piwik no script img

Berlinale Staralbum - Rock HudsonDer Verstorbene

Rock Hudson ist 25 Jahre nach seinem Aids-Tod Gegenstand einer Dokumentation über sein Sterben: "Rock Hudson - Dark And Handsome Stranger".

Helden sind hetero in Hollywood? Nicht so Held Hudson. Bild: ap

Es gibt Träume, die so schnell wohl nicht in Erfüllung gehen, womöglich nie. Nehmen wir zum Beispiel diesen hier von Andrew Davies: Der britische Filmemacher hat neulich im Schlaf die Hollywoodstars George Clooney, Brad Pitt und John Travolta zur Weltpremiere seines Dokumentarfilms "Rock Hudson - Dark And Handsome Stranger" auf der Berlinale begrüßen können. "Sie saßen in der ersten Reihe, und Andrew sagte zu ihnen: Mensch, schön, dass ihr euch endlich outet", erzählt sein Coregisseur André Schäfer, der die sexuelle Orientierung der erwähnten Herren, die der Weltpremiere seines Films am Donnerstagabend erwartungsgemäß fernblieben, aber nicht beschwören kann und will. Die haben gute Anwälte. "Es gibt so Gerüchte", sagt Schäfer nur. "Es wird schon schwule Hollywoodschauspieler geben."

Wie im Profifußball ist Homosexualität im Filmgeschäft ein Tabu - auch noch 25 Jahre nach Rock Hudsons Tod. Er sehe da keine Verbesserung, sagt Schäfer. Tuntige Schwulenkarikaturen gehören zum Inventar jeder zweiten US-Mainstream-Komödie, doch offen schwul zu leben traut sich abseits der Leinwand kaum ein Schauspieler, aus Angst, seine Karriere dadurch zu beschädigen, nicht mehr als strahlender Held besetzt zu werden. Helden sind hetero in Hollywood.

Neben dem Doppelleben, in das sein Beruf den Schauspieler gezwungen hat, Heirat der lesbischen Sekretärin seines Agenten inklusive, hat Schäfer an Hudson vor allem interessiert, dass er an einer Krankheit litt, für die es damals noch keinen Namen gab: Aids. "Rock Hudson war der erste prominente Aids-Tote weltweit", sagt Schäfer - ein merkwürdiger Superlativ. Doch erklärt er, warum der neue Besitzer von Hudsons Haus, seinem "Castle", den alten Swimmingpool, in dem in aller gebotenen Diskretion so manche Party stattgefunden hatte, zuschütten und anderer Stelle neu bauen ließ. Er hatte Angst vor dieser Seuche, von der man nicht viel mehr wusste, als dass plötzlich viele Menschen daran starben. Schäfer hat auf der Suche nach Koproduzenten vom Fernsehen die "heftige Erfahrung" gemacht, dass sich auch Jahre später kaum jemand an einen Dokfilm über einen schwulen Aids-Kranken rantraut.

Von ihrem Film über Doris Day war es für Schäfer/Davies nur ein kurzer Weg zu deren Freund und Filmpartner Rock Hudson. Die Filmemacher widmen sich immer wieder historischen Stoffen und Figuren, "wobei mich dabei weniger die Filmgeschichte reizt, sondern vielmehr über die Figur und ihre Geschichte ein Sittenbild der Zeit, in der sie gelebt hat, zu entfalten", sagt Schäfer. In diesem Fall ist es ein reichlich düsteres, das in einem verstörenden Kontrast zu Rock Hudsons breitem Zahnpastagrinsen steht. DAVID DENK

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • D
    DiversityAndEquality

    @ H. Fuchs:

     

    Na, was ist es denn sonst, wenn nicht eine äußerst düstere und erschreckende Realität, die da behandelt wird und an der sich offensichtlich in unserer pseudoliberalen Welt gerade dort, wo es für die Öffentlichkeit so wichtig wäre, nichts Wesentliches zum Positiven verändert hat??? Man kann Herrn Denk nur dafür danken, dass er dies an geeigneter Stelle thematisiert, wenn die schwul-lesbische Community es schon kaum macht.

     

    Wie pervers muss eigentlich eine Gesellschaft sein, in der Menschen ihre sexuelle Identität nach wie vor verleugnen und sich in ein Lügenkonstrukt von Doppelleben begeben müssen, nur um sich vor den menschenverachtenden, engstirnigen mittelalterlichen Vorstellungen ganz bestimmter Akteure (z.B. den finanzkräftigen Geldgebern) und natürlich - da sollten wir uns nichts vormachen - immer noch weiter Teile der Gesellschaft anzudienen???

     

    Wobei meine Kritik nicht weniger den zahllosen schwulen Schauspielern, Pop-Musikern (noch so eine unglaublich "liberale" Branche!), Profi-Sportlern und und und... gilt, die dieses perverse Spiel der Selbstverleugnung und -erniedrigung so bereitwillig mitspielen, obwohl sie, wenn schon nicht ganz selbstverständlich vom ersten Moment an, doch spätestens ab einem bestimmten Stadium sehr wohl in der Lage wären, ihren Status in die Waagschale zu werfen und endlich zu sich selbst zu stehen!

     

    Vielleicht sollten diese Herrschaften, wenn sie schon keine Achtung und kein Wertgefühl gegenüber sich selbst haben, mal an homosexuelle Jugendliche denken, die verzweifelt nach Identifikationsfiguren suchen und in unserer Gesellschaft immer noch einem vier- bis fünfmal höherem Selbstmordrisiko ausgesetzt sind!

     

    Warum prostituiert sich ein Mensch auf diese Weise? Wir selbst als schwule Jungs und Männer müssen endlich das uns eingetrichterte Selbsterniedrigungssyndrom überwinden und den Stolz aufs Anderssein (wieder) entdecken und vorleben!

  • HF
    Helmut Fuchs

    Hm. Hat Herr Denk den Film gesehen? Oder einfach einen Text anhand der Vorveröffentlichungen geschrieben?

     

    Düster ist der Film m.E. nicht. Es gibt einige interessante Interviews, die es möglich machen, sich Rock Hudson als Menschen aus Fleisch und Blut vorzustellen. Andererseits fehlen eine Menge Menschen aus Roy Fitzgeralds Leben, ohne die diese Dokumentation seltsam gescheitert anmutet - Taylor und Day geben keine Interviews mehr, andere stellten absurde Gagenforderungen.

     

    Nervtötend ist die Eitelkeit mit der die Filmemacher ihren Film vor das Thema des Films stellen, oft Gestaltung zum Selbstzweck machen. Außerdem ist ein großer Teil der Interviews unter einer überlauten Musiksoße erstickt - Burt Lancaster z.B. verliest eine persönliche Erklärung Hudsons, die kaum verständlich bleibt, weil die Musik alles überdeckt. Überhaupt hatte ich den Eindruck, dass die Filmemacher kein Vertrauen in ihr Material hatten, so penetrant wird Musik als Klammer über alles gepresst.