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Begnadigung für TerroristenKommt Lockerbie-Täter frei?

Dem Libyer Megrahi, der wegen eines Flugzeuganschlags über Schottland mit 259 Toten lebenslang einsitzt, winkt Haftverschonung aus Gesundheitsgründen.

Lockerbie am 22.12.1988: Alle Menschen an Bord der PanAm-Maschine wurden mit der Bombe in den Tod gerissen. Bild: dpa

DUBLIN taz | Der wegen des Lockerbie-Anschlags zu lebenslanger Haft verurteilte Abdelbaset al-Megrahi wird wahrscheinlich kommende Woche freigelassen und kann in seine libysche Heimat ausreisen. Der schottische Justizminister Kenny MacAskill will in den nächsten Tagen über den Antrag auf Haftverschonung aus humanitären Gründen entscheiden. Al-Megrahi leidet unter Prostatakrebs im Endstadium.

Bei dem Bombenanschlag auf eine Boeing 747 der US-Fluggesellschaft Pan Am über der schottischen Kleinstadt Lockerbie kurz vor Weihnachten 1988 starben sämtliche 259 Passagiere und Besatzungsmitglieder. Durch die herabstürzenden Flugzeugteile wurden elf weitere Menschen in Lockerbie getötet. Das Flugzeug war in Malta gestartet und nach einer Zwischenlandung in London auf dem Weg nach New York. Die Bombe soll in Malta in einem Koffer ins Flugzeug geschmuggelt worden sein.

Der 57-jährige al-Megrahi arbeitete damals als Chef der Flugsicherheit für die Libyan Arab Airlines auf Malta. Im November 1991 beantragten sowohl die schottischen als auch die US-amerikanischen Behörden Haftbefehle gegen al-Megrahi und einen weiteren Libyer, Lamen Chalifa Fhimah, doch Libyen weigerte sich, die beiden auszuliefern. Aufgrund von UN-Sanktionen und der Einfrierung libyscher Regierungskonten im Ausland willigte der libysche Staatschef Muammar al-Gaddafi 1999 schließlich ein, die beiden Verdächtigen auf neutralen Boden in die Niederlande zu überstellen, wo ihnen der Prozess nach schottischem Recht gemacht wurde.

Er dauerte neun Monate. Am Ende wurde al-Megrahi verurteilt, das Gericht empfahl eine Mindesthaft von 20 Jahren. Sein Mitangeklagter Fhimah wurde freigesprochen. Im Berufungsprozess 2002 wurde die Strafe für al-Megrahi auf mindestens 27 Jahre erhöht. Hauptbelastungszeuge war ein Geschäftsinhaber aus Malta, der ihn als Käufer von Kleidungsstücken identifizierte, die sich im Koffer mit der Bombe befunden haben sollen.

Libyen übernahm 2003 die Verantwortung für den Anschlag und zahlte den Angehörigen der Opfer insgesamt 2,7 Milliarden US-Dollar Entschädigungen. Die USA strichen daraufhin Libyen von der Liste der "Schurkenstaaten". Al-Megrahi hat jedoch stets seine Unschuld beteuert. Die schottische Berufungskommission ließ im April eine erneute Berufung zu - eine solche Entscheidung wird nur in Fällen getroffen, bei denen der Verdacht auf ein Fehlurteil besteht.

Jim Swire, dessen Tochter Flora in Lockerbie starb, sagt: "Ich glaube nicht, dass er schuldig ist. Je schneller er wieder bei seiner Familie ist, desto besser." Andere Hinterbliebene kritisierten die mögliche Freilassung jedoch scharf.

