piwik no script img

Benedikt XVI. im NetzPapst sucht Freunde

Seit Sonntag findet man auf pope2you.net den direkten Anschluss zu Gottes Stellvertreter auf Erden. Doch auf Austausch hofft man vergeblich.

Göttlicher Segen aus dem Netz. Bild: screenshot: pope2you.net

Seit 1967 ruft das Oberhaupt der katholischen Kirche jedes Jahr einen anderen Ansatz zum Konzept sozialer Kommunikation aus. Das Internet entdeckte die Kirche dabei erst 2002. Damals ging es um die Nutzung des Internets zur Verkündung des Evangeliums. Dieses Jahr soll es angeblich eher um den Austausch der Menschen untereinander gehen.

Die Webseite zur Kampagne scheint fast zu bunt und neumodisch um wirklich aus der Feder der katholischen Kirche zu stammen. Aber die deutsche Bischofskonferenz und auch die katholische Nachrichten-Agentur bestätigen ihre Echtheit.

Doch um Austausch geht es hier nicht wirklich. Denn ein Forum bietet die Seite des Papstes nicht. Sie wird ganz ihrem Namen gerecht: Pope2You, also „der Papst zu dir“ ist ihr Name. Was etwas völlig anderes bedeutet als es beispielsweise Pope4You, also „der Papst für dich“, tun würde. Benedikt XVI. spricht nur zu seinen Schäfchen, er will nicht mit ihnen diskutieren. Er verkündet, die Gemeinde lauscht.

Die Kommunikation bleibt eingleisig. Zwar sind in dem umfassenden Internetkonzept des Vatikans durchaus Elemente des Web 2.0 eingebunden, nur sind sie eben nicht als solche nutzbar.

Auf Facebook kann man sich Videos des Papstes anschauen, Nachrichten von ihm lesen, aber ihn nicht als Freund hinzufügen, ihm keine Fragen stellen oder ihn gar „poken“ - anstupsen. Nicht ohne Hintergedanken heißt es wohl „der Papst trifft dich auf Facebook“. Denn dass der Normalmensch ihn treffen dürfte und sei es virtuell, wäre wohl zuviel verlangt. Echte Kommunikation ist also nicht gegeben. Der Papst verbreitet seine kuriosen bis kryptischen Nachrichten - und die Welt darf ihm, dem Stellvertreter Gottes auf Erden, zuhören. Dazu ist auch der päpstliche Youtube-Channel da, den es bereits seit Ende Januar gibt.

Um die Kryptik der päpstlichen Ansprachen dem gemeinen Volk näherzubringen, gibt es ein Wiki - das dank mangelnder Interaktivität eigentlich gar nicht als solches bezeichnet werden dürfte – in dem die Ansprachen des Papstes kommentiert und für Normalleser verständlich gemacht werden.

Spricht der Papst einmal persönlich und real, wollen ihn alle sehen. Der Petersplatz ist regelmäßig heillos überfüllt. Um sich vor diesen Massen abzugrenzen, gibt es das Papamobil, aus dem er würdig winken kann. Doch der alte Mann im Elfenbeinturm hat einen neuen Weg gefunden sich bestaunen zu lassen, ohne Kritik hinnehmen zu müssen. Was beim Papamobil das schusssichere Glas war, ist in der neuesten Variante die Einseitigkeit der Kommunikation, die den Papst vor seinen Jüngern schützt. Der heilige Vater schottet sich ab. Die Seite hat selbstverständlich auch nicht er, sondern eine päpstliche PR-Agentur entwickelt. „Er schreibt dort nicht selbst“, erklärt Erzbischof Claudio Maria Celli gegenüber Telepolis.

Der Papst hält sich zurück, das Projekt Pope2You ist ein reines Werbetool. Seinen echten Charakter eröffnet das Konzept, wenn der Papst nach Schäfchen giert, die seine Lehre in die Welt tragen. Ob auf Englisch, Deutsch, Spanisch, Französisch, Italienisch oder für die iPhone Applikation weiteren fünf Sprachen, die Lehre muss in die Welt. Der Papst sucht Freunde. "Der Begriff der Freundschaft hat im Vokabular der digitalen sozialen Netze, die in den letzten Jahren entstanden sind, eine neue Blüte erlebt. Dieser Begriff ist eine der höchsten Errungenschaften menschlicher Kultur“, zeigt sich der Papst begeistert. Dabei ist er anscheinend noch nicht so tief in der virtuellen Welt angekommen, dass ihm bewusst wäre, wie wenig eine Facebook- oder MySpace-Freundschaft wert ist.

Es geht ihm um die Missionierung des digitalen Kontinents. Der Papst ist sich sicher. "Ich möchte diese Botschaft schließen, indem ich mich besonders an die jungen Katholiken wende, um sie zu ermuntern, das Zeugnis ihres Glaubens in die digitale Welt zu tragen. Euch jungen Menschen, die ihr euch fast spontan im Einklang mit diesen neuen Mitteln der Kommunikation befindet, kommt in besonderer Weise die Aufgabe der Evangelisierung dieses "digitalen Kontinents" zu".

Es scheint, als könnten nicht nur die Internetnutzer vom Papst lernen - sondern auch er von ihnen.Denn eine erfolgreiche Internetstrategie ist eine, in die die Nutzer sich einbringen können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!