Berliner Bäder: Koalition will nicht nur baden
Die rot-schwarze Koalition lobt sich im Berliner Abgeordnetenhaus neben ihren Neublauplänen dafür, alle Bäder zu erhalten. Opposition hält die Preise für unsozial.
Im Kern waren sie sich einig: Möglichst viele Berliner sollen möglichst nahe vor der Haustür ein Hallenbad haben. Da aber hörten die Gemeinsamkeiten zum neuen Berliner Bäderkonzept zwischen Regierungsfraktionen und Opposition auch schon auf. Denn vor allem über Eintrittspreise und Ausrichtung der Bäder gingen die Meinungen im Abgeordnetenhaus am Donnerstag weit auseinander. Während Sportsenator Frank Henkel (CDU) es als Erfolg darstellte, dass alle Bäder erhalten bleiben sollen, sah Gabriele Hiller (Linkspartei) in dem Konzept ein „Billigpuzzle, bei dem auch noch Teile fehlen“.
Erste Ankündigungen für das Bäderkonzept hatte es 2013 von dem damals noch neuen Chef der Berliner Bäderbetriebe (BBB), Ole Bested Hensing, gegeben. Der hatte vorgeschlagen, fünf große Wellnessbäder zu bauen und das durch das Aus für 14 kleinere Schwimmbäder zu finanzieren. Henkel erinnerte an solche Ideen, ohne Bested Hensing beim Namen zu nennen.
Das neue Konzept sieht als zentralen Punkt vor, zwei bestehende Bäder – in Pankow und Mariendorf – zu Multifunktionsbädern umzubauen. Das sollen im Gegensatz zu reinen Spaßbädern Anlagen sein, die sowohl ein reines Sportbecken für klassische Bahnenzieher und den Schul- und Vereinssport haben, aber genauso Plansch- und Warmwasserbecken, vielleicht auch Rutschen und eine Sauna.
SPD-Sportpolitiker Dennis Buchner sieht hier eine große Nachfrage. Er bezog sich auf eine Studie, derzufolge die Bäder mit ihrer jetzigen Ausrichtung vier von fünf Berliner nicht interessieren – anders als Freizeitbäder mit Eventcharakter und Rutschen im Umland wie die Kristall-Therme in Güterfelde oder das Tropical Island.
Damit lag er durchaus auf einer Linie mit Bäder-Chef Bested Hensing. Dessen Event-Richtung hatte vor gut einem Jahr bei einer SPD-Fraktionsklausur einen klaren Gegner im damals noch Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) gefunden. „Es wird keiner gesund davon, dass er sich ins Spaßbad setzt und seinen Caipirinha trinkt“, kritisierte damals Wowereit, der in früheren Jahren Tempelhofer Stadtrat für Volksgesundheit war.
In gewisser Weise ging die Linkspartei-Abgeordnete Hiller mit ihrer Kritik in die gleiche Richtung. Sie griff Aussagen von SPD und CDU von sozialer Verantwortung und Schwimmbäder als Daseinsvorsorge auf. Jene von Buchner erwähnten Leute abfischen, die derzeit in privaten Bädern teils Dutzende Euro für Saunas und Eventcharakter ausgeben? „Ich glaube nicht, dass das das Publikum ist, das wir mit sozialer Daseinsvorsorge ansprechen wollen“, sagte Hiller.
Umstritten bleiben die Anfang 2014 teils drastisch erhöhten Eintrittspreise. Laut Henkel gab es daraufhin weniger Besucher als im Vorjahr. „Ich kann nicht verstehen, was an 7,50 Euro für freizeitorientiere Bäder sozialverträglich sein soll“, sagte Grünen-Sportpolitikerin Anja Schillhaneck. „An das Preiskonzept müssen wir nochmal ran. Denn so halten wir die Leute draußen – und das ist Mist.“
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