Berlinale: Berlin bleibt Berlin
Trotz der Filmfestspiele am Potsdamer Platz bleiben die Berliner muffelig
Als meine Assistentin Ende Januar die Pressestelle der Berlinale fragte, ob für mich noch eine Pressekarte erhältlich wäre, antwortete eine Presseperson: „Der internationale Filmfestveranstalter würde keine Pressekarte erteilen, nachdem die Meldefrist schon Anfang Januar schon abgelaufen ist.“ Trotzdem! Ich konnte sie mit Vermittlungshilfe einer japanischen Filmgesellschaft danach dann doch noch leicht erhalten. Das ist Berlin.
Als ich vor eineinhalb Jahren ein Interview mit dem ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher in einem Luxushotel in Berlin durchgeführt habe, hat er mir gesagt, „Sie sprechen sehr gut deutsch! Wo haben Sie Deutsch gelernt?“
Als ich für das Visum meiner Frau und meines Sohnes das Berliner Landeseinwohneramt besuchte, hat ein Portier mir gesagt: „Keene Kaate“. „Was?“, habe ich gefragt. „Keene Kaate“, hat er wiederholt. Später habe ich wahrgenommen, dass es „Heute keine Wartekarte mehr“ bedeutete. Auf jeden Fall hat er gedacht, dass ich ein Wirtschaftsflüchtling bin, der ohne Sprachkenntnisse nach Deutschland gekommen ist, um nach Wohlstand zu suchen, mit keene Ahnung, wie viele Lohnsteuer und Soli-Zuschlag (für Japaner auch!) ich monatlich beitragen müsse. Das ist auch Berlin.
Als ich einen Berliner Bankier kennen gelernt habe, hat er mich auf Englisch angesprochen, ungeachtet der Tatsache, dass ich ihn auf Deutsch begrüßt hatte. Er erklärte: „Conversation in English is good for you!“ Aber auf seinem Gesicht steht geschrieben: „Ich will Ihnen meine besonderen Sprachkenntnisse zeigen!“ So ist das in Berlin.
Trotzdem, trotzdem. Mein japanischer Kollege erzählt mir, dass deutsche Politiker viel besser als japanische seien. Meine Frau behauptet auch: „Deutsche sind anständiger als Japaner.“
Bin ich der einzige japanische Pechvogel in Berlin? Nein, nein. Als Beweis hätte ich gerne noch eine Erfahrung erzählt. Als ich ein ruiniertes Gebäude von Kommunisten fotografiert habe, sind Polizisten in Zivilkleidung plötzlich aufgetaucht und haben versucht, meinen Reisepass zu beschlagnahmen.
So läuft alles in Ber-. Nein. Leider war das Belgrad im Frühling 1999. Atsuo SekiKorrespondent von „TheSankei Shimbun“ aus Tokio
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