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Belgien im „Zustand der Krise“

■ Regierungschef will wegen „Haushaltslücke“ zurücktreten

Brüssel (dpa/AFP) – Die Staatsverschuldung Belgiens hat die Regierung in eine Krise gestürzt. Ministerpräsident Jean-Luc Dehaene bot am Dienstag abend König Baudouin seinen Rücktritt an. Der Monarch bat sich jedoch eine Bedenkzeit aus, um der seit März 1992 regierenden Vier-Parteien- Koalition aus flämischen und frankophonen Christdemokraten und Sozialisten die Möglichkeit zu geben, einen Ausweg aus dem Streit zu finden.

Die Regierung hatte nach mehrtägigen Klausurverhandlungen die Haushaltsberatungen ohne Ergebnis abgebrochen. Auf einer Pressekonferenz sagte Dehaene, die Koalition sei uneinig, wie die Haushaltskürzungen in Höhe von 110 Milliarden belgischen Francs (rund 5,3 Milliarden Mark) vorgenommen werden können, die nötig seien, um die Zieldaten für die Wirtschafts- und Währungsunion der EG zu erreichen. Die frankophonen Sozialisten hatten einen Lohnstopp abgelehnt und andere Maßnahmen zur Eindämmung des Haushaltsdefizits gefordert. Die flämischen Christdemokraten unter Dehaene hatten indes eine Steuererhöhung zurückgewiesen. Dehaene betonte jedoch, seine Regierung scheitere nicht an den Zielen der Maastrichter Vorgaben für Haushaltsdisziplin; strittig sei nicht das Ziel, sondern nur der Weg dahin. Er hoffe, daß Belgien eine Regierung haben werde, wenn es im Juli den EG-Vorsitz übernehme.

Regierungssprecher waren davon ausgegangen, daß die Staatsverschuldung 6,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen könnte. Das Maastrichter Abkommen sieht jedoch für die Aufnahme in die Währungsunion vor, daß die Staatsverschuldung bis 1996 die drei Prozent nicht überschreiten darf. Im vergangenen Jahr lag die Wachstumsrate in Belgien bei 1,1 Prozent. In diesem Jahr soll sie noch niedriger sein. Die Arbeitslosenquote beträgt mehr als zwölf Prozent.

Das weitere Schicksal der Regierung „liegt jetzt in der Hand des Königs“, erklärte Dehaene. Alle müßten sich der Schwere der Situation und der Konsequenzen auf die Staatsfinanzen bewußt sein, wenn die Krise andauere. Sollte König Baudouin das Rücktrittsgesuch ablehnen, könnte der Regierungschef die Parteivorsitzenden noch zu einer Kompromißlösung bewegen, ohne daß es zu Neuwahlen kommen müßte.

Der „Zustand der Krise“ könne theoretisch durchaus Wochen und Monate anhalten, erklärte eine Sprecherin der Regierung. Keinesfalls werde die Währung des Landes darunter leiden, weil die wirtschaftlichen Grundlagen dadurch nicht verändert würden, sagte der Regierungschef. Seine Mitte- Links-Koalition hat bereits mit der Staatsreform Belgiens hin zum Bundesstaat eine der schwersten Hürden genommen.

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