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Berliner Genossenschaft Diese eGBei der Wende zum Gemeinwohl

Malene Gürgen
Kommentar von Malene Gürgen

Ein Mittel, das nicht perfekt ist. Aber die Verhältnisse sind eben noch so: Umstrittene Genossenschaft Diese eG bekommt Förderdarlehen.

Milieuschutz, Vorkaufsrecht… das muss längst alle interessieren Foto: dpa

D ie Genossenschaft Diese eG wird die Förderdarlehen der Investitionsbank Berlin, mit denen sie gerechnet hatte, auch tatsächlich bekommen. Klingt nach einer Nichtnachricht? Wäre es normalerweise auch. Aber in Sachen der auch diese Woche wieder Schlagzeilen machenden Diese eG läuft nichts normal. Denn die Genossenschaft ist seit diesem Jahr ein zen­tra­ler Baustein für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und insbesondere dessen Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) im Versuch, Immobilienverkäufe an Spekulanten per Vorkaufsrecht zu verhindern. Und dieser Versuch wiederum ist ein wichtiger Bestandteil der Wende hin zu einer ge­mein­wohl­orien­tier­ten Wohnungspolitik.

Das bedeutet: Wer gegen diese Wende ist, und da gibt es von Immobilienbesitzern über FDP-Politiker bis hin zu dem ein oder anderen Journalisten in dieser Stadt einige, findet in Angriffen auf die Diese eG einen wirksamen Hebel. Die Liste der gegen die Genossenschaft in den letzten Monaten erhobenen Vorwürfe ist dementsprechend so lang – und viele der Vorwürfe bis hin zu angeblichen Stasiverbindungen so wenig haltbar –, dass mit einigem Recht von einer politischen Kampagne gesprochen werden kann.

Gleichzeitig gilt: Der Versuch des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, mithilfe der Diese eG auch bei solchen Häusern das Vorkaufsrecht zu ziehen, bei denen die landeseigenen Immobiliengesellschaften das aufgrund des hohen Kaufpreises allein ablehnen würden, ist auch deswegen ein gutes Einfallstor für Kritiker, weil er tatsächlich nicht frei von Risiko ist. Die Fristen beim Vorkaufsrecht sind kurz, die Mühlen des Landes mahlen langsam, das Finanzierungskonzept der Genossenschaft, das eben auf Landesmittel angewiesen ist, ist schon allein deswegen auf Kante genäht.

Das ist aber, und das ist das Entscheidende, kein Fehler der Diese eG, Florian Schmidts oder Friedrichshain-Kreuzbergs. Es ist Ausdruck der politischen Gesamtsituation, in der sich die Berliner Wohnungspolitik derzeit befindet: Zum ersten Mal seit Jahren versucht die Stadt, der privaten Gewinnspirale auf dem Wohnungsmarkt etwas entgegenzusetzen. Ein Kampf gegen überaus mächtige Gegner, und das mit einem alles andere als ausreichenden Instrumentarium: Es fehlt an ausreichenden Gesetzen, an Erfahrung in der Verwaltung, zum Teil nach wie vor an politischem Willen und manchmal auch schlicht an Geld.

Wer trotzdem diesen Weg gehen will, muss dabei auf Mittel zurückgreifen, die nicht perfekt sind – so ist es auch im Fall Vorkaufsrecht und Diese eG. Würde das Land bessere Rahmenbedingungen für eine gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik schaffen, wären solche Kons­truk­tio­nen nicht mehr nötig. Die Kommunalisierung großer Teile der Berliner Wohnungsbestände etwa wäre eine entscheidende Verbesserung dieser Rahmenbedingungen. Wer verhindern möchte, dass ein Bezirk auf risikobehaftete Konstruktionen zurückgreifen muss, um den Mondpreisen der Spekulanten zu begegnen, kann also gern beim Enteignungsvolksbegehren unterschreiben.

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Malene Gürgen
Reportage und Recherche
Redakteurin im Ressort Reportage&Recherche | Jahrgang 1990 | Seit 2014 Redakteurin der taz, zunächst im Berlinressort | 2016-2020 schwerpunktmäßig Recherchen zur extremen Rechten, dazu 2019 "Angriff auf Europa" im Ch. Links Verlag erschienen (mit C. Jakob, P. Hecht, N. Horaczek, S. am Orde) | 2020-2022 als Produktentwicklerin verantwortlich für die Konzeption der wochentaz | 2022-2023 Redakteurin im Ressort Zukunft – Klima Wissen Utopien | Seit 2023 im Investigativteam der taz.