Beitragsschulden bei Krankenkassen: „60 Prozent im Jahr, das ist Wucher“
Die gesetzlichen Kassen haben Rückstände von 571 Millionen Euro. CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn will die hohen Zinsen für Beitragsschulden abschaffen.
BERLIN epd | Die Union will nach Aussagen ihres gesundheitspolitischen Sprechers Jens Spahn (CDU) Wucherzinsen für Beitragsschuldner bei den Krankenkassen abschaffen. Dieses schon lange bekannte Problem solle noch bis zur Bundestagswahl angegangen werden, sagte Spahn dem Evangelischen Pressedienst in Berlin. Geringverdiener, die ihre Krankenversicherung nicht bezahlen können, müssen für die ausstehenden Beiträge sehr hohe Zinsen zahlen.
Davon betroffen sind vor allem Selbstständige ohne Angestellte und selbst krankenversicherte Rentner. Spahn sagte, auch der Mindestbeitrag für die Krankenversicherung müsse sinken. Mit knapp 300 Euro im Monat sei er für viele zu hoch. Wichtig sei aus Sicht der Union, dass Regelungen sowohl für gesetzlich Versicherte wie Privatversicherte gefunden würden.
Bei den Krankenkassen müssen säumige Beitragszahler für jeden ausstehenden Monatsbeitrag fünf Prozent Zinsen zahlen. „Das sind 60 Prozent im Jahr, das ist Wucher“, sagte Spahn. Dieser Zinssatz steht seit 2008 im Gesetz, Union und SPD haben ihn in der großen Koalition selbst beschlossen. Das Gesetz müsse geändert werden, betonte der Sprecher der Bundestagsfraktion. Er hält einen Zinssatz von höchstens zehn Prozent im Jahr für angemessen.
Da sich viele Exarbeitnehmer aus der Arbeitslosigkeit heraus selbstständig gemacht haben, nimmt das Problem zu. Seit 2007 besteht zudem die Pflicht, sich in einer Krankenkasse zu versichern. Wer sich erst später wieder anmeldete, hat von vornherein Schulden, weil er schon ab 2007 hätte Beiträge zahlen müssen.
Rückstände steigen schnell an
Nach Angaben des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hatten allein die Rückkehrer im Juni dieses Jahres 571 Millionen Euro Beitragsschulden. Wie viele Versicherte ihre Beiträge nicht zahlen können, wissen die gesetzlichen Kassen nicht.
Laut Statistischem Bundesamt nahmen die Krankenkassen 2011 insgesamt 190 Milliarden Euro ein. Gemessen daran sind die Rückstände gering; sie steigen aber schnell an. Allein von Anfang 2011 bis Mitte 2012 wuchsen sie von 1,07 auf 1,77 Milliarden Euro bei insgesamt 70 Millionen Versicherten. Ein Grund dürften die Zinsen sein.
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