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Bericht des BundesrechnungshofsFinanzbehörden schonen Burgerbrater

Mehr als vier Milliarden Euro pro Jahr könnte der Bund zusätzlich erwirtschaften, wenn er sein eigenes Steuerrecht ernst nähme, sagt der Bundesrechnungshof.

Entscheidende Frage: Mitnehmen oder hier essen? Bild: ap

Fragt die schnelle Burger-Verkäuferin an der Kasse: "Mitnehmen oder hier essen?" Allein diese täglich tausendfach gestellte Frage ist für McDonalds, Burger King und andere Schnellrestaurants Millionen Euro wert. Ist sie doch eine Rechtfertigung für die steuerliche Begünstigung des "Außer-Haus-Verkaufs" mit der niedrigen Umsatzsteuer von sieben Prozent – egal ob der Whopper außerhalb der Filiale oder drinnen am Tisch verzehrt wird, wo eigentlich der hohe Steuersatz von 19 Prozent fällig wäre.

Diese und andere offensichtliche Ungereimtheiten der Steuerpolitik listet der Bundesrechnungshof in seinem Bericht 2009 auf. Die Botschaft an die Adresse der Bundesregierung: Mindestens fünf Milliarden Euro pro Jahr könnte alleine der Bund mehr erwirtschaften, wenn er seine Gesetze richtig und konsequent anwendete. Den Missbrauch des vermeintlichen Außer-Haus-Verkaufs zu unterbinden würde beispielsweise 520 Millionen Euro bringen.

Seltsamerweise lässt auch das Bundeszentralamt für Steuern den Firmen und Bürgern sehr viel durchgehen. Millionen Meldungen über ausländische Zinszahlungen zugunsten deutscher Steuerzahler gehen jährlich beim Zentralamt ein. Dort allerdings bleiben sie liegen. Niemand schickt sie an die zuständigen Finanzämter der Bundesländer weiter.

Ob die Wohlhabenden und Reichen also Steuern zahlen? Vielleicht ja, vielleicht nein. Man weiß es nicht. Überprüfungen finden kaum statt. Möglicher Steuerausfall für den Staat: gut und gerne drei Milliarden Euro pro Jahr.

Da kann auch Dieter Engels, der Präsident des Rechnungshofes, nur den Kopf schütteln. Nein, einen plausiblen Grund für solche Großzügigkeit kenne er nicht. Möglicherweise leide das Zentralamt unter Personalnot, so Engels. Jedenfalls gab der oberste Finanzprüfer der Bundesregierung am Dienstag einen dringenden Rat.

Anstatt die Steuern zu senken und weitere Etatlöcher zu produzieren, möge man doch bitte den Haushalt in Ordnung bringen. Leider sei aber "eine konkrete Strategie zur Sanierung der öffentlichen Finanzen bislang nicht erkennbar", bemängelte Engels.

Neben dem freiwilligen Verzicht auf Einnahmen beschreibt der Rechnungshof Dutzende überflüssige Ausgaben. Die Liste beginnt mit den 168 Millionen Euro, die die Bundeswehr für die Entwicklung eines unbemannten Flugobjektes ausgab, das niemals eingesetzt wurde und endet noch lange nicht mit dem Neu- und Umbau des Bundesumweltministeriums in Berlin. Das vermeintlich energiesparende Gebäude birgt nach Informationen des Rechnungshofes mehrere überdachte Innenhöfe, die aufwendig beheizt und gekühlt werden müssen.

Aber es gibt auch Lichtblicke. Manchmal nehmen die Ämter und Behörden die Hinweise der staatlichen Finanzprüfer an. So wird die Energie für die Bundesgebäude bald zentral eingekauft, was erhebliche Ersparnisse mit sich bringen soll.

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20 Kommentare

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  • T
    taxxess

    Es sollte einmal festgestellt werden, dass die vom Bundesrechnungshof aufgeworfenen Fragestellungen zur Umsatzsteuer nahezu deckungsgleich mit den Positionen der Hamburger PIRATEN sind.

     

     

     

    Die PIRATENPARTEI Landesverband Hamburg hatte den Hamburger Bürgermeister, Herrn von Beust, bereits am 17.06.2010 in einem offenen Brief diesbezüglich angeschrieben und eine detaillierte, nunmehr vom Bundesrechnungshof bestätigte Liste von zu korrigierenden Umsatzsteuerpositionen übersandt.