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1 Kommentar

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  • RG
    Reinhard Gottorf

    Mensch Herr Sotscheck. Sie waren auch schon mal besser im Redigieren Ihrer Artikel. Die PanAm 103 war in Malta gestartet und in London zwischengelandet, um dann nach New York weitert zu fliegen??? Aber was soll es, Klappe zu, Affe tot. In diesem Fall, dem Bombenattentat auf den Jumbo der PanAm im Dezember 1988 ist eh alles, außer dem Anschlag und den 270 toten Menschen selbst, eine einzige Farce. Die beiden Prozesse, die zur Verurteilung des nunmehr Totkranken Abdelbaset Al Megrahi, eines libyschen Agenten im Sold des Satans in Menschengestalt Muammar Al Gaddafi, führten, erwiesenermaßen Fehlurteile - miscarriage of justic. Die Beweise, wie z. B. das Bombenfragment, gefälscht. Die Zeugenaussagen, wie die des Zeugen aus Malta, falsch und bestellt. Der Koffer aus Malta, der die Bombe enthalten sollte, den hat es nie gegeben. Einige Sachverständige, die bei diesen Prozessen tätig waren, erwiesenermaßen Scharlatane. Die Berichterstattung in den Medien, nicht nur den deutschen, reinste Desinformation. Sie machten dabei mit einigen Ihrer Artikel manchmal eine Ausnahmen. Sie haben ja wenigstens mal vom Golfer und seinen Aussagen berichtet. Um so mehr erschrickt mich Ihr Fauxpas mit dem PanAm Flug 103. Von Malta über London!!

    Nun soll also der Verurteilte in einem Akt der Humanität freigelassen werden, damit er in Libyen sterben kann. Ja, damit ist das Problem aus der Welt. Sein Wiederaufnahmeverfahren ist, mangels Antragsteller in Schottland, dann wohl hinfällig. Kein Wiederaufnahmeverfahren, keine Wahrheit. Keine Klärung, wie ein Zeitzünderfragment, das die Schweiz nachweislich nie in Richtung Libyen oder Ost-Berlin verlassen hat, Monate nach der Katastrophe von US-Ermittlern am Absturzort gefunden wurde und vor Gericht als Beweis anerkannt wurde, obwohl der Hersteller es dort als Prototyp identifizierte, das von einem Mitarbeiter gestohlen und an US-Ermittler verkauft worden war. Keine Klärung, wie ein Koffer als Behältnis des Tatwerkzeuges, einem Kassettenrekorder, im Prozess eine entscheidende Rolle gespielt haben kann, obwohl nach dem Attentat das BKA einen Transfer eines Koffers vom Flug Air Malta KM180 in den Zubringerflug PA 103B von Frankfurt nach London ausgeschlossen hat. Warum ein Zeuge anfangs einen anderen Mann eindeutig identifizierte und erst nach „gutem“ Zureden amerikanischer Ermittler den Libyer als Käufer von Kleidungsstücken erkannt haben will. Der anfangs Identifizierte war ein gesuchter und in Dänemark verurteilter Terrorist einer palästinensischen Terrororganisation und hieß Mohammed Abu Talb. Für seine Aussagen, die Al Megrahi schwer belasteten, bekam er Straffreiheit. Keine Klarheit, was es mit dem Passagier vom Platz 53K auf sich hat. Er war besetzt von Khaled Jafaar, von dem der Zeuge Golfer sagt, er wäre Drogenkurier unter Aufsicht amerikanischer Behörden gewesen und unwissentlich Transporteur der Bombe in dem besagten Kassettenrekorder gewesen. Und das, das habe ich schon Jahre vor der Aussage des Golfers in einem Buch zu einem ganz anderen Thema gelesen. Aber alles nur Verschwörungstheorie. Alles Fragen, auf die es wohl nie eine Antwort geben wird. Al Megrahi wird an seiner Krebserkrankung sterben und damit war es das denn.

    In Lockerbie starben 270 Menschen. Gleich anschließend starb die Wahrheit. Und Sie, Herr Sotscheck, haben mit Ihrem Artikel heute sich ein wenig am Sterben beteiligt. Dieser ganze Fall ist wieder ein Beweis für die Humanität der westlichen Demokratien und der Überlegenheit seines Rechtssystems. Und natürlich der Objektivität und Wahrhaftigkeit der Medien.