Belgischer Provinzchef sorgt für Wirbel: Keine Lebensmittel an Flüchtlinge
Willkommenskultur in Zeebrugge? Carl Decaluwé will so etwas nicht. Er fürchtet, das könnte mehr Menschen aus dem „Dschungel“ von Calais in die Hafenstadt locken.
Hintergrund sind Dutzende Flüchtlinge, die bisher in Lagern in den nordfranzösischen Städten Calais und Dünkirchen ausharrten, um auf Fähren oder in Zügen unter dem Ärmelkanal nach Großbritannien zu gelangen. Da die Kontrollen dort massiv verstärkt wurden, versuchen nun einige den Weg über Zeebrugge. Dort hatten Bürger die ankommenden Flüchtlinge am Wochenende mit Lebensmitteln versorgt.
In belgischen Medien wurde die Aufforderung Decaluwés teils mit einem Verbot verglichen, Enten oder Möwen zu füttern. So drastisch hatte sich der Christdemokrat allerdings nicht audgedrückt. Er hatte von einer schwierigen Situation gesprochen, bei der es um Menschen gehe. Aber wenn mehr Flüchtlinge durch eine Lebensmittelausgabe angezogen würden, könne die Lage eskalieren und die Arbeit der Polizei erschwert werden.
„Wenn wir ihnen nicht helfen, treiben wir sie noch tiefer in die Illegalität und in die Hände der Schlepper“, warnte dagegen die Organisation Ärzte ohne Grenzen. Auch der Pastor von Zeebrugge, Fernand Maréchal, zeigte sich schockiert über die Äußerung des Gouverneurs. Die Menschen könnten schließlich nicht ihrem Schicksal überlassen werden.
Die Zeitung Het Laatste Nieuws zitierte aber auch Stimmen aus Zeebrugge, die den Gouverneur unterstützen. „Decaluwé hat Recht“, sagte demnach ein Einwohner. „Es wäre besser sie (die Flüchtlinge) nach Brüssel zu schicken, sonst haben wir hier in Zeebrugge ein zweites Calais.“
In Calais gibt es seit Jahren ein als „Dschungel“ bekanntes Lager, in dem Flüchtlinge unter erbärmlichen Bedingungen leben.Schon im Januar hatte Belgiens Innenminister Jan Jambon gesagt, er werde nicht dulden, dass Flüchtlinge „in Zeebrugge und Umgebung wie in Calais Zeltlager errichten“.
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