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Bei der AfD angekoppeltTransrapid schon wieder entgleist

Der Aktivist David Harder hat seine Petition für ein Transrapid-Revival mit AfD-Politikern vorgestellt. Nun will keiner mehr mit dem Thema zu tun haben.

AfD-Politikern übergeben: David Harder (3. von rechts) mit seiner Transrapid-Petition Foto: AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag

David Harder hat eine Mission: Er hat sich der seit Jahrzehnten abgeschriebenen Magnetschwebebahn-Technik verschrieben. Harder kommt aus Meppen, im Emsland nicht weit von Lathen gelegen, wo es im Herbst 2006 zu einem Unfall auf der Versuchsstrecke des „Transrapid“ gekommen war, mit vielen Toten und Verletzten.

Um dem Transrapid neue Aufmerksamkeit zu verschaffen, betreibt Harder die Website magnetbahn.de. Damit setzt Harder sich dafür ein, die Technik „nicht als gescheitertes Projekt abzutun“, versteht sich als „Impulsgeber für die verkehrspolitische Debatte“.

61.926 Unterschriften hat eine von Harder im Frühjahr 2024 gestartete Petition für den Wiedereinsatz des Transrapid in Deutschland erreicht, 17.837 Kommentare. Mitte 2025 hat Harder sie dem Petitionsausschuss des Bundestages eingereicht.

Auch eine persönliche Übergabe hat stattgefunden, am 27. Juni in Berlin, an eine Delegation der AfD unter Manfred Schiller. Der ist Mitglied im Petitionsausschuss und wertet die Petition auf afdbundestag.de als „deutliches Signal“ dafür, „dass eine Rückbesinnung auf eigene technologische Stärken und eine ideologiefreie Verkehrspolitik von der Bevölkerung gewünscht wird“. VertreterInnen anderer Parteien waren nicht dabei.

„Für Zusammenarbeit mit der AfD genutzt“

„Ich habe am 22. Juni eine Mail von Herrn Harder erhalten und ihm zwei Tage später geantwortet, dass ich gerne bereit sei, die Petition entgegenzunehmen, mich fachlich mit ihm auszutauschen“, schreibt der SPD-Abgeordnete Ruppert Stüwe, Mitglied im Petitionsausschuss, der taz. „Trotz meiner Zusage gab es schon umfangreiche Kommunikation über einen Termin mit der AfD, in der der Eindruck erweckt wurde, andere Fraktionen hätten kein Interesse gezeigt. Das war nachweislich falsch.“

Für fachliche Diskussionen sei er „immer offen“, schreibt Stüwe. „Ich nehme nicht nur Petitionen entgegen, die meiner Meinung entsprechen.“ Er betont jedoch auch: „Da die Übergabe ja nun bereits erfolgt ist, wüsste ich nicht, warum ich mich mit Herrn Harder zu einer Zweitübergabe treffen sollte.“

Auch Swantje Michaelsen, für die Grünen im Petitionsausschuss, ist irritiert. „Wir haben mit der SPD besprochen, dass wir die Petition gemeinsam annehmen“, schreibt sie der taz. „Nachdem der Petent die Petition für eine Zusammenarbeit mit der AfD genutzt hatte, haben wir von einem Termin für die Übergabe Abstand genommen.“

„Petitionen sind ein Grundrecht“, schreibt sie. „Aber sie müssen vor Instrumentalisierungen geschützt sein.“ Natürlich stehe es jedem Petenten frei, mit der einen oder der anderen Partei zu sympathisieren. „Aber wir wollen nicht, dass das Petitionsrecht von der AfD für politische Einflussnahme instrumentalisiert wird.“

Nähe zu AfD-Politikern

Beim Thema Magnetschwebebahn sei bei ihr „erstmal kein Störgeräusch aufgetaucht“, schreibt Michaelsen. Aber: „Nach dem Hinweis, dass die Art der Petitionsübergabe womöglich politische Hintergründe hat, habe ich mich über David Harder informiert, auch auf Social Media. Sehr schnell wurde dabei klar, dass Herr Harder AfD-Accounts folgt, eine große Nähe zur AfD hat und sucht.“

