Berliner Open-Air-Krise: Regenromantik statt lauer Sommernacht
Für Freiluftkinos, Biergärten und Freibäder ist die Saison durch den verregneten Sommer bislang ziemlich mau. Nun hoffen die Veranstalter auf den Spätsommerboom und ein regenresistentes Publikum
Der Sommer 2009 ist für Freiluftveranstalter bislang ein ziemlicher Reinfall. Schon seit Wochen scheint das Wetter mitten im April festzustecken: Sonne und Regen wechseln sich unvorhersehbar ab. Entsprechend mau gestaltet sich die Umsatzentwicklung in den Open-Air-Betrieben, denn die Freizeitgestaltung der Berliner wird sicherheitshalber regensicher geplant. Und bislang ist nur vorhersehbar, dass man immer nass werden kann. Klar, abgerechnet wird zum Schluss, ein heißer August kann die Umsätze stabilisieren. Bis jetzt aber ist dieser Sommer für die Freiluftbranche ein Verlustgeschäft.
Das Open-Air-Kino in der Hasenheide etwa berichtet von "starken Umsatzeinbußen, die in diesem Jahr nicht mehr einzuholen sind". Die Betreiberin Arslan Nerthus erklärt ihre Misere: "Unsere Besucherzahlen sind genauso schwankend wie das Wetter." Drei Vorstellungen seien in dieser Saison, die am 1. Mai begonnen hat, schon komplett ausgefallen - weil einfach keiner da war. Obwohl der Grundsatz eines jeden Freiluftkinoveranstalters lautet: Film ab bei jedem Wetter.
Auch die Berliner Bäder-Betriebe (BBB) melden in diesem Sommer ein "gutes Drittel weniger Besucher und Einnahmen" als üblich. "Tragisch" ist die Wettersituation laut Matthias Oloew, Sprecher der BBB. Stammkunden würden zwar kommen, sie böten aber keinen Ersatz zum normalen Sommerbetrieb. Er hofft nun, in den verbleibenden Sommerferien die Verluste wenigstens einzudämmen - einzuholen seien sie kaum noch, meint Oloew. Als Reaktion auf den launischen Sommer würden auch einige Hallenbäder wieder öffnen, etwa das Freizeitbad am Spreewaldplatz oder die Schwimmhalle an der Landsberger Allee.
Auch andere Open-Air-Kinobetreiber bestätigen einen Umsatzeinbruch, versuchen dem Wetter aber zu trotzen. Alle Kinos bieten einmal benutzbare Regencapes oder -schirme an. Und oft würde es ja auch gar nicht regnen, obwohl der Wetterbericht dies angekündigt hat, findet Arne Höhne, Sprecher vom Freiluftkino Friedrichshain, Kreuzberg und Rehberge. "Die prognostizierte Wetterlage sollte Berliner nicht davon abhalten, ihren Abend in einem Freiluftkino zu planen." Auch für Nerthus vom Open-Air-Kino in der Hasenheide ist eine Filmvorführung im Gewitterambiente "ein geniales Erlebnis".
Auch Mario Kross, Geschäftsführer des Sommerbiergartens "Burg am See" in Kreuzberg, preist das Ambiente seiner Lokalität bei Regen. Ein Gewitter gar habe doch einen "besonderen Charme". Es sei doch auch ein "Hauch von Luxus", einen so großen Biergarten für sich allein zu haben.
Das hört sich zwar verführerisch an, verfolgt allerdings nicht den Zweck eines Biergartens. Auch über die "erheblichen Probleme bei der Personaldisponierung und beim Einkauf" hilft es nicht hinweg, bestätigt Kross. Einzig bei den Wasserkosten für seine Begrünung könne er dieses Jahr fast 80 Prozent einsparen. Wirklich helfen würde aber nur "eine weitere Klimaverschiebung", scherzt er. Denn die "Saison ist fast gelaufen". Ein Regenprogramm möchte er auch nicht veranstalten, selbst "auf Regen ist kein Verlass".
Thorsten Frehse dagegen sitzt im Trocknen. Er betreibt unter anderem das "Lichtblick Kino" im Prenzlauer Berg. Für ihn kennt ein "gutes Kinoprogramm keine Einbrüche". Gleichzeitig räumt er ein, dass die Situation für Open-Air-Betreiber "krass" sei. Ein bisschen sieht er allerdings in Berlin auch die Maßstäbe verschoben. "In anderen Städten beginnt die Saison Mitte Juli", sagt Frehse. Vor allem aber stehe der diesjährige Besucherverlust in keinem Verhältnis zu dem während der Weltmeisterschaft 2006. Da sei überhaupt niemand in irgendein Kino gegangen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!