Berlinale-Kolumne Was bisher geschah: Warten auf die A- bis E-Promis
Beim Eröffnungsempfang der Berlinale wird fein gegessen, viel getrunken und beim Rauchen gefroren. Beobachtungen um den Berlinale-Palast.
B ärenclub. Klingt nach schwulem Kellerfickschuppen, ist aber die Edelbar im Untergeschoss des Berlinale Palastes am Potsdamer Platz. Noch recht leer, die Eröffnungsgala läuft wohl noch. Immerhin keine Schlange an der Bar. Sekt bitte. Ham wa nicht. Weißwein? Gerne.
Ich lese die Speisekarte des Eröffnungsempfangs der Berlinale. „Pistol Waller Wels Filet auf Alb-Leisa-Kartoffeleintopf. Griesflammerle auf Zwetschgenragout.“ Eben war ich noch auf der taz-Feier, ein Kollege verabschiedete sich zu Kartoffelsalat und Bier. Hier haben die Köche hohe weiße Mützen, man sitzt auf mit weißem Leder bezogenen Barhockern, wird von vornehm agierenden Kellnern bedient.
Alle warten. Darauf, dass was passiert. Dass ein Promi kommt oder wenigstens der Weißwein einschlägt. Hoch die Tassen!
Langsam füllt sich das verschlungene Haus. Die Gala ist vorbei, der Eröffnungsfilm „Django“ gezeigt. Im Foyer drängen sich alle ums Buffet. Vor den Tischreihen werden A- bis E-Promis interviewt und fotografiert. Mario Adorf trägt einen weißen Schal, Mathias Döpfner sieht schlecht gelaunt aus, Sibel Kekilli zeigt viel Rücken im Kleid, Barbara Hendricks plaudert mit Dunja Hayali.
Ich bin der einzige Mann, der nicht Anzug trägt, sondern Pullover. Immerhin meinen schönsten. Schlicht, schwarz, mit gewitztem Dreieckausschnitt. Nur die Fotografen sind noch mehr underdressed in ihren Trainingsjacken. Und haben noch mehr Stress. Faszinierend, diese Choreografie. „Hierher bitte. Mario, hierher.“ 30 Sekunden Blitzlicht, der Nächste bitte.
„Noch ein Wein?“
Vor der Tür drängen sich die Raucher um zwei kleine Heizpilze. Morgen werden viele erkältet sein. Ein ZDF-Schauspieler übergibt einer ZDF-Schauspielerin sein Jackett, und ein ZDF-Moderator zündet sich die zweite Marlboro hintereinander an. Ich rauche Selbstgedrehte.
„Was machen Sie denn so?“ – „Ich habe eine Film produziert, der im Panorama läuft. Noch ein Wein?“
„Wie war der Film?“ – „Öde. Nur der Schluss war schön.“
„Die AfD nervt.“ – „Ja.“
Ich esse Wels, der erst auf dem Eintopf schwimmt, dann abtaucht. Noch ein Wein.
Draußen harren Autogrammjäger hinter den Absperrgittern aus. Schauspieler Burghart Klaußner unterschreibt geduldig, bevor er in eine der Shuttlelimousinen steigt, von denen Dutzende auf Kundschaft warten. Ich überlege kurz, ob mich eine von ihnen nach Hause nach Neukölln fahren würde. Aber wahrscheinlich fehlt mir dafür das Spezialbändchen. Also Fahrrad. Bei minus fünf Grad, gefühlt weniger. Meine Ohren erfrieren beinahe. Fast überfahre ich drei Hasen – mitten in Kreuzberg.
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