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Behindertenwerkstatt oder reguläre BeschäftigungBeschränktes Budget

Alternativen zur Behindertenwerkstatt gibt es in Bremen reichlich. Gegen ein „Budget für Arbeit“ aber hat der Senat bislang Vorbehalte. Andernorts gibt es das schon.

Ein Arbeiter fertigt in der Werkstatt Bremen Fensterdichtungen für den Mercedes SL. Mit einem "Budget für Arbeit" könnte er womöglich auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Anstellung finden Bild: dpa

BREMEN taz | Kann man ein „Budget für Arbeit“ in Bremen einführen, obwohl ein nationales Gesetz dagegen spricht? Nein, findet Sozialstaatsrat Horst Frehe. Das „Budget für Arbeit“ ist ein Konzept, um behinderte Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu integrieren. „Es wird allerhöchste Zeit, mit der Umsetzung anzufangen“, fordert hingegen die CDU-Abgeordnete Sigrid Grönert. Sie erinnerte den Senat am vergangenen Mittwoch in der Bürgerschaft an ein Versprechen im Koalitionsvertrag: Bremen werde in einem Modellversuch das „Budget für Arbeit“ erproben, heißt es darin.

In der Regel arbeiten Leistungsgeminderte in Werkstätten für behinderte Menschen. Durch das „Budget für Arbeit“ können sie das Geld, das die Werkstätten für sie bekommen, anders nutzen: Sie können es als Zuschuss für eine Stelle auf dem regulären Arbeitsmarkt mitnehmen. Der Arbeitgeber zahlt dann nur einen Teil des Gehalts, der Rest kommt aus dem mitgebrachten Budget.

Hierbei ist die Theorie allerdings einfacher als die Praxis. „Für das Bundesgesetz gibt es im Augenblick nur Schwarz und Weiß“, sagt Staatsrat Frehe. Personen seien entweder voll erwerbsfähig oder voll erwerbsgemindert. „Wenn jemand Geld mitnehmen will, um einen Arbeitgeber zu subventionieren, muss er voll erwerbsfähig sein.“ Das bedeute allerdings, dass er in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen mehr als drei Stunden täglich oder 15 Stunden wöchentlich zu arbeiten. Auf viele Behinderte treffe das aber so nicht zu. Frehe sagt: „Die Lösung, die ich gerne rechtlich hätte, wäre eine arbeitsmarktunübliche Beschäftigung – dass Menschen unter nicht üblichen Bedingungen mehr als drei Stunden pro Tag arbeiten.“ Über die nötige Reform des neunten Sozialgesetzbuches werde eine Arbeitsgruppe im Bund Ende Oktober beraten.

Laut CDU schiebt Frehe mit diesen Aussagen die Bringschuld des Senats von sich. „Wir halten das für naiv“, sagt CDU-Sprecherin Rebekka Grupe. „So etwas hätte das Ressort auch schon bei den Koalitionsverhandlungen wissen müssen.“

In Rheinland-Pfalz, Hamburg und Niedersachsen wurde das Budget für Arbeit trotz Bundesgesetzgebung schon verwirklicht. „Wir tun’s einfach“, sagt Detlev Jähnert, Landesbeauftragter für Menschen mit Behinderung in Niedersachsen. Das Konzept sei sowohl in Niedersachsen als auch in Berlin politisch gewollt. „Berlin hat es lange Zeit stillschweigend geduldet.“ Ein Urteil des Bundessozialgerichts hat einen Teil der rechtlichen Barrieren zudem im November 2011 ausgeräumt. Durch das Urteil können Behinderte das Geld, das eigentlich an die Träger der Werkstätten bezahlt würde, auch anders verwenden.

Neben dem „Budget für Arbeit“ gibt es auch andere Ansätze, um Behinderten eine normale, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen. Frehe verwies in der Bürgerschaft etwa auf das „Job-Budget“. Das sei kein Budget im eigentlichen Sinne, sagt Wilfried Hautop, Geschäftsführer der Werkstatt Bremen. Der Begriff bezeichne ein Kontingent von 10 Plätzen für leistungsstärkere Behinderte, die mit Hilfe des Integrationsfachdienstes an den normalen Arbeitsmarkt vermittelt würden. „Von zehn Leuten vermitteln wir aber nur etwa fünf“, sagt Hautop. Eine andere Möglichkeit sind Integrationsprojekte – speziell eingerichtete Abteilungen, in denen 50 Prozent Schwerbehinderte arbeiten.

Die CDU-Sozialpolitikerin Grönert lobte in der Bürgerschaft: „Die Bemühungen, für behinderte Menschen einen Arbeitsplatz außerhalb einer Werkstatt zu finden, haben enorm zugenommen.“ Sie kritisierte jedoch die unübersichtliche Vielzahl an einzelnen Konzepten. „Wir brauchen eine Autobahn im Dschungel der Angebote“, forderte sie.

Frehe sagte, der Senat habe eine solche Autobahn bereits geschaffen. Er gab aber zu bedenken, „Menschen sind in ihrer Leistungsfähigkeit sehr unterschiedlich“. Man könne sie nicht klar zuordnen, denn dann lasse man Potenziale ungenutzt. „Das haben wir begonnen zu ändern.“

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1 Kommentar

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  • Wichtig wäre auch mal die Behindertenwerkstätten anzusprechen, die derzeit in Diskussionen, sogleich es sich dabei um behinderte Menschen dreht, ausgeklammert werden. Darin sind laut Evangelischer Behindertenhilfe 4-5% fehl platziert. Ohnehin ist das Werkstatt-System ein bisschen korrupt, da die Behinderten den dortigen Betreibern als einträgliches Kapital dienlich erscheinen. Es gibt dort unglaublich miese Löhne bei einer (knapp) 38 Stunden Woche und vermittelt werden von denen nur 1% auf den ersten Arbeitsmarkt; bei übrigens landesweit 300.00 Beschäftigten wohlgemerkt. Dabei ist es die Aufgabe der Werkstätten diese Menschen - laut Sozialgesetzbuch einerseits zu rehabilitieren, und sie andererseits wieder für den ersten Arbeitsmarkt fit zu machen. Doch die wirkliche Realität schaut komplett anders aus, denn die Werkstätten kommen dem kaum nach. Nicht umsonst plädiert die UN-Behindertenrechtskonvention dafür, die Werkstätten zu schließen. Denn einen Mindestlohn können die fleißigen Beschäftigten sowieso nicht erwarten, da der Gesetzgeber sie sanktioniert, bestraft und gleichzeitig: per Gesetz sogar (!) - diskriminiert, in dem er jene als nur Arbeitnehmer-ähnlich ansieht. Eine bodenlose Frechheit. Zumal die Beschäftigten in anderen umliegenden Ländern wie zum Beispiel in Frankreich, Holland oder Belgien eine Art von garantierten Mindestlohn erhalten. Deutschland jedoch schafft immer mehr Sonderwelten, wo Menschen diffamiert werden und Ihnen keine Perspektiven eröffnet werden. Italien als weiteres Beispiel angeführt, hatte erst kürzlich die letzte Sonderschule geschlossen; Deutschland dagegen etabliert immer neue Welten, hinter den Menschen nur mit ihres gleichen agieren.