Beispiele für Harders Kontakte zur AfD finden sich schnell. Harder ist auf Instagram mit seinem persönlichen Account @davidhrdr dem thüringischen AfD-Chef Björn Höcke gefolgt. Er hat auf der Plattform X den Bielefelder AfD-Bundestagsabgeordneten Maximilian Kneller geduzt. Ein Instagram-Foto zeigt Harder auf dem Sommerfest der NRW-Landesvertretung der AfD, kurz vor der Petitionsübergabe, Seite an Seite mit Kneller, AfD-MdB Tobias Ebenberger und Sven Tritschler, dem Fraktionsvize der AfD im Landtag von Nordrhein-Westfalen.

Sehr schnell wurde dabei klar, dass Herr Harder AfD-Accounts folgt, eine große Nähe zur AfD hat und sucht

Swantje Michaelsen, Grünen-MdB

Harder lässt auf eine taz-Anfrage die Kölner Medienrechtskanzlei Höcker antworten. „Unser Mandant steht der AfD nicht näher als anderen Parteien des politischen Spektrums“, schreibt sie. Seine Plattform magnetbahn.de sei „politisch neutral“. Harder duze „Politiker verschiedenster Parteien“, folge „verschiedensten Bündnissen, Politikern und Privatpersonen auf verschiedenen sozialen Netzwerken“ – auch solchen, „deren Aussagen er sehr kritisch gegenübersteht“.

Harder habe die Unterlagen an alle Fraktionen im Bundestag sowie alle Mitglieder des Petitions- und Verkehrsausschusses gleichzeitig versandt. „Die AfD war die erste Partei, die sich in der Sache mit Interesse zurückmeldete“, schreibt die Kanzlei. „Das war der einzige Grund, warum unser Mandant dann auch zuerst mit der AfD einen Termin vereinbart hat.“ Die SPD habe „nach Kenntnisnahme eines Treffens mit der AfD ein geplantes Treffen abgesagt“ und damit bekundet, dass sie „kein Interesse an einer Zusammenarbeit“ habe.

Harder beklagt Ausgrenzung

Seine Mitgliedschaft im „Förderverein Transrapid Emsland e.V.“, der in Lathen ein Besucherzentrum betreibt, hat Harder zu Ende 2025 gekündigt. Auf magnetbahn.de erklärt er das mit „anhaltender Ausgrenzung, wiederholtem Mobbing und gezielter Missachtung meines Engagements“. Der Vorstand habe ihn seiner Vereinsvorstandsfunktionen enthoben und untersagt, im Namen des Vereins zu sprechen, „obwohl ich über Jahre hinweg zentrale Aufgaben wie Öffentlichkeitsarbeit und Ausstellungsgestaltung verantwortet habe“. Harder betont auch hier seine „konsequente politische Neutralität“, spricht von einer „Cancel-Culture“.

„Wir haben uns nicht im Streit von Herrn Harder getrennt“, sagt Norbert Holtermann, Erster Vorsitzender des Fördervereins Transrapid Emsland, der taz. Es habe aber Differenzen gegeben. „Nach der Übergabe der Petition an die AfD haben wir sofort das Gespräch gesucht und ihm klargemacht, dass er fortan nicht mehr unsere Öffentlichkeitsarbeit verantworten kann.“

Wir möchten das Thema Magnetschwebebahn nicht politisieren, und genau das macht die AfD jetzt leider.

Norbert Holtermann, Erster Vorsitzender des Fördervereins Transrapid Emsland

Außerdem, so Holtermann, „haben wir ein Verbot ausgesprochen, als er das Besucherzentrums-Gelände mit Repräsentanten der AfD begehen wollte. Wir möchten das Thema Magnetschwebebahn nicht politisieren, und genau das macht die AfD jetzt leider.“ Der Sache tue man damit keinen Gefallen. „Keine andere Partei fasst das Thema jetzt noch an, weil es so durch die AfD besetzt ist.“ Zu Harders Kritik am Verein sagt Holtermann: „Das ist sehr einseitig dargestellt. Daran stimmt vieles nicht.“

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