Bericht über westliches Iran-Netzwerk: Experten in der Kritik

Medien werfen einem Netzwerk von Iran-Analyst*innen vor, von Teheran gesteuert worden zu sein. Die sprechen von Unwahrheiten und einer Hetzjagd.

Iran, Teheran: Als Protest gegen den Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen verbrennen Abgeordnete im iranischen Parlament zwei Stücke Papier. Das eine zeigt die amerikanische Flagge, das andere soll eine symbolische Kopie des Atomabkommens sein

2018 war die Empörung im Iran groß, dass die USA das Atomabkommen aufgekündigt haben Foto: picture alliance

BERLIN taz | Der iranische Exilsender Iran International will Einsicht in Tausende brisante E-Mails erhalten haben. Dem Sender zufolge legen sie die Existenz eines 2014 gegründeten Experten-Netzwerks in den USA und Europa offen. Das hat ohne Zweifel existiert. Aber es soll darüber hinaus vom Regime in Teheran „geformt und gesteuert“ worden sein.

Im Mittelpunkt stehen Iran-Expert*innen aus den USA, die Zugang zu US-Regierungskreisen haben. Auch ein deutscher Experte spielt eine Rolle. Die Erwähnten plädieren grundsätzlich für eine diplomatische Lösung des Atomkonflikts mit Iran in Form eines Atomabkommens – eine Position, die unter anderem von der US-Administration unter Donald Trump abgelehnt wurde. Unter ihm traten die USA aus dem Atomabkommen von 2015 aus. Aber auch in europäischen Hauptstädten mehren sich Stimmen, die ein Atomabkommen ablehnen.

Ziel der „Iran Experts Initiative“ (IEI), über die Iran International gemeinsam mit der US-Nachrichtenseite Semafor berichtet, sei gewesen, über internationale Ex­per­t*in­nen und Thinktanks Einfluss auf westliche Ent­schei­dungs­trä­ge­r*in­nen zu nehmen. Brisant ist, dass drei der erwähnten US-Ex­per­t*in­nen eng mit Robert Malley zusammengearbeitet haben, dem früheren Iran-Sondergesandten der US-Administration unter Präsident Joe Biden.

Kürzlich erst wurde Malley beurlaubt, weil es Fragen bezüglich seines Umgangs mit sensiblen Dokumenten gegeben haben soll. Derzeit läuft eine FBI-Untersuchung. Ob ein Zusammenhang mit der IEI besteht, wollte ein Sprecher des US-Außenministeriums am Dienstag nicht sagen. Malley war maßgeblich an den Atomverhandlungen mit Iran beteiligt.

Die Recherche basiert Iran International und Semafor zufolge auf E-Mails und anderer Kommunikation aus dem iranischen Außenministerium sowie zwischen Di­plo­ma­t*in­nen und Iran-Expert*innen aus den Jahren 2003 bis 2021. Den E-Mails zufolge gehörte zur IEI auch die heutige Pentagon-Mitarbeiterin Ariane Tabatabai sowie Ali Vaez, ein Analyst des einflussreichen US-Thinktanks „International Crisis Group“.

Artikel-Entwurf nach Teheran geschickt

Vaez dementierte in einer Reihe wütender Posts auf X, dass Iran über die IEI Einfluss genommen habe. Er sieht eine „Hetzjagd“ und spricht von einem „einheitlichen Muster: wiederholte Behauptungen, Anspielungen, falsche Darstellungen, die darauf abzielen, einzelne Personen anzugreifen. Nichts davon ist wahr.“

Er bestätigte allerdings nicht nur die Existenz der IEI, sondern auch, dass er einen seiner Iran-Artikel vor Veröffentlichung mit einem hochrangigen Bediensteten des iranischen Außenministeriums geteilt habe. In seiner Mail soll Vaez geschrieben haben: „Ich freue mich auf Ihre Kommentare und Ihr Feedback.“ Auf X erklärte er nun, er habe den Entwurf „aus Höflichkeit“ nach Teheran geschickt; der Artikel sei später ohne wesentliche Änderungen veröffentlicht worden.

Die Crisis Group ließ laut Iran International in diesem Zusammenhang mitteilen, dass Ana­lys­t*in­nen ermutigt würden, relevante Textpassagen mit Involvierten zu teilen. Artikel würden jedoch selbstverständlich nicht zur Abnahme vorgelegt. Die IEI, heißt es weiter, sei eine „informelle Plattform“ gewesen, die von europäischen Institutionen und einer europäischen Regierung finanziell unterstützt worden sei.

Dem deutschen Iran-Experten Adnan Tabatabai werfen Iran International und Semafor vor, dem iranischen Außenministerium angeboten zu haben, dass IEI-Mitglieder Artikel über die Atomverhandlungen verfassen, die dann im Namen iranischer Offizieller veröffentlicht werden.

Gegenüber Iran International wies Tabatabai die Vorwürfe zurück. Die Berichte basierten auf Unwahrheiten und Falschannahmen; die E-Mails seien nicht echt. Tabatabai steht in Deutschland seit Monaten in der Kritik. Das Medienportal Übermedien suggerierte im vergangenen Jahr, Tabatabai arbeite für das iranische Regime, Beweise legte es allerdings nicht vor.

In den USA haben die Berichte über IEI zu Reaktionen ranghoher Po­li­ti­ke­r*in­nen geführt: „Die Amerikaner haben sich zu Recht gefragt, warum die Biden-Administration dem iranischen Regime so freundlich gesinnt ist und warum Beamte der Biden-Administration den nuklearen Fortschritt und den Terrorismus im Iran unterstützt haben“, schrieb der republikanische Senator Ted Cruz.

„Diese Berichte und E-Mails deuten auf eine umfangreiche iranische Einflussnahme hin“, so Cruz weiter. Die Biden-Regierung müsse nun die Sicherheitsfreigaben von allen US-Beamten auszusetzen, die mit der IEI in Verbindung stehen. Cruz ist ein vehementer Gegner einer möglichen Wiederbelebung des Atomabkommens, die Biden nicht ausschließt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.