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Berlin als Bankeinlage

■ Das Immobilienvermögen des Landes soll aktiviert werden, doch niemand weiß, wieviel Grundstücke ihm gehören. Gefahr, daß Private das Vermögen verramschen

Der letzte Finanzsenator und jetzige Wirtschaftsenator Elmar Pieroth (CDU) hat seiner sozialdemokratischen Nachfolgerin Annette Fugmann-Heesing nicht nur eine geplünderte Haushaltskasse übergeben. Auch das Tafelsilber des Landes hat er ungeordnet und ungezählt hinterlassen. Das Land hat bis heute keinen Überblick darüber, welche Grundstücke und Gebäude ihm eigentlich gehören und wie sie zur Zeit genutzt werden. In Zeiten, in denen sich Berlin von einer Sparrunde zur nächsten quält und brachliegendes Immobilienvermögen aktiviert werden soll, wäre dies jedoch dringend notwendig. Nun werden von Politik und Wirtschaft Vorschläge lanciert, in denen es darum geht, wer den Schatz der Landesliegenschaften orten, heben und schließlich verteilen soll.

Daß die Senats- und Bezirksverwaltungen dies „professionell“ erledigen können, scheint selbst die sozialdemokratische Finanzsenatorin nicht zu glauben. Wie sonst ist der Vorschlag zu verstehen, den sie den überraschten Genossen auf dem Landesparteitag der SPD unterbreitete? Sie will „alle Berliner Liegenschaften und Mietobjekte einer privaten Verwaltungsgesellschaft übergeben“, um „sie professionell bewirtschaften zu lassen“. Ihr scheint es dabei allerdings nicht allein darum zu gehen, die landeseigenen Objekte privat verwalten zu lassen. Denn im gleichen Atemzug erklärte die Senatorin, daß somit in ihrer „Verwaltung eine große Abteilung wegfällt“. Die einzige Abteilung, die die Senatorin gemeint haben kann, verwaltet die Landesimmobilien nicht – sie ist für deren Verkauf zuständig. Und sie ist momentan damit beschäftigt, die Landesliegenschaften zu erfassen.

Denn bisher weiß man dort zum Beispiel nicht, ob die anderen Senatsressorts und die Bezirke die von ihnen verwalteten Gebäude und Grundstücke überhaupt noch nutzen. Die Bezirke hatten in der Vergangenheit kein Interesse daran, mit nicht mehr selbstgenutzten Liegenschaften heraußzurücken. Nicht zuletzt, weil sich mit der Verwaltung der Liegenschaften auf Bezirksebene etliche Planstellen verbinden, die kein Bezirksbürgermeister ohne weiteres aufgibt. So werden von den Bezirksjugendämtern einstige Kitagebäude verwaltet, in denen schon lange keine Kitas mehr untergebracht sind. Erst seit letztem Jahr ist es für die Bezirke lukrativ, sich von solchen Immobilien zu trennen: Sie werden nun am Verkaufserlös beteiligt.

Im Juni dieses Jahres hat die Liegenschaftsabteilung im Finanzressort damit begonnen, Erfassungsbögen an die verschiedenen Verwaltungen zu schicken. In einem Bericht an den Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses schreibt Fugmann-Heesing nun, daß die zurückgekommenen Bögen „wegen teilweiser unterschiedlicher Unvollständigkeiten nicht aussagekräftig sind“. Und längst haben noch nicht alle Verwaltungen die Fragebögen zurückgeschickt.

Michaele Schreyer, finanzpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, interpretiert den Vorstoß der Finanzsenatorin auf dem Landesparteitag als „Kapitulation vor den Schwierigkeiten mit einer von CDU-Leuten durchsetzten Verwaltungsabteilung“. Sie hält die Übergabe des Landesvermögens an eine private Gesellschaft für „sehr problematisch“. Dann könne man Berlin ja gleich „als Bankeinlage betrachten“.

Genau für diese Lösung macht sich die Industrie- und Handelskammer (IHK) stark. IHK-Präsident und Schering-Aufsichtsrat Horst Kramp fordert die Gründung einer Treuhandgesellschaft, die das Landesvermögen erfassen, bewerten und schließlich Verkaufsvorschläge machen soll. Die IHK selbst will dabei „mitarbeiten“ und das „wirtschaftliche Know-how Berliner Unternehmen“ einbringen, wie es in einem IHK-Papier heißt. Die IHK verweist darin auf auf „Erfahrungen“, die in Hamburg zur Zeit mit einer sogenannten „Asset GmbH“ gemacht werden. In der Hansestadt hat im Februar die neugegründete Asset-Management-Consult- GmbH (AMC) damit begonnen, das Hamburger Landesvermögen zu durchforsten. Zweck der Übung auch hier: Gebäude, Grundstücke und Beteiligungen verhökern, um Löcher im Landeshaushalt zu stopfen. Als Geschäftsführer der AMC wurden in die Jahre gekommene Manager ernannt, unter anderem ein ehemaliges Vorstandsmitglied des Springer-Verlags.

Die AMC ist eine hundertprozentige Tochter der Hamburgischen Landesbank – ein Modell, das auch die Bankgesellschaft Berlin (zu der die hiesige Landesbank gehört) goutieren dürfte. Schließlich gibt es im gleichen Haus auch Immobilien- und Investmentgesellschaften. Nach Ansicht von Michaele Schreyer täte die Bankgesellschaft nichts lieber, als „sich das Landesvermögen unter den Nagel zu reißen“. Fugmann-Heesings Pressesprecher wollte gegenüber der taz weder den Vorschlag der Finanzsenatorin noch den der IHK kommentieren. Christian Meseth

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