Bericht zu Konfliktrohstoff Phosphat: Raubbau in besetzter Sahara
Marokko weitet die Ausbeutung der Phosphatvorkommen in den Westsahara-Gebieten noch weiter aus. Aber auch eine Gegenkampagne zeigt Wirkung.
Für die Vereinten Nationen gilt die Ausbeutung von Bodenschätzen in der Westsahara als Verstoß gegen internationales Recht. Die lokale Bevölkerung hat weder zugestimmt, noch ist sie an den Gewinnen beteiligt. Zudem verhindert Marokko auch wegen dieses Geschäftes bis heute eine 1990 unter UN-Aufsicht mit der Befreiungsbewegung Polisario vereinbarte Volksabstimmung über die Zukunft des Landstrichs.
2021 hätten 26 Schiffe insgesamt 1,4 Millionen Tonnen Phosphatgestein illegalerweise abtransportiert, schreiben die AutorInnen. In den beiden Jahren davor waren es jeweils 1 Million Tonnen. Die Steigerung geht auf einen neuen Abnehmer zurück: 27 Prozent der exportierten Menge landete beim Konzern Innophos in Mexiko. Da sich zugleich die Phosphatpreise verdoppelten, würden „die illegalen Exporte zunehmend lukrativer“, so der Bericht. Der Wert des 2021 verkauften Gesteins lag bei 349 Millionen US-Dollar, das ist gut doppelt so viel wie 2020. Großabnehmer sind neben Mexiko Indien, China, Neuseeland und die USA.
So geht das Gestein an Tochtergesellschaften des marokkanischen Phosphatunternehmens in Irland und Indien. Daneben beliefert Marokko aber auch die großen Düngemittelhersteller, etwa die neuseeländischen Konzerne Ballance Agri-Nutrients und Ravensdown oder die Eurochem Group, die in Russland, der Schweiz und Estland beheimatet ist. WSRW verdächtigt auch die japanische Itochu Corp, 2021 12.000 Tonnen Phosphatgestein gekauft zu haben.
Die Transportschiffe fahren meist unter Billigflaggen, einige Frachter kamen nach Angaben der NGO aber auch aus den USA und selbst aus Deutschland. Bei der Arbeit in den Minen werde unter anderem Ausrüstung von Siemens, Caterpillar oder ThyssenKrupp genutzt, sodass auch diese Unternehmen an dem Raubbau mitverdienten.
Eine Million Tonnen Düngemittel jährlich
Bisher verkauft Marokko nur den Rohstoff. Um mehr Gewinn zu erzielen, ist in Bucraa nun eine Aufbereitungsanlage für 2 Milliarden US-Dollar geplant. Sie soll jährlich eine Million Tonnen Düngemittel produzieren.
Mit der Kampagne gegen die Plünderung der Phosphatvorkommen in der Westsahara hat WRSW bereits erste Erfolge erzielt: Verschiedene Fonds zogen ihre Investitionen aus Firmen ab, die Gestein aus den Minen abnehmen. „Unternehmen, die Phosphat aus der Westsahara kaufen, unterstützen in Wirklichkeit die Präsenz Marokkos auf dem Territorium, da […] davon ausgegangen werden muss, dass die Einnahmen aus dem Betrieb größtenteils an den marokkanischen Staat fließen“, begründet etwa der Ethikrat des Pensionsfonds der norwegischen Regierung, warum er seit 2015 keine Aktien beteiligter Unternehmen aufnimmt.
Und der staatliche schwedische Pensionsfonds AP-Fonden schloss Phosphatunternehmen, die mit Marokko handeln, aus dem Portfolio mit der Begründung aus, „die Westsahara ist seit 1975 unter marokkanischer Besatzung und steht auf der Liste der nicht selbstverwalteten Gebiete der Vereinten Nationen, die entkolonialisiert werden sollten“.
Dieser Druck auf die Geldgeber zeigt Wirkung. „Die gute Nachricht für das Jahr ist, dass das chinesische Unternehmen China Molybdenum seinen Investoren versprochen hat, keine erneuten Importe in seine Tochtergesellschaft in Brasilien vorzunehmen“, heißt es im WSRW-Bericht. Und in Neuseeland erforsche Ravensdown „Wege, um Westsahara-Felsen zu vermeiden“.
Dennoch gibt es neben dem Import von Innophos nach Mexiko weitere Beispiele in die genau entgegengesetzte Richtung. Für Ballance Agri-Nutrients aus Neuseeland verzeichnet „P wie Plünderung“ den „höchsten jährlichen Kauf seit Beginn der täglichen Überwachung durch WSRW im Jahr 2011“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen