Bengalische trans Nachrichtensprecherin: Tashnuva Anan Shishir macht Ansagen
Die 29-jährige trans Nachrichtensprecherin will ihre Prominenz nutzen, um auf die Situation von trans Menschen in Bangladesch aufmerksam zu machen.
Im lila Sari feierte sie Premiere: Am Frauentag trat Tashnuva Anan Shishir, 29, zu ihrer ersten Schicht als Nachrichtensprecherin im bengalischen Fernsehen an. Sie moderierte die 16-Uhr-Sendung beim Kanal Boishakhi TV. „Das könnte sich als revolutionär herausstellen und eine neue Perspektive öffnen“, sagte sie live auf Sendung in der Hauptstadt Dhaka. Zuvor hatte sie ein mehrwöchiges Intensivtraining absolviert, um sich auf ihre neue Rolle vorzubereiten.
In Bangladesch leben offiziell 10.000 trans Menschen, inoffiziell gehen die Schätzungen von bis zu 1,5 Millionen aus. Viele von ihnen müssen ihren Lebensunterhalt mit Sexarbeit oder Betteln bestreiten.
Shishir begann kürzlich einen Master in Public Health und klopfte bei vielen Medienhäusern an, bis es schließlich bei einem Privatsender klappte. „Das größte Problem ist, dass die Menschen nicht sensibilisiert sind“, sagte sie in einem Interview über die Situation von trans Menschen.
Shishir hofft, dass sie als Nachrichtensprecherin einen Wandel in der Wahrnehmung von trans Menschen im Land bewirken wird. „Ich möchte ein Team mit aufstrebenden Tänzer:innen, Schauspieler:innen und Medienpersönlichkeiten aus der trans Community aufbauen, um das Bewusstsein für die Hindernisse zu schärfen“, sagte sie der bengalischen Zeitung Daily Star. Nach ihrer ersten Sendung am Montag kamen ihr die Tränen, als die Belegschaft ihr gratulierte.
Unbekannt war Shishir in ihrer Heimat vorher nicht. Sie arbeitete als Menschenrechtsaktivistin und baute sich eine Karriere als Schauspielerin, Model und Tänzerin auf. Im vergangenen Jahr wurde sie für ihre Verteilung von Lebensmitteln, Masken und Desinfektionsmitteln an Benachteiligte während der Pandemie ausgezeichnet. Jetzt stehen zwei Spielfilme an, in denen sie mitspielt, darunter eine Rolle als Fußballtrainerin.
Doch es war es ein steiniger Weg dorthin. Als Teenagerin merkte sie, dass sie sich wie eine Frau verhielt, aber im Körper eines Mannes stecke. Ihr Umfeld zeigte dafür wenig Verständnis. Sie wurde gemobbt und sexuell missbraucht. Nachdem ihr Vater nicht mehr mit ihr sprach, verließ Shishir die Familie. Die Schikane war unerträglich geworden.
Sie begann ein neues Leben im Süden Dhakas, wo sie sich einer Hormontherapie unterzog. Sie arbeitete für Wohltätigkeitsorganisationen und spielte in einer Theatergruppe.
Heteronormativ, aber nicht binär
In Bangladesch sieht ein Gesetz aus der Kolonialzeit für gleichgeschlechtlichen Sex weiterhin Gefängnisstrafen vor. Die rechtliche Situation für sexuelle Identitäten hat sich hingegen verbessert: Seit 2013 erkennt Bangladesch neben männlich und weiblich auch ein drittes Geschlecht an. 2018 erhielten sie Wahlrecht. Shishirs Sender, Boishakhi TV sagte, er wolle Teil des gesellschaftlichen Wandels sein und hat eine weitere trans Person eingestellt.
Tashnuva Anan Shishir ist nicht die erste trans Moderatorin auf dem Subkontinent. In Indien präsentierte Padmini Prakash 2014 als erste trans Person eine Nachrichtensendung für einen tamilischen Sender.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Rücktrittsforderungen gegen Lindner
Der FDP-Chef wünscht sich Disruption
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht