Berliner Abgeordnetenhaus: 29-Euro-Ticket ist nicht aktuell
Schwarz-Rot mag auch im Verkehrsausschuss nicht über die Zukunft des Tickets reden. Die AfD scheitert dort erneut mit Kandidatur für den Vorsitz.
Grüne und Linkspartei drängen den schwarz-roten Senat im Abgeordnetenhaus schon seit dem Frühsommer auf Aussagen zur Zukunft des Ende April ausgelaufenen Tickets. Das 29-Euro-Angebot war zentrales Wahlkampfversprechen der SPD, seit April Juniorpartner im Regierungsbündnis, und hat seinen Eingang in den schwarz-roten Koalitionsvertrag gefunden.
Als zentrales Hindernis gilt, dass das Ticket aus Sicht der brandenburgischen Mitglieder im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) nicht in das VBB-Tarifsystem passt. Sie hatten bei einer Verlängerung bis April klargemacht, dass es keine weitere geben werde. Allein kann das Land Berlin, wenn es im VBB bleiben will, das Ticket nicht beschließen.
Als in der Aktuellen Viertelstunde Kristian Ronneburg (Linkspartei) fragte, mit welchen Vorstellungen der Senat denn in die VBB-Aufsichtsratssitzung Ende September gehe, war von Verkehrsstaatssekretärin Elif Stutz zu hören: Entsprechendes unterliege der Vertraulichkeit. Gerne könne man „im Nachgang“ dazu berichten. Auf Nachfrage verwies Stutz auf die Richtlinien der Regierungspolitik: Dort heiße es, dass man ein solches Ticket jedem in Berlin anbieten wolle und das „möglichst unter dem Dach des VBB“. Der Zuhörerschaft im Saal 311 des Parlaments blieb es überlassen, die Bedeutung von „möglichst“ einzuschätzen.
AfD-Bewerber fällt erneut durch
Weiterhin nichts Konkretes zum Ticket vorzulegen, widerspricht zunehmend einer Aussage von Regierungschef Kai Wegner (CDU). Der hatte in einem am 29. August geführten und am vergangenen Dienstag veröffentlichten Interview mit der taz gesagt, man werde „in Kürze“ Ergebnisse präsentieren. Die Grünen sehen darin eine Irreführung, weil diese Wortwahl nicht mit der noch über drei Wochen entfernten VBB-Sitzung zusammenpasste.
Dass der CDU-Abgeordnete Bocian die Sitzung als Vize-Vorsitzender leitete, lag daran, dass bei ihrem Beginn der AfD-Kandidat für den Ausschussvorsitz erneut durchfiel. Das war schon im Digitalisierungsausschuss so. Zwar stehen der AfD theoretisch zwei Chefposten zu – sieben sind es bei der CDU, je vier bei SPD und Grünen und zwei bei der Linkspartei. Anders als in der Wahlperiode von 2016 bis 2021, der ersten für die AfD, kann ihre Fraktion in der seit 2021 laufenden Periode bei Abstimmungen keine Vorsitzenden mehr durchsetzen. Fraktionssprecher von CDU und SPD begründeten diese veränderte Haltung am Mittwoch gegenüber der taz mit einer zunehmenden Radikalisierung der AfD.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart