: Becker besucht Friedhof
■ Heute beginnt Wimbledon: Steffi Graf schmerzt das Knie, während Anke Huber und Monica Seles Rasen lieben lernten
London (dpa/taz) – Erst am Samstag kam sie nach London. Und trainierte zum ersten Mal auf Rasen. Das linke Knie will nicht so, wie Steffi Graf will. Aber noch hat die Titelverteidigerin die Hoffnung nicht aufgegeben, doch noch bei den heute beginnenden „All England Championships“ zu starten. „Vorm Training hat mir das Knie noch sehr wehgetan, dann aber komischerweise nicht mehr“, orakelte Graf.
Ob sie Wimbledon nun absagen wird oder nicht, die äußerst kurze Vorbereitung hat den Optimismus jedenfalls gedämpft. „Eigentlich geht das gar nicht“, sagte sie, angesichts des Auftaktmatches am Dienstag gegen die Tschechin Ludmila Richterowa. Deshalb habe sie darum gebeten, „erst am Mittwoch spielen zu müssen“. Die Mächtigen des All England Clubs ließen sich aber nicht erweichen.
Während die eine hadert, freuen sich andere. Ausgerechnet Anke Huber und Monica Seles, die beide nie zuvor ein Turnier auf Gras gewonnen hatte, siegten bei den beiden letzten Vorbereitungsturnieren. „Ich habe viel gelernt“, meinte Huber nach ihrem 6:3, 7:6 (7:2) Final-Sieg in Rosmalen gegen die Tschechin Helena Sukova, „und habe keine Angst mehr vor dem Gras. Ich beginne es zu mögen.“
Im Finale von Eastbourne, wo Graf wegen ihrer Verletzung absagte, fegte Seles immerhin Mary Joe Fernandez (USA) mit 6:0, 6:2 vom Platz. Die Verliererin kürte sie prompt zur Wimbledon-Favoritin: „Wenn jemand Steffi Graf den Titel streitig machen kann“, so Fernandez, „dann ist es Monica.“
Während Anke Huber (gegen Gala Leon Garcia aus Spanien) und Michael Stich (gegen den Niederländer Sjeng Schalken) erst am Dienstag das erste Mal auf den Platz müssen, darf Boris Becker bereits heute als erster auf Platz Eins, dem sogenannten „Friedhof der Champions“, der nach dem diesjährigen Turnier abgerissen werden wird, und trifft dort auf den Franzosen Jean-Philipe Fleurian. Das offizielle Eröffnungsspiel auf dem Centre Court bestreiten allerdings Titelverteidiger Pete Sampras und Richey Reneberg (beide USA).
„Für den Pokal würde ich sofort auf das Preisgeld verzichten“, verkündete der 28 Jahre alte Becker, der bei seinem ersten Triumph 1985 wie in diesem Jahr als Sieger von Queen‘s an die Church Road gekommen war. Und Becker, der am Freitag bei einem Schaukampf in Roehampton in der Neuauflage des Australian-Open-Finales Michael Chang (USA) mit 7:6 (7:5), 6:1 bezwang, hat sich allerhand vorgenommen: „Ich fühle, daß ich Wimbledon gewinnen kann.“ Auch Michael Stich rechnet sich nach zwei Erstrunden-Pleiten einiges aus. Zwar sei für ihn „Wimbledon nicht das Nonplusultra wie für Boris“, aber gegen einen erneuten Erfolg, so wie 1991 im Finale gegen Becker, hätte er „natürlich nichts“ einzuwenden. Daviscup-Teamchef Niki Pilic glaubt fest an das mögliche Becker-Stich-Revival. „Boris ist der erfahrenste Rasenspieler, und Michael ist in Paris wieder hungrig auf Tennis geworden.“ Für die Tageszeitung The Observer steht jedenfalls schon fest: „Den Titel holen Graf und Becker.“
Frauen in Eastbourne, Finale: Monica Seles (USA) - Mary Joe Fernandez (USA) 6:0, 6:2
Männer in Halle/Westfalen, Halbfinale: Nicklas Kulti (Schweden) - Richey Reneberg (USA) 7:6 (7:3), 7:6 (12:10); Jewgeni Kafelnikow (Rußland) - Daniel Vacek (Tschechien) 6:3, 1:6, 6:3
Männer in Nottingham, Finale: Jan Siemerink (Niederlande) - Sandon Stolle (Australien) 6:3, 7:6 (7:0)
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