Berliner Abgeordnetenhaus: Mehr Bäume auch ohne Entscheid
In einer Ausschussanhörung bleiben wenig Zweifel, dass das Parlament das Anliegen der Initiative „Baum-Entscheid“ übernehmen wird.

Es ist schon die zweite Anhörung binnen zweieinhalb Wochen – Mitte September war die Initiative bereits in den Umweltausschuss geladen, nun hört ihr der Hauptausschuss zu. Gut zwei Stunden tragen die vier vor und beantworten Fragen. Ziemlich schnell ist klar, dass beide Seiten stark an einem Kompromiss interessiert sind. Das würde zwar dem Namen der Initiative – Baum-Entscheid – widersprechen, der darauf abzielte, das Ziel von weit mehr Straßenbäumen und Hitzeschutz mit einem Volksentscheid zu erreichen. Denn peilte die Initiative einen Termin parallel zur Abgeordnetenhauswahl in rund elf Monaten an.
Doch nach einem überraschenden Schwenk der CDU bei ihrem Landesparteitag am 20. September – mutmaßlich wegen der breiten öffentlichen Unterstützung für die Initiative – läuft es darauf hinaus, dass das Abgeordnetenhaus den Gesetzentwurf weitgehend übernimmt. Dass es die Bäume auch ohne aufwendigen Entscheid gibt, dürfte die Initiative kaum bedauern. Eine für den Winter geplante Unterschriftensammlung wäre damit nicht nötig, das Land käme um die Kosten für den Volksentscheid herum – und zudem könnte man ein gutes Jahr früher mit mehr Hitzeschutz beginnen.
Genau eine Woche vor dieser Anhörung haben die Fraktionschefs von CDU und SPD dafür den Weg frei gemacht. Man werde den Entwurf übernehmen, und zwar „in allen wesentlichen Punkten“, hieß es dabei in einer gemeinsamen Pressekonferenz. Die Initiative hatte zuvor befürchtet, die schwarz-rote Koalition könnte das Gesetz nur dem Namen nach übernehmen und eine ausgehöhlte, zerfledderte Variante beschließen.
Sondersitzung für den 3. November geplant
Denn allgemein für mehr Grün und Hitzeschutz in der Stadt hatten sich CDU und SPD schon in ihrem Koalitionsvertrag von 2023 ausgesprochen. Aber noch im Juli hatte sich der Senat neben anderen Dingen nicht mit den Kosten des Baum-Entscheids anfreunden können und dem Parlament deshalb die Ablehnung empfohlen. Diese Kosten wurden damals auf 7,2 Milliarden Euro geschätzt, aufgeteilt bis 2024. Und noch wenige Tage vor der „Wir übernehmen“-Ankündigung der Fraktionschefs wandte sich die CDU im Parlament vehement dagegen, Parkplätze zu streichen, um genug Platz für Bäumepflanzen zu haben.
Statt der im Sommer diskutierten 7,2 Milliarden soll es nun laut Initiative weniger als halb so viel sein, nämlich 3,2 Milliarden. Das ist laut Umweltsenatorin Ute Bonde (CDU) auch einem Workshop mit der Initiative vergangene Woche zu verdanken. „Das zeigt, wie gut der Austausch miteinander ist“, sagt sie am Mittwochvormittag. Bondes Parteifreund Heiko Melzer, der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, kündigt für die nächsten Tage weitere Gespräche an.
Laut Mitinitiatorin Lisa Junghans geht es dabei um sechs Punkte, die noch zu klären sind. Da soll es sich aber nicht um Grundsatzfragen handeln, sondern um Formulierungen und technische Details. „Wir spüren, hier ist echter Wille, das Gesetz gemeinsam zu beschließen“, sagt sie. Komme es in einer Sondersitzung des Parlaments am 3. November dazu, dann sei das etwas ganz Besonderes. Noch nie habe eine Volksinitiative alle demokratischen Parteien hinter sich gebracht. Grüne und Linkspartei unterstützen das Anliegen schon länger. Von der AfD ist zu hören, sie stehe dem Anliegen „grundsätzlich positiv“ gegenüber.
Mehrere Abgeordnete, von der CDU wie von den oppositionellen Grünen, drängen allerdings auf mehr Klarheit bei der Finanzierung. Die soll es binnen einer Woche geben, damit der Hauptausschuss sich bei einer Auswertung der Anhörung in acht Tagen auf einen verbindlichen Gesetzestext festlegen und dem kompletten Parlament für den 3. November ein Ja empfehlen kann.
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