Berliner Clubs im Zeichen von Corona : „Wir sind alle am Zittern“
Wenn der Besucherrückgang so weiter geht, sind viele Clubs ohne sofortige Hilfen in drei Monaten pleite, sagt Tresor-Chef Dimitri Hegemann.
taz: Herr Hegemann, die Mehrzahl der Berliner Coronainfizierten (Stand 9. März) hat sich in zwei Clubs infiziert. Was bedeutet das für die Clubs?
Dimitri Hegemann: Wir sind alle am Zittern. Bisher kannten wir nur die Angst vor einer Geschäftsaufgabe, weil der Laden gerade nicht angesagt ist.
Haben die Clubs das Thema Corona bisher ignoriert?
Wir haben das beobachtet, aber eher locker genommen und nicht so eine Panik gemacht wie die Medien. Dass das so eine Fahrt aufnimmt, hat uns sehr überrascht.
Und nun stimmen die Gäste mit den Füßen ab?
25 bis 30 Prozent der Besucher sind in den letzten Tagen weggeblieben. Wir sind gespannt, ob das am kommenden Wochenende noch stärker zunimmt.
Wie lange können die Clubs das durchhalten?
Wenn es hart auf hart kommt und es keine sofortigen Hilfen gibt, wird ein Großteil der Clubs innerhalb von drei Monaten verschwinden. Wir haben deshalb am Mittwoch einen Brief an die Regierung geschrieben, wie das aufgefangen werden könnte.
(65) ist ein Urgestein der Clubszene und Betreiber des Tresor in der Köpenicker Straße in Mitte.
Andere Betriebe bekommen Kurzarbeitergeld. Wäre das auch für die Clubs eine Möglichkeit?
Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, was Kurzarbeitergeld ist (lacht). Die Clubs arbeiten jetzt von 24 Uhr bis 12 Uhr Mittag. Arbeiten die dann nur von 3 Uhr morgens bis 9 Uhr, oder was?
Ist das Infektionsrisiko in einem Club größer, als wenn man im Supermarkt einkaufen geht?
Das kommt darauf an, ob Körperkontakte stattfinden und wie eng es ist. Meine Güte. Man muss trotzdem einen gewissen Galgenhumor behalten. Den Bazillus mit viel Alkohol runterspülen wäre vielleicht auch eine Lösung.
Herr Hegemann, Sie scherzen wohl?!
Ich habe ja nur zitiert, was jemand in irgendeinem Forum geschrieben hat. Den Satz fand ich ganz lustig.
Warum sollte der Senat den Clubs unter die Arme greifen?
Weil die Clubs ein großer Wirtschaftsfaktor in Berlin sind. Wenn wir wegfallen, kommen sehr viel weniger Menschen nach Berlin. Da hängen viele andere Geschäftszweige mit dran: Flüge, Hostels, Restaurants. Das ist eine Kette, die dann kollabiert.
Wie schützen Sie sich persönlich?
Ich bin Hypochonder und für so etwas immer sehr empfänglich. Mit allem habe ich gerechnet, aber nicht damit. Ich verstecke mich jetzt im Wald.
Leser*innenkommentare
Suryo
Unsinn. Wie schon im Falle Kit-Kat-Club gehts hier darum, kurzfristig die Besucherzahlen zu erhöhen. die Existenz des Kit Kat stand in Wahrheit niemals zur Debatte, der Umzug wurde nur so dargestellt, als sei das so, um nochmal viele potentielle Gäste in Torschlusspanik zu versetzen und zum Besuch zu animieren.
Und wenn ein Club verschwinden sollte: wieso sollte es danach keinen anderen geben? Der Befragte tut so, als stürbe ein Club, werde nie ersetzt, und in drei Monaten gäbe es in Berlin kein Nachtleben mehr, was dann - ogottogottogott - zum sofortigen Wegbleiben von Partytouristen führt. Man fragt sich, wie sich so ein Club überhaupt halten kann, wenn er ständig drei Monate vor dem Bankrott steht.
2830 (Profil gelöscht)
Gast
@Suryo Es geht um Subventionen. Die ClubCommisssion betreibt Lobbyismus. Man will Steuergelder abgreifen und betont deshalb ständig welch wichtiger Wirtschaftszweig die Technoindustrie ist. Dabei geht es nicht um Qualität sondern blanke Zahlen. Das sollte mal ein Immobilienkonzern in Berlin versuchen oder die Autoindustrie. Beides die Wirtschaftsstärksten in Deutschland. Clubs gelten als Heilsbringer und immer links, es geht da nie um Gewinne. Die Selektion an der Tür ist auch überhaupt nicht rassistisch sondern sorgt für Kultstimmung im Schutzraum.
Suryo
@2830 (Profil gelöscht) Exakt. Und vom Drogenkonsum rät man selbstverständlich ab und sollte es da vereinzelte geben, die vielleicht doch vorher etwas eingeworfen haben, dann hat man damit nichts zu tun ;)
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Zahl ich?
Hm... dass Herr Hegemann keine Ahnung hat was Kurzarbeit is zeigt die Problematik der prekären Arbeitsverhältnisse in der Bar- und Clubszene. Ich kenne konkret die Beschäftigungbedingungen im Tresor nicht, dass der Chef sich noch nicht damit beschäftigt hat und darüber lacht lässt nix gutes erahnen.... cheers!