage besonders für Länder in Afrika zu vertreten,

    Dies hat für die betroffene bevölkerung einen Preisantstieg für grundnahrungsmitteln und für den öffentlichen Nahverkehr um über 300% zu Folge

     

    Es wäre besser wenn dieser ausgewiesener Neoliberale und aktiver verfassungsfeind keinerlei öffentliche Funktionen in der BRD mehr bekleiden würde

  • JK
    Juergen K.

    - Er hätte vielleicht konkretisieren können:

    Seien Sie glücklich mit 4,33 Euro Tagessatz.

    - Oder:

    Wenn Sie einmal arbeitslos sind, bleiben Sie es einfach auch in Zukunft.

    - Oder:

    Unterbieten Sie doch einfach mal die Lohnforderung Ihres Konkurrenten.

    - Oder:

    Bei der AWO gibt es topaktuelle Mode.

    - Oder:

    Freuen Sie sich, dass die Leistungasträger der Gesellschaft nicht auswandern.

    - Oder:

    Zahlen Sie doch einfach mal die Schulden der Reichen und Wirtschaftsflüchlinge.

    - Oder:

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    Sagen Sie NEIN, wenn Sie Amok laufen wollen.

  • V
    vic

    Eine "Wir wollen uns alle liebhaben" Rede hätte ich auch halten können. Vielleicht besser, sicher günstiger.

    Nur eben ohne Anzug, habe ich keinen.

  • PR
    Peter Rath-Sangkhakorn

    Schon vor Jahren äußerte Georg Schramm über Köhler "Wir werden von ihm systematisch getäuscht und hinters Licht geführt." Seine Rede bewegte sich im Rahmen der üblichen Meinungsmache zu den Ursachen der Krise und dem Schönreden des Managements. Aber von einem in Finanzfragen bewanderten und mit den Interessen der Finanzwirtschaft verflochtenen Präsidenten kann man nichts anderes erwarten. Die gegenwärtige Wirtschafts- und Bankenkrise hat Ursachen und Täter und Köhler hat im Verein mit Schröder, seinen neoliberalen "Genossen" und den Parteichristen jene Politik gestützt und fördert, die zur Krise geführt haben. Da kann auch bißchen Öko-Rhetorik und parteichristliches Gesülze nicht verbergen: In Berlin hat man die Branstifter zur Feuerwehr gemacht und gelöscht wird mit Benzin.

    Die Zeche wird wieder einmal vom kleinen Mann und der kleinen Frau gezahlt - wenn sie sich denn nicht endlich wehren ...

  • HH
    Hans Hinrich Hatje

    Köhlers Reden sind oft sehr nebulös. Aus seiner Vergangenheit wissen wir, dass er sich in leitender politischer Funktion bei der Deutschen Wiedervereinigung nicht gerade weitblickend, so wie er sich heute gibt, verhalten hat. Das schnelle Geld zählte damals mehr als eine behutsame Eingliederung der Ex-DDR in die westliche Demokratie

    Köhler wie andere hätten schon am Beginn der 90er erkennen müssen, dass wir auf eine Globalisierungs-

    falle zusteuern (Buch von Martin/Schumann 1996)

  • BB
    Bat Bundesbürger

    Moralisch unglaubwürdig

     

    Köhler hatte in seiner Funktion beim IWF die Strukturanpassungsauflage besonders für Länder in Afrika zu vertreten,

    Dies hat für die betroffene bevölkerung einen Preisantstieg für grundnahrungsmitteln und für den öffentlichen Nahverkehr um über 300% zu Folge

     

    Es wäre besser wenn dieser ausgewiesener Neoliberale und aktiver verfassungsfeind keinerlei öffentliche Funktionen in der BRD mehr bekleiden würde

  • JK
    Juergen K.

    - Er hätte vielleicht konkretisieren können:

    Seien Sie glücklich mit 4,33 Euro Tagessatz.

    - Oder:

    Wenn Sie einmal arbeitslos sind, bleiben Sie es einfach auch in Zukunft.

    - Oder:

    Unterbieten Sie doch einfach mal die Lohnforderung Ihres Konkurrenten.

    - Oder:

    Bei der AWO gibt es topaktuelle Mode.

    - Oder:

    Freuen Sie sich, dass die Leistungasträger der Gesellschaft nicht auswandern.

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    Zahlen Sie doch einfach mal die Schulden der Reichen und Wirtschaftsflüchlinge.

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    Sagen Sie NEIN, wenn Sie Amok laufen wollen.

  • V
    vic

    Eine "Wir wollen uns alle liebhaben" Rede hätte ich auch halten können. Vielleicht besser, sicher günstiger.

    Nur eben ohne Anzug, habe ich keinen.

  • PR
    Peter Rath-Sangkhakorn

    Schon vor Jahren äußerte Georg Schramm über Köhler "Wir werden von ihm systematisch getäuscht und hinters Licht geführt." Seine Rede bewegte sich im Rahmen der üblichen Meinungsmache zu den Ursachen der Krise und dem Schönreden des Managements. Aber von einem in Finanzfragen bewanderten und mit den Interessen der Finanzwirtschaft verflochtenen Präsidenten kann man nichts anderes erwarten. Die gegenwärtige Wirtschafts- und Bankenkrise hat Ursachen und Täter und Köhler hat im Verein mit Schröder, seinen neoliberalen "Genossen" und den Parteichristen jene Politik gestützt und fördert, die zur Krise geführt haben. Da kann auch bißchen Öko-Rhetorik und parteichristliches Gesülze nicht verbergen: In Berlin hat man die Branstifter zur Feuerwehr gemacht und gelöscht wird mit Benzin.

    Die Zeche wird wieder einmal vom kleinen Mann und der kleinen Frau gezahlt - wenn sie sich denn nicht endlich wehren ...

  • HH
    Hans Hinrich Hatje

    Köhlers Reden sind oft sehr nebulös. Aus seiner Vergangenheit wissen wir, dass er sich in leitender politischer Funktion bei der Deutschen Wiedervereinigung nicht gerade weitblickend, so wie er sich heute gibt, verhalten hat. Das schnelle Geld zählte damals mehr als eine behutsame Eingliederung der Ex-DDR in die westliche Demokratie

    Köhler wie andere hätten schon am Beginn der 90er erkennen müssen, dass wir auf eine Globalisierungs-

    falle zusteuern (Buch von Martin/Schumann 1996)

  • BB
    Bat Bundesbürger

    Moralisch unglaubwürdig

     

    Köhler hatte in seiner Funktion beim IWF die Strukturanpassungsauflage besonders für Länder in Afrika zu vertreten,

    Dies hat für die betroffene bevölkerung einen Preisantstieg für grundnahrungsmitteln und für den öffentlichen Nahverkehr um über 300% zu Folge

     

    Es wäre besser wenn dieser ausgewiesener Neoliberale und aktiver verfassungsfeind keinerlei öffentliche Funktionen in der BRD mehr bekleiden würde