Berliner Baustellen-Debakel: Razzia bei Fluchhafen-Architekt
Der BER-Untersuchungsausschuss lässt Unterlagen bei Meinhard von Gerkan beschlagnahmen. Man hofft auf neue Infos über die Terminverzögerungen.

BERLIN taz | Die Polizei hat am Freitag Dokumente bei Meinhard von Gerkan beschlagnahmt, dem Architekten des neuen Hauptstadtflughafens BER. Aus den Unterlagen soll sich ergeben, ob es nach der ersten Verschiebung des Eröffnungstermins im Jahr 2010 bereits Hinweise gab, dass auch der neue Termin im Juni 2012 nicht zu halten sein würde.
Der Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, der das Baudebakel beleuchtet, hatte die Papiere bereits vor Monaten bei von Gerkan angefragt. Der 78-Jährige wollte sie allerdings nicht vollständig herausrücken. Der Ausschuss unter Vorsitz des Piraten-Abgeordneten Martin Delius holte sich daher jetzt beim Landgericht Berlin einen Durchsuchungsbeschluss.
Ein Untersuchungsausschuss hat ähnliche Rechte wie die Staatsanwaltschaft. In der Berliner Verfassung heißt es: „Jeder ist verpflichtet, den Aufforderungen des Untersuchungsausschusses zum Zwecke der Beweiserhebung Folge zu leisten.“
Von Gerkan dagegen wollte selbst entscheiden, was er dem Parlament zukommen lässt. Der 78-Jährige teilte am Samstag mit, er habe einige Stellen „aus Gründen von Geschäftsgeheimnissen“ geschwärzt. Zudem hätte er es bevorzugt, die Sache anders zu klären: „Dass der Vorsitzende des Ausschusses, Martin Delius, statt zum Telefon zu greifen, einen Durchsuchungsbeschluss erwirkte und gar die Polizei eingeschaltet hat, ist unverhältnismäßig und scheint allein politisch motiviert.“ Er versicherte, er wolle auch in Zukunft mit dem Ausschuss zusammenarbeiten – „Anruf genügt“.
Delius: „Schlechteste aller Möglichkeiten“
Pirat Delius sagt dazu: „Das ist ein sehr interessantes Rechtsverständnis.“ Es sei „die schlechteste aller Möglichkeiten“, die Beschlagnahme von Akten für den Ausschuss privat zu regeln, statt sich an das vorgegebene rechtsstaatliche Verfahren zu halten.
Von Gerkan entwarf mit seinem Büro unter anderem den Berliner Hauptbahnhof, das Frankfurter Waldstadion, die Flughäfen in Hamburg, Stuttgart, Moskau – und eben auch den neuen Hauptstadtflughafen. Als die Probleme dort nicht abrissen, feuerte ihn die Flughafengesellschaft im Jahr 2012 und reichte Klage wegen Planungsfehlern ein.
Vor zwei Monaten erschien von Gerkans Buch „Black Box BER“, in dem er mit dem Aufsichtsrat und der Geschäftsführung des Flughafens abrechnet. Wann der Bau eröffnet, ist unterdessen immer noch unklar – der Brandschutz bereitet nach wie vor Probleme.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!