piwik no script img

Berliner Polizei fasst zwei TerrorverdächtigeVerdächtig wegen Kühlpacks

Die Polizei hat zwei Männer festgenommen, die einen Anschlag vorbereitet haben sollen. Eine Verbindung zu einer terroristischen Vereinigung sehen die Ermittler nicht.

Seit mehreren Monaten waren die Ermittler auf der Spur der mutmaßlichen Terroristen. Bild: dapd

BERLIN taz | Die Berliner Polizei hat zwei Männer festgenommen, die möglicherweise einen Terroranschlag geplant haben. Die Berliner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie wegen des Verdachts der "Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat".

Verbindungen zu einer Terrorgruppe sehen die Ermittler allerdings nicht - sonst hätte auch die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe den Fall übernommen. Bei den Verdächtigen handelt es sich nach Polizeiangaben um einen 28-jährigen Mann aus dem Gazastreifen unbekannter Staatsangehörigkeit und einen 24-jährigen Deutschen libanesischer Herkunft.

Die Polizei begann am Donnerstag kurz nach 10 Uhr die Wohnungen der beiden Verdächtigen in den Stadtteilen Neukölln und Kreuzberg zu durchsuchen.

Der 28-jährige Hauptverdächtige heißt nach taz-Informationen Hani N. - der Name steht auf einem Klingelschild des Hauses in Neukölln, in dem er wohnt. In Sicherheitskreisen wurde der Name des Festgenommenen bestätigt. Die Polizei rückte mit sieben Autos an. In der Wohnung des 28-Jährigen stellten die Ermittler eine chemische Flüssigkeit sicher, die nun kriminaltechnisch ausgewertet werden sollte.

Vermutlich handelt es sich um Säuren, sagte ein Polizeisprecher der taz. Einen Bericht von Spiegel Online, wonach es sich um mehrere Kilogramm 37-prozentige Schwefelsäure und ein Kilogramm Salzsäure handelte, konnte der Polizeisprecher nicht bestätigen. Die Verdächtigen blieben über Nacht in Polizeigewahrsam und wurden noch keinem Haftrichter vorgeführt.

Keine Ermittlungen gegen der Verein

Polizisten durchsuchten auch die Räume eines Moscheevereins im Stadtteil Wedding. Die gesamte Straße wurde gesperrt, rund 20 Polizeiwagen waren im Einsatz. Es wurden Unterlagen und Computer beschlagnahmt. Polizisten suchten auch dort nach Chemikalien. In der Moschee sollen sich die beiden Verdächtigen mehrfach aufgehalten und auch übernachtet haben. Der Gemeindevorstand war am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Gegen den Verein oder dessen Vorstand laufen ausdrücklich keine Ermittlungen. Insgesamt waren rund 230 Polizisten bei den Durchsuchungen im Einsatz.

Der Hauptverdächtige Hani N. ist nach Angaben von Anwohnern erst vor kurzem von einer dreimonatigen Auslandsreise zurückgekommen. Er soll in Berlin zusammen mit seiner Lebensgefährtin und Zwillingskindern gewohnt haben. Hani N. und seine Lebensgefährtin werden als strenggläubige Muslime beschrieben, er trug immer ein traditionelles Gewand und einen langen Bart, sie verließ nur vollverschleiert die Wohnung. Die beiden hätten wenige soziale Kontakte gehabt, seien aber stets freundlich gewesen, heißt es.

Hani N. hat mehrfach mit anderen jungen Männern aus dem Kiez Fußball gespielt. Er sei aber unangenehm aufgefallen, weil er Kinder als Ungläubige bezeichnete, die Trikots von Fußballstars wie Ronaldo trugen, erzählt einer, der um die Ecke wohnt.

Verdächtig gemacht haben sich die beiden jetzt festgenommenen Berliner wegen einer Bestellung von Kühlpacks in dreistelliger Anzahl und Säure, welche zusammen zum Bombenbau geeignet sind. Das verlautete aus Ermittlerkreisen. Das Landeskriminalamt hatte die beiden Männer seit mehreren Monaten überwacht. Konkrete Vorbereitungen oder gar Ziel und Zeitpunkt für einen Anschlag gab es nach Auskunft von Polizei und Staatsanwaltschaft aber noch nicht.

