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Berliner Grüne und PolizeiSonnenbrille soll erlaubt werden

Grüne legen ein Sicherheitspaket vor. Bei der von der SPD geforderten Verschärfung des Polizeigesetzes signalisieren sie Kompromissbereitschaft.

Gezielt verkleidet, aber nicht vermummt Foto: Christian Mang

Nach der SPD haben nun auch die Grünen ein Sicherheitspaket beschlossen. Das beinhaltet unter anderem Gesetzentwürfe für die Einführung eines unabhängigen Polizeibeauftragten und ein liberales Versammlungsgesetz. „Wir hoffen damit auch eine Brücke zu unseren Koalitionspartnern zu bauen“, sagte Fraktionschefin Antje Kapek am Mittwoch. Was die Reform des Landespolizeigesetzes (Asog) betrifft, hatte die SPD bisher – wie berichtet – ganz andere Vorstellungen als Grüne und Linke (taz berichtete).

Die von der SPD geforderte Telefonüberwachung (TKÜ) zur Gefahrenabwehr und den Einsatz sogenannter Stiller SMS zur Gefahrenabwehr haben die Grünen nun akzeptiert. Bisher hatten sie das, wie die Linken, abgelehnt. Berlin sei das einzige Bundesland, dass diese Form der TKÜ nicht habe, erklärte der innenpolitische Sprecher der Grünen, Benedikt Lux, am Mittwoch. Stille SMS werde man aber nur zur Vorbereitung einer Observation erlauben und nicht für Bewegungsprofile. Mit diesem Entgegenkommen gegenüber der SPD, so Lux „setzen wir uns von den Linken ab“. Die von den Sozialdemokraten geforderte Einführung der elek­tronischen Fußfessel für islamistische Gefährder sowie andere gesetzliche Spezialmaßnahmen gegen islamistische Gefährder, so Lux, „lehnen wir aber ab“. Auch was die von der SPD favorisierte Verankerung des finalen Rettungsschusses im Asog angehe, blieben die Grünen bei ihrem Nein.

Die eigentliche Botschaft von Kapek und Lux war aber eine andere: Mit dem unabhängigen Polizeibeauftragten und dem liberalen Versammlungsgesetz werde ein Hauptziel des Koalitionsvertrags erreicht. O-Ton ­Kapek: „Ein großer Schritt zur Stärkung der Freiheits- und Bürgerrechte wird vollzogen.“ Geht es nach den Grünen, dann soll der oder die Polizeibeauftragte – unabhängige Beschwerdestelle genannt – eigene Ermittlungsbefugnisse haben. Konkret: Bei Straf- oder Disziplinarverfahren müssten die Behörden der Stelle Auskunft geben.

In dem geplanten Versammlungsgesetz wollen die Grünen das Deeskalationsgebot festschreiben. Die Polizei soll Demonstrationen künftig nicht mehr so einfach wie bisher auflösen können, wenn Einzelne Straftaten begehen, so Lux. Auch sollten Sonnenbrillen, Schals und Mützen künftig nicht mehr als Vermummung gewertet werden. Wenn sich Menschen gezielt verkleideten, um nicht identifiziert werden zu können, und die Verkleidung nach Aufforderung der Polizei nicht ablegten, stelle dies aber künftig nur noch eine Ordnungswidrigkeit dar. Bisher gilt Vermummung als eine Straftat.

Aber die Grünen wollen noch mehr: Die Polizei soll Demorouten von sich aus veröffentlichen, die Bannmeile um das Parlament werde abgeschafft, Gegendemos müssten grundsätzlich in Hör- und Sichtweite zugelassen werden. Den Bürgern sei mehr Vertrauen zu schenken, wenn sie auf die Straße gingen, so Lux. Denn: Von den 5.000 Demos, die pro Jahr in Berlin stattfinden seien nur 0,2 Prozent unfriedlich.

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5 Kommentare

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  • "Dann werden auch - noch tendenziell militante - Bürger ihre Konfronationsstrategie gegen die Polizei auf den Prüfstand stellen."

    Ja klar.

  • 9G
    99140 (Profil gelöscht)

    Vorschlag:



    Die Polizeien verzichten auf Vermummung, auf den - immer exzessiven - Einsatz von in den Genfer Konventionen geächteten chemischen Agenten (Pfefferspray), auf Kriegsausrüstung bei der Bewachung der Ausübung von Grundrechten ihres Dienstherrn und machen sich kenntlich. Dann werden auch - noch tendenziell militante - Bürger ihre Konfronationsstrategie gegen die Polizei auf den Prüfstand stellen.

    • @99140 (Profil gelöscht):

      Und somit den Beamten Racheakten aussetzen?



      das hätten sie gerne, nicht wahr ?

      • 9G
        99140 (Profil gelöscht)
        @MiMa:

        Hoch geschätzte MIMA



        Bitte erlauben Sie mir eingangs zu meiner Replik festzuhalten, das der ursprüngliche Auftrag der Polizei bei Demonstrationen der Schutz der Ausübung der Grund- und Bürgerrechte ihrer Auftraggeber, des Souverän, ist.



        Dem Gegenüber stehen die in den betreffenden Einsatzbesprechungen kommunizierten primären Schutzaufträge für Infrastruktur, öffentliche Gebäude und die eigene Person. Sowie die agressive Grundhaltung gegenüber allen Demonstranten, der bei den Einsätzen eingesetzten Spezialeinheiten und deren Ausrüstung.



        Nun könnten wir natürlich trefflich über Ursachen und Zeitpunkt eskalierender Polizeieinsätze bei Demonstrationen, ihre Aufarbeitung, Rechtstreue und Rechtspflege in der Aufarbeitung von angezeigten Fällen von Körperverletzung, Totschlag, Freiheitsberaubung im Amt u.Ä. seit dem unsäglichen 02. Juni 1967 diskutieren. Und selbstverständlich auch über die Ursachen von Militanz und Selbstschutz von Demonstranten bei Kundgebungen. Nennen Sie es Gegengewalt.



        Aber das ist ja gar nicht ihr Begehren, nicht wahr?



        Sonst hätten Sie sich als Beitrag zur Einladung eines gepflegten Dissens ja ein etwas belastbareres Argument, als das der Polizeigewerkschaft ausgesucht. Und damit potenziell einem jeden Besucher von öffentlichen Veranstaltungen, bei denen Polizei zum Einsatz kommt, unterstellt sich an Polizeibeamten rächen zu wollen.



        Übrigens...zu rächen für was?



        Obrigkeitshörigkeit als Ausdruck der Entscheidung es sich bequem zu machen, alle vier Jahre ein Kreuz oder zwei zur Abgabe politischer Verantwortung im Kontext der demokratischen Grundordnung zu machen und ansonsten soll bitte die Verwaltung dafür sorgen, das mich nichts stört...ist bekannt. Aber das sit weder demokratisch, noch gesellschaftlich solidarisch, sondern schlicht ignorant. Und wenn Sie ihren Mitbürgern, die ihre verfassungsmässig garantierten Rechte einfordern, dafür pauschal einen Mangel an Unrechtsbewusstsein unterstellen, ist das auch unverschämt.

    • @99140 (Profil gelöscht):

      "Dann werden auch - noch tendenziell militante - Bürger ihre Konfronationsstrategie gegen die Polizei auf den Prüfstand stellen." Na det gloob ick eher nich...