     

     

     

    Gern wird den PIRATEN vorgeworfen, dass sie zu sehr auf das Internet focussiert seien. Es mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben, ob dem so ist oder nicht – Tatsache ist jedoch, dass dies die PIRATEN nicht hindert, das Offensichtliche zu erkennen – und dies vor den sog. etablierten Parteien und vor dem Sonderbericht des Bundesrechnungshofes.

  • G
    GonZoo

    Die ermäßigte MwSt für Mitnahmefutter ist eine Vermüllungsprämie: die Gastronomen bekommen eine Provision dafür, daß sie ihren Kunden unnötige Verpackungen geben, mit denen dann in einem Kilometer Umkreis die Gegend vollgemüllt wird.

  • L
    Leser

    Warum nicht einfach einen Mehrwertsteuersatz für Alles, ohne Ausnahme? Bin ja kein Experter, aber 15% pauschal ohne den Aufwadn für die Ausnahmen bringt vermutlich mehr als 19%/7%.

  • AB
    Anke B

    Was für ein Quatsch, als ob MC Donald und Co. bevorteilt würden. Außer Haus Verzehr wird mit 7% besteuert, das merkt der Bürger beim Pizzaservice, an der Döner Bude, bei Edeka am Bäckertresen und bei der Kneibe um die Ecke wenn er sich einen halben Hahn holt. Wer will das ändern?

  • M
    manns

    Das Zeug aus den FastFood-Ketten nennst du "Nahrungsmittel"? Der ganze Fastfood-Kram sollte genauso wie Schokolade als "Genußmittel" deklariert und mit den vollen 19% besteuert werden. Nicht umgekehrt.

  • DK
    Dietrich Kausal

    Da es in Deutschland keinen Lobbyismus gibt, frage ich mich auch, wie es dazu kommen kann.

  • S
    Stalinist

    Mal wieder typisch für die Kommentare hier: Ein Burger soll nicht den gleichen Steuersatz als andere Lebensmittel haben, weil er ungesund ist. Ebenso Schokolade. Schokolade = böse. Die Menschen bei ihren Essgewohnheiten umzuerziehen ist wieder mal nur der erste Schritt, ich möchte gar nicht wissen, was in den Fantasien solcher Leute vorgeht.

  • K
    Kommentator

    Unglaublich!

     

    Aber nach all den Skandalen um Steuerfahnder, die jährlich Millionen erarbeiten würden - und damit Einnahmequellen für Haushalt und Gerechtigkeit wären - wundert mich nix mehr.

     

    Nicht mal mehr Politker mit 16 Nebentätigkeiten und "Parteispenden"-, "Bonusmeilen-", "Dienstwagen-"Affären, "Jüdische Vermächtnisse" hier, "Peanuts" dort, hier Stiftungen, dort Steueramnestie für arme "Steuerflüchtlinge" und "Steuerwettbewerb" an allen Orten.

    Die armen "Leistungsträger"!

     

    Die Eliten aus Politik und Wirtschaft sind durch und durch korrupt und bedienen selbst wieder korrupte Macht- und Geldeliten.

     

    Der real existierende Asozialismus im 21. Jahrhundert.

     

    Und IHR* wählt die noch? *kopschüttel* Arm.

     

    * bewusst-procokative unzulässige Verallgeminerung.

  • PW
    packen wir an

    Der Rechnungshof prangert zu Recht die Steuergeschenke auf Pump an. Denn die eingesetzten Milliarden werden keine nachhaltige Erholung der Wirtschaft generieren. Da Deutschland sehr exportorientiert ist, wird das Geld schnell Deutschland verlassen und daher kaum einen spürbaren Effekt am Arbeitsmarkt hervorrufen. Langfristig werden aber die Zinszahlungen stärker Schaden, als uns das kurze Strohfeuer genutzt hat.

     

    Richtig wäre endlich die Ursachen der Arbeitslosigkeit und Wirtschaftskrise anzugehen, als immer nur die Auswirkungen mit neuen Schulden zu mildern.

     

    Wenn wir die Arbeitslosigkeit endgültig besiegen, haben wir in Deutschland ca. 150 Milliarden Euro pro Jahr, die wir für massive Steuersenkungen mit gleichzeitigem Schuldenabbau nutzen können.

     

    Dies ist wirklich möglich !