Weshalb die Männer dennoch schon jetzt festgenommen wurden, blieb deshalb zunächst rätselhaft. Denn normalerweise greift die Polizei erst zu, wenn die Planungen zumindest etwas konkreter werden - wie etwa im Fall der Sauerlandgruppe. Denn am Ende sollen die Beweise vor Gericht schließlich auch für eine Verurteilung reichen.

Der Fall hat deshalb lange nicht die Dimension der Anschlagspläne der Sauerlandgruppe, die im September 2007 festgenommen worden war, als sie Wasserstoffperoxid zum Bombenbau aufkochen wollte. Und auch nicht die der "Düsseldorfer Zelle", die Ende April dieses Jahres festgenommen wurde und nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden im Auftrag von al-Qaida einen Anschlag mit einer Splitterbombe geplant haben soll.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

23 Kommentare

 / 
  • G
    Graswurzel

    Es gibt sie auf jeden Fall, strenggläubige Aktivisten, die einen politischen Gegner bestrafen wollen. Mit was auch immer, für was auch immer.

    Wie viele Menschen in den arabischen Ländern müssen miterleben wie ihre Geschwister durch staatlichen Terror ermordet werden? Das ist das Schlimme!

    Das radikalisiert natürlich auch, irgendwann wandelt sich Trauer und Verletztheit in riesen Wut!

    Da haben auch Diktatoren die Panik gekriegt und sind abgehauen!

    Im Gaza-Streifen gibt es so viele, die auf die Killfahndung wütend sind. Ist doch klar.

    Da müssen politische Lösungen her, und Israel muss Kompromisse machen!

    Das fordern auch die Leute heute in der großen sozialen Protestbewegung! sind auch arabische Israelis dabei und es geht neben den Mieten und der Teuerung auch um das Miteinander, "Palästina" beantragt ja jetzt seine Souveränität.

     

    In Berlin haben die Bullen natürlich etwas zu früh zugeschlagen - klar, wegen dem Wahlkampf.

    Mensch muss halt beide Seiten seien.

    Ist nicht alles nur inszeniert und sind nicht alles aus Religion abgeleitete Terrorgruppen.

     

    Graswurzel: wäre gut, wenn die Leute im Kiez etwas mehr draus machen, als nur sich wundern beim Fussbalspielen, dass der Verdächtigte Kinder kritisierte wegen Ronaldinho-T-Shirts.

    Um so mehr gilt: reinholen die Leute, nicht abschieben!

  • R
    Robert

    "Verdächtig wegen Kühlpacks"

     

    ..die Botschaft hiervon geht aber schon kriminell an dem eigentlichen Sachverhalt vorbei.

     

    Panikmache ist mistig, solche grobe Verharmlosung aber auch.

  • R
    reblek

    In der "Tagesschau" hat am 08.09.11 ein Polizeisprecher gesagt: "Einer der beiden Festgenommenen ist strafrechtlich weitgehend unbekannt." Was für eine präzise Aussage ist das denn?

  • VI
    Vorwärts immer, rückwärts nimmer

    Festgenommen wegen Kühlpads (Frechheit bzw. rassistischer Bullenstaatterror), Einzeltäter(eh klar), Deutscher libanesischer Herkunft(Immer diese Deutschen).....vielen Dank für diese kultursensible Berichterstattung. Dann gehe ich mal anderswo nachlesen was so los ist im Land. Im Übrigen habt ihr vergessen zu erwähnen wie sehr das Ganze nichts mit dem Islam zu tun hat, zu erklären warum eigentlich die deutsche Gesellschaft an der Sache schuld ist und mehr Geld für "Integration" zu fordern damit alles total bunt wird irgendwie.

  • N
    nkk

    Interessant wäre ja mal, warum die im Vorfeld überwacht wurden...

  • E
    egal

    Irgendwas muss man ja finden, wenn unser toller Herr Friedrich anfang der Woche noch eine "terrorwarnung" herausgab.

     

    Irgendwie MUSS man ja die Verschärfung von Gesetzen heraufbeschwören.

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Hauptsache, die Meldung ist raus und 200 Polizisten oder mehr waren schön beschäftigt. Schliesslich muss die Terror-Masche immer schön auf zumindest kleiner Flamme weitergekocht werden.

