Berliner Bäder: Iris Spranger zählt bis drei

Nach langer Sanierung ist das beliebte Stadtbad Tiergarten wieder auf. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Bis zu 30 Prozent weniger Energieverbrauch.

Das Stadtbad Tiergarten in neuem Glanz

Das Stadtbad Tiergarten in neuem Glanz. An der Stirnseite erhalten geblieben: Das bekannte Schmuckpaneel Foto: plu

BERLIN taz | Montagmittag vor dem Stadtbad Tiergarten. Ein älterer Herr kommt mit einem Fahrrad angeschossen. Im Rucksack hat er seine Badesachen. Der Anwohner der nahe gelegenen Lehrterstraße ist ganz aufgeregt. Ob er richtig gehört habe, dass das Hallenbad wieder offen ist? Ja, aber erst ab Dienstag 6.30 Uhr, wird ihm von einem Bademeister am Eingang beschieden. Enttäuscht macht der Mann kehrt.

Am Montag feierten Politikerinnen, Politiker und Verantwortliche der Berliner Bäder Betriebe (BBB) die Wiedereröffnung des Bades unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur die Presse ist geladen. Nach den Reden eröffnen sechs Auszubildende der BBB das Sportbecken mit einem Sprung ins Wasser. Innen- und Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) gibt den Startbefehl. Bei aller Kritik an ihrer politischen Performance, das muss man Spranger lassen: Sie kann bis drei zählen.

Vier Jahre hat die Grundsanierung des 1984 eröffneten Stadtbades Tiergarten gedauert. Gemessen daran, dass in Berlin derzeit viele Schwimmhallen wegen Sanierung geschlossen sind, ist das eine lange Zeit. Mit Baukosten von 19,6 Millionen Euro, knapp ein Drittel der Summe hat der Bund zugeschossen, handelte es sich um das größte Sanierungsprojekt der BBB.

Und natürlich haben wie so oft viele Dinge zu Bauverzögerungen beigetragen: Corona, Materialengpässe und kurz vor Fertigstellung wurde entdeckt, dass das Wasser aus unerfindlichen Gründen aus einem Becken in den Beton versickerte.

Schwamm drüber. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Halle ist jetzt lichtdurchflutet, Wand- und Fußbodenkacheln sind in warmen Sandfarben gehalten, Sitzbänke und Türen leuchten rot. Ein mit Liegestühlen ausgestatteter Wintergarten lädt zum Verweilen ein. Beibehalten wurden die Dreigliederung der Becken. Nach wie vor gibt es ein Nichtschwimmerbecken, ein Sprungbecken mit einem 3-Meter-Turm, neu ist die Kletterwand, von der man sich ins Wasser fallen lassen kann – einzigartig in Berlin. Das 50 Meter lange sechsspurige Sportbecken kann durch Hochfahren einer mobilen Trennwand auch gedrittelt oder halbiert werden.

Stephan von Dassel zeigt Haut

Im Unterschied zu früher kann die Wassertemperatur in den drei Becken nun individuell gesteuert werden. Durch den Einbau moderner Anlagen wurde das gesamte Bad energetisch auf Vordermann gebracht. Die neue Lüftungsanlage verfügt über eine Wärmerückgewinnung. Die verbrauchte Luft wird beim Abführen an der frisch hinzukommenden kalten Luft vorbeigeführt, die dadurch erwärmt wird.

Das Gleiche passiert bei der Wasseraufbereitung. Bis zu 30 Prozent weniger Energie werde das Stadtbad künftig verbrauchen, heißt es in der Pressemitteilung, und circa 16 Tonnen weniger klimaschädliches CO2 pro Jahr – wobei der Gesamtverbrauchswert nicht mitgeliefert wurde.

„Im Anschluss können Sie das Bad gerne selbst testen“, hatte es in der Einladung der BBB geheißen. Innen- und Sportsenatorin Spranger macht keine Anstalten abzulegen, auch ihr Pressesprecher Thilo Cablitz hält sich bedeckt. Die übrigen Gäste stürzen sich auf das Buffet, das im Wintergarten aufgetischt ist, als im Foyer ein kleiner Mann in Badehose, dunkler Brille und Handtuch über den Schultern auftaucht. Mit einem 5-Euro-Schein herumnestelnd fragt er einen Bademeister, ob er dafür Münzen für den Garderobenschrank haben könne.

Es ist der frühere Bezirksbürgermeister von Mitte, Stephan von Dassel (Grüne). Ist ihm das nicht unangenehm, vor dieser Öffentlichkeit so viel Haut zu zeigen? „Mich kennt doch keiner mehr“, glaubt von Dassel.

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