     

    Mehr dazu

     

    http://www.arbeitslosigkeit-besiegen.de

  • S
    Skaninchen

    Guten Abend,

     

    @Dieter: Ich finde den Artikel aus der FR sehr interessant, nur leider behandelt er ein ganz anderes Thema. Mal davon abgesehen dass der Artikel aus der FR kein Artikel sondern ein Kommentar ist. Er befasst sich mit der Bewertung von Steuern sowie deren Sinn für die Gesellschaft mit Hinblick auf des Berichtes des BRH.

    Der Taz Artikel ist auch sehr interessant, hat aber eine ganz andere Perspektive. Hier wird ausschließlich über das Urteil des BRH berichtet sowie konkretisiert was das genau heisst.

    Ich habe Kritik wie in der FR schon häufiger in der Taz gelesen. Doch dann kommt in den Komentaren die bemerkung zu abstrakt oder dergleichen... Wenn man will findet man immer was auszusetzen...

     

    Grüße

    das Skaninchen

  • A
    anton

    ich hatte mit schon immer etwas gewundert, wenn die bei mc doof auch wenn man sagt "ich esse hier" das als "außer haus" deklariert haben. das gleiche bei starbucks und co... ja also entweder konsequent anwenden und die unterscheidung eliminieren...

  • DD
    Dieter Drabiniok

    Wo ist die verknüpfbare Kritik zu dem Missverhältnis Steuer- zu Sozialfahnder? Die Bewertung der weiteren schallenden Ohrfeige für schwarz/gelb durch den Bundesrechnungshof? Eure Schwerpunktsetzung, orientiert sich für meinen Geschmack zu sehr auf die Überschriftenschlacht mit der BLÖD. Sorry!

  • DD
    Dieter Drabiniok

    @julia seeliger

    Liebe Julia, du hast recht: Inhaltlich ist mein Kommentar auf dem Niveau des Burgerkritikers. Ich wollte und werde mich auch jetzt nicht ereifern. Bitte lies einfach, worum es in dem Rechnungshofes ging.

    Frankfurter Rundschau

    Bettler in Spendierhosen

    Von Stephan Hebel

  • 3G
    372 (Profil gelöscht)

    Dieter, wir alle bei der "taz" wären dir womöglich dankbar, wenn du deine Kritik konkretisieren würdest. So sagt zumindest mir das nämlich überhaupt nichts, sondern ist nur argumentbefreites Geschimpfe. Man könnte es gar auf eine Ebene mit "Boulevard" stellen.

  • DD
    Dieter Drabiniok

    Und schon wieder Boulevard, liebe taz!

     

    Bevor ich mich ereifere, empfehle ich den Kommentar eines JOURNALISTEN in der FR zum Bericht des Rechnungshofes! Burger, ich fasse es nicht!

  • AC
    Ali Capone

    einfach gar keine burger mehr essen.

    (blöd: gilt leider auch für döner)

  • P
    peterb70@web.de

    Es ist eigentlich ganz einfach, zum täglichen Leben brauchen wir keine Burger, keine Schokolade und keine Eiskrem. Ich verstehe zu dem auch nicht, warum jemand der kein Haustier hat, mir meinen Casper (mein Schäferhund) subventionieren soll. Ich esse zwar saumäßig gerne Schokolade,bin aber auch bereit den volllen Mehrwertsteuersatz zu zahlen, weil ich es eben als Genussmittel empfinde. Zumal kostet Schokolade in unsreren Nachbarländern bei weitem mehr.

    Der Staat würde viel mehr mehr einnehmen, wenn er die Umsatzsteuer gerecht umgestalten würde.

  • B
    Bate75

    7% MwST auf einen bekackten Burger ausser Haus, aber dafür 19% auf eine bekackte Windel.

    Danke Toitschland!

  • J
    junkfoodschnecke

    Es sollte wohl heißen:

     

    Höhere Steuern für Bürger und Burger. Denn wenn die Bürger für Burger mehr zahlen können sich die Politker mehr Kaviar leisten.

  • KK
    Klaus Keller

    Den Missbrauch des vermeintlichen Außer-Haus-Verkaufs zu unterbinden würde beispielsweise 520 Millionen Euro bringen....

     

    oder umgekehrt der Bund hat ungerechtfertigt Mehreinnahmen weil er die Nahrungsmittel die im Restaurant verzehrt werden höher besteuert.

     

    Mehrwertseteuer 7 % auf alle Nahrungsmittel egal wo sie gegessen werden würde das Problem auch lösen.

     

    klaus keller hanau