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Beim Bahnkonzept rangieren derzeit nur Widersprüche

■ Stadtforum: Die Zukunft der Bahn in der Stadt / Die Bahnhofsneubauten sind bislang nur auf Sand gegründet / Die Verwaltungen planen aneinander vorbei

Ebenso wie bei den Planungen des Bundes in Berlin läuft auch zwischen den Ansprüchen der Stadt, den Interessen der Bonner Verkehrsmanager und den Vorstellungen der Bahn noch einiges aus dem Gleis. So bereitet das Konzept des Hochgeschwindigkeitszuges „Transrapid“ von Berlin nach Hamburg den Verkehrs- und Eisenbahnexperten Kopfzerbrechen. „Wenn der Transrapid käme“, räumte Werner Remmert, Geschäftsführer der Berliner Bahn AG am Wochenende im Stadtforum ein, „hätte der Fernverkehr nach Hamburg so gut wie kein Gewicht mehr.“

Die Entwicklung der aufgeständerten Magnetbahn hätte zur Folge, daß dem Schienenverkehr nach Hamburg ein zusätzlicher Konkurrent entstünde. Schlimmer noch, der geplante Nord-Süd-Tunnel unter dem Tiergarten müßte quasi weiter „aufgegraben“ werden, rentierte sich doch die Schnellbahntrasse nur, wenn sie die Reisenden bis ins Zentrum der Stadt führen könnte.

Die Neubauansprüche der Bahn AG in Berlin für den Bau der Fernbahnhöfe Lehrter Straße, Gesundbrunnen, Papestraße und Spandau stehen gleichfalls noch auf sandigem Boden. Von den geplanten Bauvorhaben rangiert das Projekt Gesundbrunnen derzeit auf dem Abstellgleis. Private Investoren konnten zur Finanzierung des Bahnhofs nicht gefunden werden. Für den Spandauer ICE- Bahnhof, so Remmert, zeichne sich indessen eine Lösung ab, diesen für 80 Millionen Mark zu realisieren, der Bahnhof Papestraße soll „kleiner“ werden.

Die „Hauptbedeutung“ aber habe nach wie vor der Umbau des Lehrter Bahnhofs, wo einmal 60.000 Reisende pro Tag umsteigen sollen. Noch im Frühjahr werde das Planfeststellverfahren eingeleitet, das den Hochbau und vier Röhren umfaßt.

Kritik am Vorgehen der Bahn, des Bundes sowie den Senatsverwaltungen für Bauen und Stadtentwicklung für den Bereich Lehrter Bahnhof übte Axel Schultes. Anstatt den Bahnhofsneubau mit den stadträumlichen Strukturen des Spreebogenwettbewerbs endlich ins Gleichgewicht zu bringen, „planen die Bahningenieure weiter völlig unstrukturiert dort herum“, sagte Schultes. Der Entwurf des Architekten Meinhard von Gerkans passe nach wie vor nicht in das netzartige Raster der Spreebogenplanung. Schultes schlug eine neue quadratische Figur für zwei Bahnhofsbauten vor.

Die Investitionen der Bahn in Berlin mit 18 Milliarden Mark bis ins Jahr 2000 für Neubauten, Sanierungen und Modernisierungen soll den „Umstieg zur schienenorientierten Metropole bringen“, wie Bahnchef Heinz Dürr hofft. Der „Symbiose zwischen Stadt und Bahn“ (Volker Hassemer) stünden allerdings noch einige Zerreißproben bevor, etwa bei der Verwertung der betriebswirtschaftlich unrentablen Bahnflächen, die das Bundeseisenbahnvermögen (BEV) verwaltet und möglichst teuer losschlagen möchte. „Da könnten Konflikte auftreten“, warnte Dürr. Außerdem forderte Dürr die Bonner Sicherheitsexperten auf, von Sonderwünschen beim Tunnelbau Abstand zu nehmen und notfalls auf eine zweite Schutzwand zu verzichten. Das würde sonst Mehrkosten in Höhe von rund einer Milliarde Mark verursachen, die nicht zu finanzieren seien. Rolf Lautenschläger

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