piwik no script img

Bedrohte Bäume in BremenWer sägt, soll pflanzen

Wo gehobelt wird, fallen Späne: Grüne fordern angesichts der zahlreichen Bauvorhaben ein Senatskonzept für besseren Baumschutz.

500 neue Bäume soll Bremen wegen Fällungen bekommen. Wo die gepflanzt werden sollen, weiß allerdings niemand Foto: dpa

Bremen taz | Besseren Baumschutz fordern die Bremer Grünen. Der Anlass sei nicht die Aufregung um die Platanen am Neustädter Deich, die dem Hochwasserschutz weichen sollen, sagte am Freitag Maike Schaefer, umweltpolitische Sprecherin der Fraktion. Sondern die vielen Bauvorhaben in der Stadt. Diesen fielen mehr Bäume zum Opfer als notwendig, so Schäfer. „Baumschutz hat bei vielen in der Verwaltung einfach nicht oberste Priorität.“ Und: „Wir wollen, dass der Senat ein Konzept vorlegt, wie Baumschutz und Innenentwicklung miteinander in Einklang gebracht werden können.“

Schäfer hält es für falsch, dass beschleunigte Genehmigungsverfahren Baumfällungen zulassen, für die nur eine Entschädigung gezahlt wird, ohne dass neue Bäume gepflanzt würden. Oder es würden Ausgleichspflanzungen angekündigt wie am Neustädter Deich oder dem Neubaugebiet am Klinikum Mitte – ohne dass klar sei, wo die Bäume stehen sollen. „Für die 136 Platanen sollen 500 neue Bäume gepflanzt werden, aber niemand kann sagen, wo“, kritisierte Schäfer. Für eine solche Feinplanung sei es einfach noch zu früh, entgegnet Jens Tittmann, Sprecher der Umweltbehörde. Außerdem sei es möglich, als Ausgleich beispielsweise Dachflächen zu bepflanzen.

Der Grünen-Fraktion reicht das nicht. Sie schlägt jetzt vor, Flächen in der Stadt zu definieren, die mit Ersatzpflanzungen als Wälder aufgeforstet werden. Eine Möglichkeit seien brachliegende Kleingärten wie in Walle.

Zudem müsse bei Baumaßnahmen stärker darauf geachtet werden, dass Bäume, die bleiben dürfen, nicht durch Bauarbeiten geschädigt werden. „Es reicht nicht, ein paar Latten um einen Baum zu nageln, damit niemand dagegenfährt“, sagte Schaefer. Auch der Wurzelbereich müsse vor Verletzungen geschützt werden, die bei Erdarbeiten entstehen können. „Darüber müssen die Bauarbeiter aufgeklärt werden, viele wissen gar nicht, welchen Schaden sie verursachen, wenn sie nahe der Wurzeln graben.“

Für adäquaten Baumschutz fehle es an Personal

Um nachweisen zu können, dass Bauarbeiten einen Baum ruiniert haben, sollen nach Wunsch der Grünen in Zukunft systematisch die Bäume auf Baustellen begutachtet werden – bevor die Arbeiten beginnen. Nach Abschluss der Bauarbeiten sollen sie fünf Jahre beobachtet werden. Entstandener Schaden müsse wieder gutgemacht werden, heißt es im Positionspapier der Grünen. Und: Wer wiederholt gegen Baumschutzauflagen verstoße, solle von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen werden. Bisher werde nur sporadisch und stichprobenhaft kontrolliert, bemängelte Schäfer.

„Für einen effektiven und adäquaten baubegleitenden Baumschutz“ fehle es aber an Personal, hatte der städtische Umweltbetrieb Bremen im März der Umweltdeputation mitgeteilt. Mindestens zwei zusätzliche Vollzeitstellen würden dafür gebraucht. „Wir befürworten das – aber dann muss auch das Geld dafür zur Verfügung gestellt werden“, sagt dazu der Sprecher der Bau- und Umweltbehörde, Jens Tittmann.

Die Grünen begründen ihren Einsatz für Bäume mit deren positiven Einfluss auf das Stadtklima. Allerdings gilt dies nicht für alle Bäume. Der Deutschlandfunk zitierte gerade in einem Feature eine britische Forscherin, die herausgefunden hatte, das Winterlinden, Heckenkirschen und Ginkgo keine guten Schadstofffilterer seien – anders als Waldkiefern, Magnolien und einige Weinreben.

In demselben Beitrag kommt auch ein finnischer Wissenschaftler zu Wort. Dieser kommt nach Untersuchungen in zwei finnischen Städten zu dem Schluss, dass die reinigende Wirkung von Stadtbäumen in nördlichen Klimazonen überschätzt wird.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!