Begrenzung von Gehältern: Briten wollen weiterzocken
Brüssel plant die nächste Anti-Abzocker-Initiative. Nach dem Schweizer Vorbild sollen als nächstes die Manager dran sein. Die Briten sind not amused.
BRÜSSEL taz | Nach den Bankern geht es nun auch den Managern an den Kragen – Pardon, ans Gehalt. Die EU-Kommission will im Herbst einen Vorschlag zur Begrenzung der Managergehälter vorlegen, wie Binnenmarktkommissar Michel Barnier der taz sagte. Man werde sich dabei die Anti-Abzocker-Initiative der Schweiz zum Vorbild nehmen.
Details wollte Barnier noch nicht nennen. Klar ist aber schon jetzt, dass die EU die Aktionäre stärker in die Pflicht nehmen will. Sie sollen die Verantwortung für die zum Teil horrenden Managervergütungen übernehmen. Zudem gehe es darum, mehr Transparenz zu schaffen „bei individuellen Vergütungen, vor allem bei Topgehältern“, sagte Barnier.
Zunächst muss Brüssel aber noch die Briten überzeugen. Sie meldeten gestern Widerstand gegen die geplante „Deckelung“ der Boni für Banker an. Die Finanzminister schoben deswegen den fest geplanten Beschluss auf. Es gebe zwar eine klare Mehrheit für das Ende der Zockerei, hieß es, aber man wolle die Briten nicht brüskieren.
Die EU kommt nun in Verzug, das Tempo gibt die Schweiz vor. In einer Volksabstimmung hatten sie am Sonntag unter anderem die millionenschweren Begrüßungsgelder und goldenen Handschläge verboten. Allerdings können die Aktionäre ihre Manager weiterhin fürstlich entlohnen. Die Chefsaläre werden nicht an die Gehälter der Angestellten gebunden, zudem werden nicht alle Hintertüren für Extras geschlossen.
Berlin hält sich bedeckt
Der evangelische Sozialexperte Gerhard Wegner kritisierte deswegen die Schweizer Initiative: „Wenn die Aktionäre glauben, dass Aktienwert und Dividende steigen, je mehr sie den Managern zahlen, dann werden sie mehr zahlen.“ Demgegenüber sprachen sich Linke, SPD und sogar FDP-Politiker für das Schweizer Modell aus.
Die Bundesregierung hält sich bedeckt – sie will erst einmal Barniers Vorschlag abwarten. Da der wahrscheinlich erst nach der Bundestagswahl kommt, kann sich Finanzminister Wolfgang Schäuble so kritischen Fragen im Wahlkampf entziehen. Denn Berlin war bisher kein Vorreiter bei der Begrenzung der Chefgehälter; im Streit über Boni für Banker stand Schäuble sogar auf der Bremse.
Nun versuchte er, die Briten mit ins Boot zu holen, die eine Deckelung der Boni strikt ablehnen. Auch bei der Sitzung der EU-Finanzminister am Dienstag in Brüssel sprach sich Schäuble wieder für einen „breiten Konsens“ aus – mit den Briten. Demgegenüber wollen die Niederlande noch weiter gehen und die Zulagen auf 20 Prozent des Jahresgehalts begrenzen.
Das Europaparlament und der Ministerrat hatten sich in der vergangenen Woche auf eine Obergrenze von 100 Prozent, in Ausnahmefällen sogar von bis zu 200 Prozent des Jahresgehalts geeinigt. Die Abstimmung im Finanzministerrat gestern galt eigentlich nur noch als Formsache. Doch wegen des massiven Widerstands der Briten wurde der Beschluss vertagt.
Obwohl es eine große Mehrheit für den gefundenen Kompromiss gebe, sollten Bedenken etwa zu den Vergütungen der Banker in den kommenden Wochen mit dem Parlament geklärt werden, sagte der irische Finanzminister Michael Noonan als Vertreter der Ratspräsidentschaft. Schäuble sprach sich dafür aus, in den Verhandlungen über offene Details Spielräume zu nutzen, damit Großbritannien zustimmt.
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