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Berliner CDU-Mann in BurschenschaftSchlagender Staatssekretär kneift

Michael Büge, Mitglied einer rechten Burschenschaft und Berliner Sozialstaatssekretär, schiebt einen Austritt vor sich her. Die Opposition kritisiert die „Ausflucht“.

Die Bruderschaft zu ihnen bringt Büge in Nöte: deutsche Burschenschaftler. Bild: dpa

BERLIN taz | Immer lauter war im Dezember die Kritik an der Mitgliedschaft von Sozialstaatssekretär Michael Büge in der rechten Steglitzer Burschenschaft Gothia geworden. Da legte sich der CDU-Mann fest: Er trete aus der Verbindung aus, wenn diese nicht den in Verruf geratenen, rechten Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ verlasse. Büge nannte auch einen Termin: Ende Januar werde die Gothia eine Entscheidung fällen.

Das Datum ist nun verstrichen. Nur: Bis heute ist die Burschenschaft Teil des Dachverbands – und Büge Mitglied der Gothia. In der Verbindung werde noch über den Austritt diskutiert, sagte eine Sprecherin der Sozialverwaltung am Donnerstag. Deren Beschluss warte Büge ab. Mit dem Termin Ende Januar habe sich der Staatssekretär nur auf das nächste Treffen der Gruppe bezogen.

Die Opposition kritisierte das als Ausflucht. „Büge hofft, dass die Sache vergessen wird“, monierte Pirat Oliver Höfinghoff. Er forderte Büges sofortigen Austritt aus der Gothia. Die Gruppe stehe am „äußersten rechten Rand“, ob im Dachverband oder nicht. „Geht er nicht, muss er raus aus dem Amt.“

Bereits im November hatte die Opposition Büges Mitgliedschaft in der Gothia als unvereinbar mit seinem Amt kritisiert. Der 46-Jährige wirkt dort seit 1989 mit, heute als „Alter Herr“. Die Gothia gilt als stramm konservativ. Sie lud sich Redakteure des rechten Blatts Junge Freiheit in ihre Villa, bewarb sich als „politisch unkorrekt“. Auch gehörte sie zur „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“, in der sich auch Rechtsextreme tummeln, im November trat sie dort aus.

Im ebenfalls umstrittenen Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ befindet sich die Gothia bis heute. Auch der rückte auf einem Treffen im Dezember weiter nach rechts, viele liberale Bünde traten darauf aus.

Warum die Gothia das bisher nicht tat, wollte deren Vorsitzender Thorsten Elsholtz am Donnerstag nicht kommentieren. „Das ist eine interne Angelegenheit.“ Elsholtz verwies auf die „basisdemokratische Entscheidungsfindung“ seiner Verbindung, die eben ihre Zeit brauche. Rechtsextreme Kontakte der Gothia nannte Elsholtz "absurd".

Auch Büge hatte sich von "rechtsextremen Gedankengut" distanzier.t Büges Chef, Sozialsenator Mario Czaja (CDU), stellte sich hinter seinen Staatssekretär: Die Burschenschaft sei dessen Privatangelegenheit. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) schloss sich dagegen Büges Ultimatum an: Sie erwarte, dass der die Burschenschaft verlasse, sollte diese im Dachverband bleiben. Bleibt nur offen, wann.

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11 Kommentare

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  • FF
    Fred Ferkel Fruchtgummi

    Wenn ich eine dicke Katze hätte, würde ich sie Karl Marx nennen. Dann kann ich sagen: Kaaaaaaaarl, warum tust du das? Runter vom Sofa! Kaaaaaaaaarl!

  • F
    FürchtetEuchnicht

    taz.de behält sich vor, beleidigende, rassistische oder aus ähnlichen Gründen unangemessene Beiträge nicht zu publizieren.

    Dann frag ich mich besogt, warum sie folgendes durchgehen lassen:

    Lieber ein Geschwür am After als ein Deutscher Burschenschafter, lieber Tag und Nacht verpennt als ein dummer Corpsstudent

  • DF
    Das Flegelein

    Aha, so ist das also. Man muss sich dem Willen einer Partei und einer Massenmeinung beugen, um weiterzukommen. Das ist ja wie beim Niedergang der Weimarer Republik. Gerade damals waren die Studentenverbindungen nicht angepasst und haben sich nicht der Gleichschaltung unter dem damaligen NS-Studentenbund gleichschalten gelassen. Damals traten Mitläufer wie Hans Martin Schleyer aus einem wohllöblichen Corps Suevia aus, da diese nicht bereit waren ethnische Minderheiten aus dem Bund auszuschließen. Rezzo Schlauch ist ja dort vorbildlich. Und auch als Horst Mahler seine Landsmannschaft Thuringia Berlin verließ, jubelten die Linken. Aber so ist das nunmal in einer Bananenrepublik. Argumentiert weiter so und haltet euch an die oktroyierten Denkverbote. In diesem Sinne einen geziemten Streifen auf das Establishment. Das Kotzbecken ist ja nicht weit ;)

  • H
    hollidro

    auch Rezzo Schlauch hat Mitte der 80er, als sein nächster Karriereschritt bei den Grünen vom Austritt aus der Freiburger Burschenschaft Saxo-Silesia abhängig gemacht wurde, richtigerweise den Austrit gewählt. Ich rate dem Staatssekretär, es Rezzo Schlauch gleichzutun. Die übergroße Mehrheit seiner Bundesbrüder wird es ihm wohl kaum übelnehmen. Sinn und Unsinn der Mitgliedschaft in einer Korporation ist unserer Öffentlichkeit, und von der hängt ein Politiker eben permanent ab, nicht zu vermitteln.

