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Befristeter und möblierter WohnraumKriminellen das Handwerk legen

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Wohnungsangebote sind immer öfter befristet und möbliert. Das ist in den meisten Fällen illegal. Der Staat versagt, aber ein Bezirk wagt den Aufstand.

Möbliert heißt teuer Foto: dpa

E in Blick auf Immoscout oder andere Wohnungsportale offenbart den organisierten und von der Politik geduldeten Rechtsbruch. 2023 entfielen 54 Prozent aller Wohnungsangebote in Berlin auf möbliertes Wohnen, meist mit befristeten Verträgen. Legal sind davon wohl nur die wenigsten, zu wenig reguliert sind sie alle.

Grundsätzlich gilt: Wohnmietverträge sind hierzulande unbefristet. Ausnahmen davon sind nur legal, wenn der Vermieter nach Ablauf der Befristung Eigenbedarf hat, die Wohnung abreißen bzw. renovieren will oder sie für Angestellte wie Hausmeister zur Verfügung stellen will. Dass einer dieser drei Gründe auf die Masse der offerierten Wohnungen zutrifft, darf getrost bezweifelt werden. Üblich ist vielmehr, dass Wohnungen immer wieder neu befristet vermietet werden, sich der Rechtsbruch also ständig wiederholt – und zwar ohne jede Kontrolle oder gar Konsequenzen.

Nicht rechtens sind zudem ein Großteil der verlangten Mieten, die im Schnitt doppelt so hoch liegen wie bei normalen, unmöblierten Wohnungen; die Rede ist von durchschnittlich 25 Euro pro Quadratmeter, kalt. Zwar darf ein – unzureichend regulierter – angemessener Zuschlag für die Möblierung genommen werden, aber die eigentliche Miete unterliegt der Mietpreisbremse, darf also die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10 Prozent übersteigen.

Eine Ausnahme davon gibt es bei einer Vermietung zum „vorübergehenden Gebrauch“. Dieser aber kann nicht einfach vereinbart werden, sondern muss tatsächlich vorliegen – auch auf Mieterseite. Ohne triftigen Grund, warum Mie­te­r:in­nen eine Wohnung nur bis zu einen befristeten Zeitpunkt brauchen, ist ein Abweichen von der Mietpreisbremse unzulässig.

In befristete, möblierte Wohnungen gezwungen

Wie eine aktuelle Studie von Oxford Economics über den möblierten Wohnungsmarkt zeigt, trifft dies für die Mehrzahl der Fälle nicht zu. Demnach haben deutschlandweit zwei Dritten der Mie­te­r:in­nen möblierter und zumeist befristeter Wohnungen nicht gezielt nach diesen gesucht. Stattdessen weichen sie notgedrungen auf diese aus – ohne Kenntnis ihrer Rechte. So weiß nur ein Drittel von ihnen, dass die Mietpreisbremse auch für ihre Wohnungen gilt. Die wenigsten wohnen zudem in Wohnungen, die entsprechend der Rechtsprechung zum „vorübergehenden Gebrauch“ für maximal sechs Monate überlassen werden, sondern haben Zeitvetrträge über ein, zwei oder noch mehr Jahre.

Die unklare Rechtslage und die fehlende Strafverfolgung wird von immer mehr Ver­mie­te­r:in­nen ausgenutzt. Leidtragende sind die verzweifelt nach Wohnraum Suchenden, die jenen dubiosen Geschäftemachern immer mehr ausgeliefert sind. Zum Schutz der schwachen Markt­teil­neh­me­r:in­nen muss der Gesetzgeber aktiv werden. Eindeutige Prämissen könnten sein: Wohnraum darf nur nach Genehmigung einmal befristet für maximal ein Jahr vermietet werden. Möblierung erlaubt einen definierten Preisaufschlag auf die Miete, für die die Mietpreisbremse gilt.

Doch weil von dieser Bundesregierung weder das Problembewusstsein und schon gar nicht Lösungen zu erwarten sind, wird nun auf lokaler Ebene selbst gehandelt. Diese Woche hat der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf entschieden, das befristete und möblierte Vermieten zu untersagen. Um diesen Schritt möglich zu machen, wurde zuvor ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Im Ergebnis soll diese Vermietungsform zumindest in Milieuschutzgebieten eingeschränkt werden.

Doch angesichts der vermieterfreundlichen Gesetzeslage ist selbst das umstritten. Friedrichshain-Kreuzberg hatte bereits einmal die Nutzung von Wohnungen als möblierte Apartments untersagt. Eine Klage dagegen wird derzeit vor dem Verwaltungsgericht Berlin verhandelt. Bekommt der Bezirk Recht, muss es zumindest für alle Berliner Bezirke heißen: Feuer frei im Kampf gegen Befristung und Möblierung.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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7 Kommentare

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  • "wohnen ist wohnen"?

    dass das nicht zutreffend ist, läßt sich an den besonderen kriterien erkennen, die die gesetzgeberin für die befristete vermietung möblierter wohnungen voraussetzt.

    diese kriterien sind bei einem großteil der fälle nicht gegeben: es gibt weder eigenbedarf, noch renovierungsabsichten und schon gar nicht die absicht eine hausmeisterwohnung draus zu machen. es handelt sich letztlich also um systematischen und permanenten gesetzesbruch, nutzungsänderung hin oder her.

  • "Doch angesichts der vermieterfreundlichen Gesetzeslage (...)".



    Gäbe es eine vermieterfreundlichere Gesetzeslage, würde sich das Problem in diesem Ausmaße erst gar nicht stellen.

    • @Jutta57:

      25 €/qm klingt doch ziemlich vermieterfreundlich. von solchen profitraten können die meisten branchen nur träumen.

    • @Jutta57:

      In Grossbritannien ist die Gesetzeslage "vermieterfreundlich", weil es keinen Mieterschutz gibt. Und das Problem ist nicht deutlich gravierender als hier. Ihre Einlassung ist also schlicht falsch.

  • Der Bezirk wird nicht Recht bekommen, den Wohnen ist Wohnen und damit liegt keine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor.

    • @DiMa:

      Mietrecht ist deutlich komplizierter als so ein simpler Ansatz leisten kann.

      • @Monomi:

        Jupp, nur läuft es am Ende bei Gerichtsentscheidungen immer auf einen Tenor hinaus und der besteht in der Regel aus ein bis zwei Sätzen.

        Daher kann man das Ergebnis bereits jetzt sehr gut zusammen fassen ohne die weitere Begründung vorweg zu nehmen.