Berlin braucht mehr Grünflächen: Das bisschen Regen
Der Regen tut der Stadt gut – doch er reicht nicht für gutes Klima in der Stadt. Bäume und Grasflächen sollten trotzdem gegossen werden.
Mit Plätschern einzuschlafen und aufzuwachen erzeugt ein beruhigendes Gefühl. Endlich regnet es! Stadtbäume und Parks werden gleichmäßig nass. Für Landwirtschaft und Bäume ist das gut. Vögel sind vor dem Verdursten gerettet. Allergiker freuen sich über die gereinigte Luft. Ist das Stadtklima jetzt also gerettet?
„Für die Stadtklimatologie reicht das nicht aus“, sagt die Meteorologie-Professorin Sahar Sodoudi von der Freien Universität. „Wir brauchen jeden Tag so etwas.“ Flächige und länger andauernde Schauer wie am Mittwoch und Donnerstag seien zwar dringend notwendig, vor allem für die Bäume. Prognosen zeigten aber, dass es bald wieder wärmer werde. „Kurzzeitige Regen bringt nicht so viel gegen die Trockenheit.“
Sodoudi beschäftigt sich mit der Wechselwirkung zwischen Mikroklima und Urbanisierung, also mit der Temperatur- sowie Feuchteverteilung in der Stadt und den Wirkungen von Grünflächen. In Berlin gebe es Temperaturunterschiede bis zu 8 Grad Celsius je nach Standort.
So kühle es in der Elisabethaue im Norden, wo es viele offene Felder gibt, bei Tagestemperaturen von über 30 Grad trotzdem nachts auf etwa 16 Grad Celsius ab. Gleichzeitig sei es im dicht bebauten Moabit 8,4 Grad wärmer. „Der Grund dafür ist die Versiegelung, also die Abwesenheit von Grünflächen“, weiß Sodoudi. Die Versiegelung führe zu sogenannten Wärmeinseln, weil Oberflächen am Tag Wärme aufnehmen und in der Nacht wieder abgeben.
Dem „städtischen Wärmeinseleffekt“ stünden „Kälteinseln“ in Parks gegenüber. Obwohl der Grünflächenanteil in Berlin bei 44 Prozent liegt, bringen sie nur Abkühlung, wenn sie bewässert werden. Die größte Verdunstungskälte liefern Bäume, auch durch den Schatten, den sie spenden.
Grasflächen so wichtig wie Bäume
Ebenso wichtig für die Abkühlung seien Grasflächen. Doch seien diese erst einmal vertrocknet, wirkten sie wie eine Versiegelung und verstärkten die Intensität der Wärmeinseln, sagt Sodoudi: „Vertrocknete Rasenflächen können heißer werden als Asphalt. Wenn Grünflächen nicht bewässert werden, brauchen wir sie nicht.“
Zudem sei der „Kälteinsel-Effekt“ von Grünflächen nur lokal, betont Sodoudi. „Der Tiergarten ist toll, aber er bringt keine Abkühlung für Steglitz.“ Kleine Parks oder Grünflächen müssten überall in der Stadt verteilt sein. Sie sieht die Berliner deshalb in der Pflicht, Grünflächen und Straßenbäume zu bewässern. „Wenn wir das nicht machen, werden wir in zwanzig Jahren ein anderes Stadtklima haben.“
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