  • 2
    2stejn

    laut spiegel online, handelten die beiden alleine und es gibt keine anzeichen von verbindungen ins ausland. der tip kam aber von einem ausländischen geheimdienst. was wohl bedeutet, dass sich ausländische geheimdienste auf deutschem territorium bürger ausspähen. und die deutsche, bzw berliner polzei, dumm wie sie ist, denkt wohl es wäre die bessere pr-strategie, die schmutzige arbeit einem ausländischen geheimdienst anzulasten, ohne zu merken, dass sie sich damit selbst düpiert.

  • DK
    Der Kritiker

    Da sieht man wieder, wo die Hase läuft!

    Als Breiwick mehrere Tonnen Chemikalien bestellte und im Internet laute Bilder von sich, bewaffnet mit hochgefährlichen Waffen veröffenlichte, hat es die Polizei überhaupt nicht interessiert. Als er zuschlug, traf die Polizei erst 45 später ein (Dabei haben einfache Helfer nur 10 Minuten gebraucht um mit einfachen Ruderbooten den Hilfesuchenden herbeizueilen), sobald aber ein Palästineser ein Paar Kühlboxe und ein bisschen Säure kauft (Vielleicht wollten sie eine neue Abbeizmittel ausprobieren/ Vielleicht war die Sendung falsch/ Vielleicht hat eine andere Person diese Sendung an seine Adresse geschickt um den Medien eine Bestätigung für den 11-september zu liefern) Es ist jedenfalls verdächtig, dass der eine "Täter" aus GAZA-Streifen und der andere aus Libanon kommt(Beide sind Erzfeinde von Israel)!! Schon allein sollte das hier einen Hinweis darauf geben, dass es sich eventuell wieder um fingierte Sachen handelt. Auch bei der Sauerlandgruppe wurde nach einem Bericht in Stern festgestellt dass einer der Terroristen einen CIA-Agenten gewesen war. Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/sauerland-attentaeter-der-cia-mann-aus-ludwigshafen-638514.html

  • BI
    Bertram in Mainz

    Und der viele Schwefel, den wir in uns haben. Und erst die großen Mengen Phosphor!

    ;-)

    Von Flughäfen halte ich mich besser fern. Sonst bin ich wegen der großen Mengen Hydroxylsäure dran, die ich in mir habe.

    ;-)

    Ich bin ja richtig gefährlich ;-)

     

    Doch nun ernsthaft: Die Chemikalienkäufe sind aufgefallen? Gibt es da inzwischen Überwachungs- und Meldestrukturen? So langsam sickert durch, was gekauft wurde. Bis jetzt ist nur von Allerweltskram die Rede.

     

    Wenn wirklich Anschläge verhindert wurden, will ich ein bisschen leiser sein. Aber an sich fürchte ich mich inzwischen mehr vor diesen Überwachungen. Nein, ich habe wirklich keine Anschläge in Planung. Aber ich habe keine Lust, mir bei jeder Bestellung irgendwo zu überlegen, ob das auffallen könnte.

     

    Nichts zu verbergen? Es scheint eine größere Aktion jetzt zu sein. Und die könnte auch stattfinden, wenn jemand wirklich harmlos ist. In so einer "Bastlerbude" findet man dann immer irgend etwas Verdächtiges: Uhrwerke, Batterien, Relais, Säuren, brennbare Flüssigkeiten, scharfe Messer, ...

  • A
    anibad

    Journalismus oder Ratestunde?

     

    "nach TAZ-Informationen" das ist ja wie bei der "Zeitung" mit 4 Buchstaben. Klingelschild gucken und Namen schreiben. TOLL! Ohne Informationsgehalt und ohne Niveau.

     

    Salzsäure...

    hmmja, wenn das offizielle Quellen bestätigen, wäre das chemisch recht sinnfrei und die Verdächtigen eher unverdächtig. Ich glaube eher da hat wer auf der Pressekonferenz nur mit einem halben Ohr zugehört.

     

    Und warum schreibe ich hier eigentlich einen Kommentar? Nun ich bin hier vorbei gesurft. Selbstreflexion führt zur Lösung und schließt den Kreis: Infotainment!

