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Berater für EU-KommissionSuche nach den „Siebengescheiten“

Die EU-Kommission will ein neues wissenschaftliches Beratergremium aufstellen. Dafür werden jetzt sieben Forscher gesucht.

Die umstrittene britische Professorin Anne Glover war wissenschaftliche Beraterin der EU-Kommission. Foto: imago/Michael Schulz

Berlin taz | Die EU-Kommission in Brüssel will für ihre politischen Entscheidungen weiterhin wissenschaftlichen Sachverstand nutzen, weiß aber nicht so recht, wie. Nachdem der vormaligen Wissenschaftsberaterin Anne Glover nach Differenzen über die Gentechnik vom neu gewählten Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, Ende letzten Jahres der Stuhl vor die Tür gestellt wurde, wird nun nach einer Nachfolgelösung gesucht.

EU-Forschungskommissar Carlos Moedas hat eine Findungskommission eingesetzt, die bis Oktober sieben Mitglieder eines neuen Gremiums mit dem sperrigen Namen „Scientific Advice Mechanism“ (SAM, Wissenschaftlicher Beratungs-Mechanismus) benennen sollen. Ob die Kür der „Siebengescheiten“ die EU-Politik wirklich klüger machen kann, wird von Experten bezweifelt.

Mit dem Ende der „Ära Glover“ war das britische Modell der Wissenschaftsberatung in Brüssel gescheitert. In London hat es lange Tradition, dass ein Mitglied der Wissenschaftsakademie „Royal Society“ der Regierung bei bestimmten Sachfragen die Position der Forschungswelt aufbereitet und zugänglich macht. In Deutschland wie auch den meisten anderen Ländern wird dagegen wissenschaftliche Expertise in der Regel über Institutionen, wie Akademien oder Expertenkommissionen, in die Politik transferiert.

Das neue Brüsseler SAM-Modell rückt von der Ein-Personen-Beratung ab und führt unterschiedliche Disziplinen und Nationalitäten in einem siebenköpfigen Wissenschaftsrat zusammen. Die derzeitige Kandidatensuche leitet der frühere „Chief Scientist“ der britischen Regierung, David King.

„Die EU ist mit großen Herausforderungen konfrontiert, die jeweils viele soziale, ökonomische, technologische und politische Komponenten haben“, merkt Martin Kowarsch vom Mercator Forschungszentrum für globale Commons und Klimawandel (MCC) in Berlin an und nennt an Beispielen die Energie- und Klimapolitik, Finanzkrise und Aufgaben im Gesundheitswesen.

Mit dem Ende der Ära Glover war das britische Modell der Wissenschaftsberatung in Brüssel gescheitert

„Eine kleine Expertengruppe kann diese Komplexität nicht immer erfassen“, sagte Kowarsch gegenüber der taz. Das aus seiner Sicht am besten entwickelte Modell der Politikberatung ist der Weltklimarat IPCC. Aus Ergebnissen der Klimaforschung werden in einem langwierigen Prozess Empfehlungen für die Klimapolitik destilliert. In ähnlicher Weise wurde vor drei Jahren ein Assessment-Panel für Fragen rund um die Biodiversität gegründet, die Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) mit Sitz in Bonn.

Mehr Transparenz

Hinzu kommt die Werteproblematik, von der etwa die Diskussion über die grüne Gentechnik seit Langem geprägt ist. „Um mit den unausweichlichen Werturteilen in der Politikberatung demokratischer umzugehen, sollte ein wissenschaftliches Gremium solche Werturteile transparenter machen“, empfiehlt Kowarsch. Außerdem sollte es der Politik und der Öffentlichkeit alternative Politikoptionen und deren diverse praktische Konsequenzen für Gesellschaft und Natur aufzeigen.

Andreas Kraemer, der Gründer des Berliner Umwelt-Thinktanks „Ecologic“, macht zudem auf spezielle Brüsseler Usancen aufmerksam. „Die wissenschaftsbasierte Politikberatung findet dort auf Arbeitsebene statt“, hat er in vielen Jahren erfahren. Eine „hochrangige Institution“ könne zwar durchaus dazu beitragen, „langfristige und weitreichende Zusammenhänge zu erläutern und grundsätzlich das gegenseitige Verständnis zwischen Wissenschaftlern und EU-Politikern zu verbessern“, erklärt Kraemer. Dazu gehöre auch die Thematisierung der „kulturellen Unterschiede im Umgang mit Expertenwissen in der Politik“ in den EU-Mitgliedstaaten.

„Eine zentrale Institution, ob Individuum oder Gremium“, ist in den Augen von Umwelt-Berater Kraemer jedoch „nicht geeignet, den wissenschaftsbasierten Input für Einzelentscheidungen wie etwa einer Richtlinie zu geben“.

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