Bedrohte Reptilien: Schildkröten-Punk auf roter Liste
Die australische Mary-River-Schildkröte trägt eine Mohawk-Frisur und atmet mit den Genitalien. Nun wird sie offiziell als bedrohte Art geführt.
Sie sieht aus wie ein Photoshop-Experiment und atmet durch ihre Genitalien: Die australische Mary-River-Schildkröte ist ein außergewöhnliches Tier. Und ein bedrohtes, denn mit der Punker-Szene teilt sie nicht nur eine grüne Mohawk-Frisur, sondern auch eine schrumpfende Verbreitung. Daher wurde das Tier nun in die Rote Liste der Weltnaturschutzunion IUNC aufgenommen. Die Zoologische Gesellschaft in London (ZSL) führt sie ebenfalls in ihrem Verzeichnis bedrohter Reptilien auf, sie belegt dort Platz 30 von 572 gefährdeten Tieren.
Nach Angaben des australischen Umweltministeriums wird das Tier wird bis zu 40 Zentimeter lang und kommt ausschließlich im namensgebenden Mary River im australischen Queensland vor. Die Männchen haben einen langen Schwanz, den sie wie ein Hai als Antrieb und zum Navigieren benutzten. Als Nahrung dienen den Schildkröten hauptsächlich Pflanzen und Insektenlarven.
Ungewöhnlich ist ihre sogenannte bimodale Atmung: Sie nutzen an der Wasseroberfläche ihre Lungen und unter Wasser Drüsen in ihren Genitalbereichen zum Luftholen. Diese Art der Atmung ist zwar nicht so effektiv, erlaubt aber Tauchgänge von bis zu 72 Stunden. Ihr außergewöhnliches Aussehen hat der Schildkröte beim Kontakt mit dem Mensch nicht zum Vorteil gereicht: In den Sechziger und Siebziger Jahren war sie als Haustier sehr begehrt, deshalb wurden viele ihrer Eier zum Verkauf eingesammelt.
Da sich die Reptilien erst ab dem 25. Lebensjahr vermehren und verhältnismäßig wenig Eier legen, trifft sie ein Verlust des Geleges besonders hart. Zudem verkleinerten Dämme ihren Lebensraum und sorgten für eine Verschlechterung der Wasserqualität, sodass ab einer Tiefe von fünf Metern fast kein Sauerstoff mehr im Fluss ist – der Schildkröten-Punk kann seine speziellen Fähigkeiten folglich nur begrenzt einsetzen. Darüber hinaus reduzieren Staudämme in der Region das Nahrungsangebot und die Anzahl an Brutplätzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken