Berliner Abgeordnetenhaus: Kein Grund zur Vertrauensfrage

Die vorletzte Parlamentssitzung vor der Wahl am 12. Februar wird nach dem Giffey-Jarasch-Zoff um die Friedrichstraße zur Wahlkampfbühne.

Das Bild zeigt Franziska Giffey (SPD) und Bettina Jarasch (Grüne) nebeneinander auf ihren Sitzen im Plenarsaal des Berliner Abgeordnetenhauses.

Giffey und Jarasch haben im Parlament ihre Plätze stets nebeneinander. Das gilt auch nach Streit Foto: dpa

BERLIN taz | Wenn zweieinhalb Wochen vor der Wahlwiederholung das Abgeordnetenhaus tagt, wird das Parlament zwangsläufig zur Wahlkampfbühne. Im Fokus sind dabei am Donnerstag die beiden, die wegen der Sperrung der Friedrichstraße tags zuvor erneut aneinander gerieten und nun auf den Senatsplätzen stundenlang nebeneinander sitzen müssen: Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) und Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne). Die eigentlichen Themen der Tagesordnung geraten dann schon mal in den Hintergrund – es geht vorrangig darum, die eigene Partei gut dastehen und die andere schlecht aussehen zu lassen.

Mit Klimakrise und Verbraucherschutz beschäftigt sich offiziell die zentrale Debatte des Vormittags. Die Grünen haben das Thema bestimmen dürfen und wollen damit sichtlich ihrer Spitzenkandidatin Jarasch nochmal die Gelegenheit geben, Punkte für die Wahlwiederholung am 12. Februar zu sammeln. Neue Fakten und Haltungen ergeben sich dabei jedoch nicht. „Bei Klimakrise fällt mir eigentlich nur das schlechte Klima in der Koalition ein“, frotzelt der CDU-Abgeordnete Christian Gräff. Giffey solle sich nach dem Gezerre um die Friedrichstraße von Grünen und Linkspartei lossagen – „Es ist Ihre letzte Chance glaubwürdig zu sein“, sagt er.

CDU spricht von „Machtmissbrauch“

Die von Jarasch tags zuvor verkündete neuerliche Sperrung rückt Gräff in die Nähe einer Straftat. „Finden Sie nicht, dass es auch Machtmissbrauch sein könnte, wie Sie mit den Anliegern in der Friedrichstraße umgehen?“, fragt er die Grünen-Senatorin. Jarasch wird dem später in der Fragestunde widersprechen: „Es gab bei keiner Maßnahme so viel Bürgerbeteiligung.“ Auch mit dem erkrankten und deshalb nicht anwesenden parteilosen Wirtschaftssenator Stephan Schwarz sei sie zwei Mal in der Friedrichstraße gewesen. Der hatte am Mittwoch in einem Interview von einem „Vorpreschen“ Jaraschs gesprochen – „Man wiederholt die alten Fehler, indem man den letzten Schritt macht vor dem ersten.“

Giffey gehört im Parlament nicht zu denjenigen, die komplett verbergen können, wenn es in ihnen brodelt. Dann verschränkt sie oft die Arme eng vor dem Oberkörper und ihr Gesicht wirkt eingefroren. So sieht das auch am Donnerstag aus, als Jarasch die Sperrung der Friedrichstraße verteidigt und sie als Baustein im weit größeren Umbau der historischen Mitte Berlins bezeichnet.

Als ein AfD-Abgeordnter Giffey drängt, wegen der Sperrung die Vertrauensfrage zu stellen, hat sie immerhin noch genug ihres Sprachwitzes zum Kontern: „Es gibt sicherlich viele große Fragen, die sich unsere Stadt stellen muss. Aber ob 500 Meter Straßenland jetzt zu einer grundsätzlichen Vertrauensfrage in Ihrem Sinne führen müssen, dahinter mache ich mal ein Fragezeichen.“

Ernster fährt sie fort: „Ich denke, wir werden dieses Thema klären können.“ Was wiederum so klingt wie: So wie jetzt präsentiert, wird es nicht bleiben. Das will sie im Senat besprechen – mit dem Wirtschaftssenator, mit dem Bausenator und „auch mit der Verkehrssenatorin“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.