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■ Beckstein fordert Ausweitung der Gen-DateiNicht nur bayerische Logik

Der bayerische Innenminister Günther Beckstein fordert eine Ausweitung der DNA-Datei des Bundeskriminalamtes. Genetische Fingerabdrücke sollen nicht nur erhoben und gespeichert werden, wenn das ein Richter anordnet, sondern auch wenn sie freiwillig abgegeben werden. Freiwillig heißt hier, dass ganze Regionen mit sanftem Druck genötigt werden, zur Entnahme einer DNA-Probe anzutreten. Dies geschieht immer wieder dann, wenn die Polizei – etwa bei Ermittlungen in einem Sexualverbrechen – in einer Sackgasse steckt. Dabei können problemlos mehrere tausend Proben anfallen.

Becksteins Forderung entspricht nicht nur der bekannten Schärfe der bayerischen Staatspartei, sondern auch der Logik, die solchen Datensystemen nun mal eigen ist. Und die lautet: Wer ein System hat, muss es auch benutzen, muss immer mehr Daten eingeben, damit sich auch Erfolge einstellen. Man erinnere sich: 1997 trat eine erste gesetzliche Regelung über die Anwendung von DNA-Analysen im Strafverfahren in Kraft. Sie erlaubt die Anwendung dieser Technik nur im Einzelfall, nicht aber die Einrichtung von automatisierten Dateien, die den massenweisen Vergleich von DNA-Profilen ermöglichen. Ein gutes Gesetz, aber ein kurzlebiges. Die Aufregung über mehrere spektakuläre Sexualstraftaten im selben Jahr veranlasste den damaligen Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU), den sofortigen Aufbau einer solchen Datei zu fordern – und zwar mit Hilfe einer bloßen Errichtungsanordnung, ohne Gesetz. Dieses schob der Bundestag im Juni 1998 nach. Der Damm war gebrochen.

Wenn die neue Datei Erfolge zeitigen soll, ist eine Beschränkung der Datenmenge nur hinderlich. Je mehr Daten, desto eher ergeben sich hits, also festgestellte Übereinstimmungen zwischen Spuren und gespeicherten Profilen. Erfolgt eine Speicherung bloß bei einem begründeten Verdacht eines Sexualverbrechens und nur auf richterliche Anordnung, dann bleibt die Menge einfach deshalb klein, weil es nur wenige solcher Verbrechen gibt. Erweitert man die Datenmenge und die Vergleichsmöglichkeiten auf die (nicht ganz) Freiwilligen und auf Verdächtige aller Straftaten, so wird die Datei ständige „Erfolge“ ausweisen – ähnlich wie die Fingerabdruckstechnik und die darauf aufbauenden Afis-Systeme. Becksteins Forderung ist nur ein konsequenter Schritt in Richtung Überwachungsstaat. Otto Schily wird ihm schrittchenweise folgen. Heiner Busch

Mitarbeiter der Redaktion „Bürgerrechte und Polizei“ (Cilip)

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