Beleidigte Stahlhelme

■ FDP will Ehrenschutz für Bundeswehr doch nicht

Im vorigen Jahr knickte der FDP-Justizminister Edzard Schmidt-Jortzig vor den Stahlhelmen des Koalitionspartners ein. Er ließ nahezu widerstandslos passieren, was Liberalen normalerweise schwer auf den Magen schlagen müßte: einen Angriff auf die Meinungsfreiheit. Vorbereitet wurde ein Gesetz, nach dem die Bundeswehr einen besonderen Ehrenschutz genießen sollte. Damit sollte die Scharte des Bundesverfassungsgerichts ausgewetzt werden. Das hatte nämlich erklärt, der Satz „Soldaten sind Mörder“ als Zitat von Kurt Tucholsky widerspreche nicht der Verfassung, beleidige nicht die Bundeswehr und falle unter das Recht der freien Meinungsäußerung.

CDU und CSU hingegen sahen dies – man weiß schließlich, wer zum eigenen Wählerstamm gehört – nicht so, sie wollten die Meinungsfreiheit geringer schätzen. Andernfalls sei die „Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr“ und der „Einsatzwille des einzelnen Soldaten“ gefährdet. Nachdem die Gesetzesvorlage schon die erste parlamentarische Lesung hinter sich, nachdem sogar der Rechtsausschuß sein Plazet gegeben hatte, ist von der „Ehrensache“ (so Die Zeit ironisch) nichts mehr zu hören.

Die FDP, heißt es nun, wolle das Gesetz nicht mehr. Der Tatbestand der Beleidigung sei durch andere Paragraphen hinreichend abgedeckt, die Bundeswehr brauche den besonderen Rechtsschutz nicht.

Die CDU gibt sich ratlos und will das Gesetzesvorhaben durchziehen, so oder so. Kurzum: Da innerhalb der Koalition viele Politiker meinen, daß das Land größere Sorgen hat als die Pflege empfindsamer Militärgemüter, wird die gesetzgeberische Liebeserklärung an die Bundeswehr in den Bonner Mühlen versanden.

Dies als Sieg rechtsstaatlichen Bewußtseins der FDP zu interpretieren, wäre jedoch falsch. Vielmehr gab es aus Karlsruhe zarte, aber eindeutige Signale, das Gesetz auf alle Fälle wieder zu kassieren, wenn dessen Begründung darauf hinausläuft, in puncto Meinungsfreiheit die Bundeswehr für sakrosankt zu erklären. Keine Rolle wird mehr spielen, daß christdemokratische Militärfreunde immer noch auf einem solchen Sondergesetz beharren. Die FDP aber weiß: Eine Niederlage in Karlsruhe kann eine Partei mit restliberalem Anspruch kaum verkraften. Jan Feddersen