  • V
    Vorp

    "Die Polizei wird schon einen triftigen Grund haben, wenn sie mit SEK & Co. dort anrückt."

     

    Allerdings. Der Jahrestag von 9/11 rückt näher und keine islamistische Gefahr in Sicht... Da muss natürlich jede Chance auf Schlagzeilen wahrgenommen werden (und alle machen mit).

  • S
    Stefan

    Jetzt geht das wieder los: "Nur weil die armen Jungs Islamisten sind und legale Substanzen erwerben, aus denen man Bomben bauen könnte, ist das noch lange kein Beweis für ihre Terrorabsichten... blabla". Nein nur ein Indiz ... aber dieser Ausspruch ein Beweis für die Dummheit des Äußernden.

  • S
    swilly

    "In der Wohnung des 28-Jährigen stellten die Ermittler eine chemische Flüssigkeit sicher..."

     

    Was bitte ist denn eine chemische Flüssigkeit???

    Gibts auch nichtchemische Füssigkeiten?

  • R
    Rojas

    Zitat:

     

    "Hani N. und seine Lebensgefährtin werden als strenggläubige Muslime beschrieben, er trug immer ein traditionelles Gewand und einen langen Bart, sie verließ nur vollverschleiert die Wohnung."

     

    Dann war's wohl nicht seine "Lebensgefährtin" sondern seine Ehefrau. Oder soll man hier Glauben gemacht werden, ein strengläubiger Muslim und eine strenggläubige Muslima leben in "wilder Ehe" unter einem Dach zusammen?

  • TM
    T. Mayer

    Aus Anlass des 10.Jahrestag von 9/11 gab es wenigstens ein bischen kritische Berichterstattung in den Medien.

     

    Durch den Sturz Gadafis wurde beaknnt, dass auch dort westliche Geheimdiesnte "Erkenntnisse" aus Folter werwertet haben.

     

    Die Piratenpartei in Berlin steht laut um seriöser Umfragen bei 5%.

     

    Die jetzige rot-rote Regierung in Berlin hat Polizistenstellen gestrichen.

     

    Wenn man Terrorverdächtige eine Weile beobachtet, liegt es letzlich an einer Führungsperson in der Polizei, wann geanu der Fall öffentlich wird. Mir fällt es schwer zu glauben, dass es wirklich Zufall ist, dass gerade kurz vor der Landtagswahl in Berlin dieser Fall an die Öffentlichkeit kommt.

  • J
    jan

    Spiegel online hat hier wahrscheinlich etwas durcheinander bekommen. Salzsäure wird normalerweise 37%ig gehandelt. Schwefelsäure dagegen pur. Bei ein paar Litern von großen mengen zu schreiben ist auch eher gewagt. Die hat dann jede schule...

  • W
    Wüstenratte

    Selten so gelacht,... und jeder der Chemie studiert hat, einen Diesel fährt und einen Kleingarten besitzt ist ein potentieller Terrorist. Besonders dann, wenn er noch eine Ölheizung in der Bude hat. Aber nur, wenn er Türke oder Araber ist. Lach!

  • M
    Michael

    Säure im Magen? Wenn das die Polizei mitbekommt, wird man ja nie weider in ein Flugzeug steigen dürfen.

  • K
    Kühlpadschnecke

    Die Überschrift vermittlet ein falsches Bild:

     

    Kühlpads sinnd NICHT illegal. Also schön cool bleiben.

    Sonst wird man wegen der Säure im Magen verhaftet.

  • M
    Martin

    "Die Polizei wird schon einen triftigen Grund haben, wenn sie mit SEK & Co. dort anrückt."

     

    Der Witz des Tages, danke.

     

    /traenen aus den Augen wisch

  • R
    Rechtschreibung

    Ihr habt ein "s" vergessen. Polizei fasst...

  • S
    Sebastian

    Die Überschrift vermittelt ein absolut falsches Bild.

     

    Man könnte glauben, die beiden wären bei ALDI gewesen, hätten dort Kühlpads gekauft und wären dann dafür ins Gefängnis gekommen.

     

    Die Polizei wird schon einen driftigen Grund haben, wenn sie mit SEK & Co. dort anrückt.