Berliner Landesverband der AfD: Parteitag könnte platzen

Weil die Berliner AfD keine Räume findet, wird der Landesparteitag wahrscheinlich abgesagt. Dahinter könnte aber auch noch etwas anderes stecken.

Ist Georg Pazderski ein Opfer der Antifa? Oder verfolgt er eigene Interessen? Oder beides? Foto: dpa

Berlin taz | Die Berliner AfD ist ein Opfer. Ein Opfer „krimineller Machenschaften“, die es der Partei in ganz Berlin wie auch dem Brandenburger Umland unmöglich machen, einen geeigneten Raum für den am 9. und 10. November geplanten Landesparteitag zu finden. So stellte es am Dienstagmorgen in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz der Landesvorsitzende Georg Pazderski dar, unterstützt von seinen Stellvertreterinnen Beatrix von Storch und Jeannette Auricht.

Mehr als 100 Lokalitäten habe die Partei bereits angefragt, so Pazderski. Doch überall hagele es Absagen: Mal würde eine Zusammenarbeit mit der AfD aus inhaltlichen Gründen ausgeschlossen, mal mit Verweis auf Bedrohungen von links. „Es geht dabei darum, ganz gezielt unsere Demokratie auszuhebeln“, so Pazderski.

Tatsächlich gibt es in Berlin eine Kampagne mit dem Titel Kein Raum der AfD, die von antifaschistischen Gruppen getragen wird. Die Kampagne organisiert mit Verweis auf die menschenfeindlichen Inhalte der AfD öffentlichen Protest gegen Betreiber, die der Partei Räumlichkeiten zur Verfügung stellen wollen. So wurde beispielsweise zu einer „Wutkundgebung“ vor dem südlich von Berlin gelegenen Schloss Diedersdorf aufgerufen, wo der für November geplante Landesparteitag ursprünglich stattfinden sollte. Am vergangenen Freitag veröffentlichte die Kampagne außerdem einen Aufruf, politischen Druck auf die Betreiber eines Festsaals in Moabit auszuüben, in dem die AfD am Sonntag ihre Wahlparty zur Landtagswahl in Thüringen feierte.

Betreibern, die an die AfD vermieten wollen, werde mit physischer Gewalt, Sachbeschädigung und geschäftsschädigenden Aktionen gedroht, sagte Georg Pazderski am Dienstag. Die ehemalige Landeschefin und heutige Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch ging noch einen Schritt weiter und sprach von „Morddrohungen“ gegen Mitarbeiter solcher Räumlichkeiten. Auf taz-Nachfrage konnte sie allerdings keinen Fall nennen, bei dem es in Berlin zu Morddrohungen gekommen sei.

Senatssprecherin: „Suboptimale Eventplanung“

Für die Raumsuche habe sich die Partei auch an den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) gewandt: „Ich habe einen Brief an den Regierenden Bürgermeister geschrieben, der die Bitte um die Bereitstellung von öffentlichen Räumen beinhaltet“, sagte Pazderski. Konkret habe er drei Räume vorgeschlagen, welche, könne er auf Anhieb nicht sagen.

Senatssprecherin Claudia Sünder bestätigte am Dienstag, dass ein solches Schreiben eingegangen sei. Es werde auch eine Antwort geben, sie könne aber jetzt schon sagen, „dass weder der Regierende Bürgermeister alleroberster Saalvermieter in Berlin ist noch die Senatskanzlei die Organisationszentrale der AfD“. Wenn man einen Parteitag für den 9. November ansetze und dann feststelle, dass viele Räume aufgrund der Feierlichkeiten an diesem Tag schon ausgebucht seien, dann sei man „vielleicht ein bisschen suboptimal aufgestellt in der Event-Planung“, so Sünder weiter.

Pazderski will im Bundesvorstand bleiben

Auch wenn der Erfolg der Kein-Raum-der-AfD-Kampagne in Berlin offensichtlich ist, gibt es doch Zweifel, ob die Darstellung, die Partei finde trotz „intensiver Suche“ keinen Raum in ganz Berlin und Umland, tatsächlich so stimmt. Denn aus der Partei selbst gibt es Stimmen, die sagen, dem Landesvorstand komme es eigentlich zupass, wenn der Parteitag abgesagt werden müsse. Denn dort ist die in der Satzung vorgeschriebene Neuwahl des Landesvorstands geplant. Der amtierende Vorstand wurde im November 2017 gewählt, nachdem die ursprüngliche Wahl im Februar 2016 vom Bundesschiedsgericht der AfD wegen Wahlbetrugs kassiert wurde.

In der Partei wird gemutmaßt, Pazderski selbst habe ein Interesse daran, dass die Vorstandsneuwahlen verschoben werden. Denn der stellvertretende Bundesvorsitzende wolle sich auf dem Bundesparteitag Ende November erneut auf einen Platz im Bundesvorstand bewerben – wäre er zu diesem Zeitpunkt ein frisch abgewählter Landesvorsitzender, schmälerte das seine Chancen deutlich. Wie groß der Rückhalt für Pazderski in der Landespartei momentan tatsächlich ist, ist allerdings schwer zu sagen. Zuletzt hatte es in der Fraktion rumort, die Pazderski ebenfalls anführt. Eine Gegenkandidatur für die Fraktionsspitze wurde aber bei der letzten Wahl im September in letzter Minute zurückgezogen.

Auf diese Gerüchte angesprochen, betonte Pazderski am Dienstag, der Landesvorstand habe kein Interesse daran, die Wahl platzen zu lassen. Die Stimmung im Landesverband sei „allgemein sehr gut“, ergänzte Beatrix von Storch, Auseinandersetzungen seien „normal“. Zur Frage, wann der Vorstand endgültig entscheiden werde, ob der geplante Parteitag nun stattfinde oder nicht, gab es am Dienstag keine Auskunft.

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