Berliner Bankenskandal: Das lange schmutzige Ende
In Berlin läuft der letzte Prozess um den Skandal, an dem die große Koalition zerbrach: Gegen zwölf frühere Aufsichtsratsmitglieder und Manager wird Anklage erhoben.
BERLIN taz | Verglichen mit den Summen, die im Zuge der aktuellen Bankenpleiten gehandelt werden, geht es um Peanuts. Trotzdem ist das Verfahren, das zurzeit vor dem Berliner Landgericht gegen zwölf frühere Manager und Aufsichtsratsmitglieder der Berliner Bankgesellschaft stattfindet, von Brisanz. Denn es geht um die Frage, ob Banker und Aufsichtsrat zur Verantwortung gezogen werden können, wenn man sich beim Handel mit Fonds verzockt.
Der Prozess ist der letzte große Prozess zur Aufarbeitung des Berliner Bankenskandals von 2001. Vor Gericht verantworten müssen sich der ehemalige Strippenzieher der Berliner CDU und Bankmanager Klaus-Rüdiger Landowsky sowie elf frühere Aufsichtsratsmitgliedern und Geschäftsführer der Immobiliengesellschaft IBG, einer Tochter der Berliner Bankgesellschaft. Landowsky hatte die Bankenkrise seinerzeit alle Ämter in Bank und Politik gekostet. An dem Skandal war damals die große Koalition in Berlin zerbrochen. Seither hat die Stadt eine rot-rote Landesregierung.
Acht Jahre später geht es nun im letzten Bankenprozess noch mal richtig zur Sache. Mit Befangenheitsanträgen gegen die Berufsrichter der 26. Strafkammer versuchen die Verteidiger vom ersten Prozesstag im Juni an, das Verfahren zum Platzen zu bringen. Bei 24 Anwälten, die den zwölf in Schlips und Kragen gekleideten Angeklagten zur Seite stehen, ist das ein ziemliches Störfeuer. Auch am Montag setzte es neuerliche Anträge. Diesmal jedoch stellte die Vorsitzende Richterin die Entscheidung zurück und erteilte dem Staatsanwalt das Wort zur Verlesung der Anklage.
Schwere Untreue lautet der Vorwurf. Kern der Anklage sind zwei Immobilienfonds aus den Jahren 1998 und 1999 mit sogenannten Rundum-sorglos-Garantien. Die Fonds waren mit "marktunüblichen" Renditegarantien für 25 Jahre ausgestattet worden. Als der Immobilienmarkt sich Ende der 90er-Jahre schlecht entwickelte, brachten die Fonds hohe Verluste für die IBG, die Bankgesellschaft und letztlich das Land. Die Anklage spricht von einem Schaden von mehr als 58 Millionen Euro.
Die Staatsanwaltschaft ist guter Hoffnung, dass alle Angeklagten verurteilt werden. Nicht nur die Geschäftsführer und Prokuristen der IBG. Auch die sieben Aufsichtsratsmitglieder, zu denen Landowsky gehört. Der Aufsichtsrat hätte das Auflegen der Fonds verhindern müssen, hat das aber nicht getan. Der Vorwurf lautet deshalb auf Unterlassung. Als Vergleich zieht die Staatsanwaltschaft den Prozess gegen DDR-Politbüromitglieder wegen Todesschüssen an der Berliner Mauer heran. Das Politbüro wurde für die Schüsse verurteilt, weil es unterlassen hatte, auf eine Humanisierung des Grenzregimes der DDR hinzuwirken.
Die Verteidiger monierten die Heranziehung dieses Vergleiches. Im Gegensatz zu den "Stalinisten" des Politbüros sei die Macht des Aufsichtsrat einer GmbH "äußerst begrenzt". Der Vorwurf der Unterlassung sei nicht haltbar.
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