  • KM
    Karl Marx

    Lieber ein Geschwür am After als ein Deutscher Burschenschafter, lieber Tag und Nach verpennt als ein dummer Corpsstudent. Drum kämpfe ich mit voller Kraft für die Deutsche Landsmannschaft. Karl Marx Landsmannschaft der Treveraner (Trier) zu Bonn ;)

  • J
    jkl

    @Buerger

    Du hast noch die Bücherverbrennung auf dem Wartburgfest vergessen.

    Hier etwas zur Geschichte des Deutschlandliedes: http://streitumsdeutschlandlied.files.wordpress.com/2010/12/argumente_gegen_das_deutschlandlied1.pdf

  • DD
    Das darf man

    Wenn man links problemlos Mitglied in der stalinistischen Plattform sein darf oder als Partei und Koalitionspartner der Grünen wie der SPD eine stalinitische Plattform betreibt, dann darf man auch rechts in einer solchen Burschenschaft Mitglied sein.

  • DH
    Diederich Heßeling

    Es ist ja immer erstaunlich, dass jegliche Presse einen Menschen skandalisiert, der in einer schlagenden Verbindung ist oder war. Gerade bei Politikern und hohen Staatsbeamten liest man so etwas sehr häufig. Wieso wird mal nicht differenziert? Ich bin selbst kein Burschenschafter und sehe den Dachverband, insbesondere die Tedenzen in der Burschenschaftlichen Gemeinschaft. Jedoch sind dort auch Mitglieder, die der SPD sehr nahe stehen und sozialistische Werte Leben und in ethischen Testamenten weitergeben. Sogar der gute alte Ferdinand Lasalle war Mitglied der Burschenschaft der Raczeks zu Bonn. Eine Verbindung, die in den vergangenen zwei Jahren für negative Schlagzeilen sorgte. Der Mann starb an den Folgen eines Pistolenduells. Ich denke mal er würde sich im Grabe umdrehen. Ich frage mich also: Was ist daran schlimm? Wieso wird nicht differenziert? Warum müssen sich ständig die Bünde hinterfragen, die nie politisch Haltung beziehen, sondern nur mal ein Bier unter Freunden trinken wollen? Skandale gibt es viele aufzudecken. Dieser Skandal ist ein billiger. Als langjähriger Leser und Freund des Blattes würde ich mich über eine differenzierte Berichterstattung sehr freuen.

  • B
    Borromäeus

    Mit dem Austritt aus der Burschenschaft ändert sich doch nicht die politische Gesinnung des Herrn Büge. Zu meinen, das sodann wieder alles in Ordnung sei, wäre ein großer Fehler!

    Der eigentliche Skandal liegt doch darin, dass ein Herr Büge trotz sener politischen Gesinnung in den öffentliche Dienst gekommen ist. Wer hat denn da die Verfassungsmäßigkeit des Herrn Büge überprüft.

    Ebenso skandalös ist, dass eine Person, welche anscheinend nicht auf dem "Boden unserer Verfassung steht" Mitglied in der CDU geworden ist und dazu auch jetzt noch von einem CDU Mitglied als Sozialsenator "gedeckt" wird.

     

    Wer aber meint, drauf zu vertrauen, dass sich ein Herr Büge vom rechtsextremistischen Gedankengut distanziert zu haben, er glaubt meines Erachtens auch noch an den Weihnachtsmann! Für wie blöd wird hier eigentlich der Wähler, bzw. die Bevölkerung gehalten?

    Es liegt doch in der Natur der Sache, wen mein gut dotierter Job im öffentlichen Dienst in Gefahr ist, alles zu erklären, um nicht arbeitslos zu werden. Sofern ein Herr Büge arbeitslos sein sollte, kann er ja gleich nach ALG 1 (! Jahr) sodann Hartz IV bei seiner ehemaligen Sozialbehörde beantragen!

     

    Was ist das für ein Land, in dem wir alle leben!!!!!

  • A
    Ampsivare

    Ich bin zwar kein Burschenschafter, aber wenn die Mühlen bei der Gothia ähnlich langsam mahlen wie bei meiner Verbindung, dann haben die praktisch nur einmal im Jahr Gelegenheit über den Austritt zu entscheiden.

  • B
    Buerger

    Burschenschafter standen an der Wiege der deutschen Demokratiebewegung als sie im Vormärz von 1848 wegen ihrer demokratischen und nationalen Ideale verfolgt wurden. Viele bezahlten ihr Engagement mit dem Gefängnis. 1848 standen sie dann in Berlin, Wien und anderen Städten auf den Barrikaden, bevor viele von ihnen im ersten deutschen Parlament ihren Platz einnahmen – z.B. war dessen Präsident, Heinrich von Gagern, Burschenschafter. Nicht umsonst geht die heutige deutsche Fahne auf die Burschenschaft zurück und auch unsere Nationalhymne wurde von einem Burschenschafter geschrieben.

    Büge zu einem Austritt aus einer nicht-verbotenden (die Bundesregierung hat den demokratischen Charakter der DB gerade bestätigt) und basisdemokratischen Organisation drängen zu wollen, das ist undemokratisch.