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Bayerns neue RegierungGefährliches „Schwamm drüber“

Dominik Baur
Kommentar von Dominik Baur

Markus Söder hat mal wieder eine Pirouette hingelegt und regiert weiter mit Hubert Aiwanger. Doch der Frieden dürfte nicht lange halten.

Hubert Aiwanger (l) und Markus Söder bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages am 26. Oktober im bayerischen Landtag Foto: Peter Kneffel/dpa

M arkus Söder – es ist wenig überraschend – bleibt Ministerpräsident. Zum dritten Mal hat ihn der Bayerische Landtag am Dienstag in das Amt gewählt. Geräuschlos und zügig hatten CSU und Freie Wähler zuvor die neue Koalition ausgehandelt. Inhaltlich stehen sich die beiden Parteien ohnehin so nah, dass das Konfliktpotenzial überschaubar war. Schnell konnten sich Schwarz und Orange daher auf ein recht uninspiriertes „Weiter so“ einigen.

Und das Personal? Auch hier fand man nach den ersten vollmundigen Forderungen schnell eine für beide Seiten gesichtswahrende Lösung: Die Freien Wähler haben sich mit einem winzigen vierten Ministerium abspeisen lassen. Aber, so ihre Argumentation, viertes Ministerium bleibt viertes Ministerium. Und die CSU darf behaupten, dem Koalitionspartner weiterhin nur fünf Kabinettsposten zugestanden zu haben – denn die Freien Wähler stellen künftig nur noch einen Staatssekretär.

Aber so mancher traut dem Frieden nicht. Zu Recht. Das Verhältnis zwischen Söder und Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger ist zerrüttet. Ein „Schwamm drüber“ könne es nicht geben, kündigte Söder noch direkt nach der Wahl an. Gemeint waren Aiwangers rechtspopulistische Eskapaden und sein Umgang mit der Flugblattaffäre.

Doch seit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags sprechen beide Seiten nur noch vom guten und vertrauensvollen Miteinander. Mit anderen Worten: Schwamm drüber. Die Konflikte aber zu verdrängen ist gefährlich, denn sie schwelen weiter.

Dass sich Aiwanger künftig in Zaum halten lässt, dass die Zeit der Bierzelte nun tatsächlich vorbei ist, wie Landtagspräsidentin Ilse Aigner in ihrer Antrittsrede meinte, ist nicht mehr als ein frommer Wunsch. Schon bald dürfte Aiwanger wieder in den Wahlkampfmodus übergehen. Im kommenden Jahr treten die beiden Koalitionspartner bei den Europawahlen gegeneinander an, 2025 folgen Bundestags-, 2026 Kommunalwahlen. Und es dürften nicht die einzigen Zerreißproben für diese Koalition bleiben.

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Dominik Baur
Bayernkorrespondent
Jahrgang 1971. Seit 2015 Bayernkorrespondent der taz. Davor unter anderem zehn Jahre Redakteur und Ressortleiter bei "Spiegel Online", seit 2009 frei. Mitglied des Journalistennetzwerks beschreiber.de.
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5 Kommentare

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  • Der Herr Aiwanger macht also einfach weiter, gestärkt und offensichtlich nicht (Achtung, Klischee-Bürokratendeutsch) „Im Amt beschädigt“ (oft ist ja auch die Sorge groß das ‚Amt‘ selbst könnte „beschädigt“ werden… ja, das arme Amt (wobei es hier ja nicht mal das Büro gemeint ist, sondern eine sehr abstrakte Idee, der „Würde des ‚hohen Hauses‘“ nicht unähnlich. Aber zurück zum Hubert: Ja, Rechte dürfen alles, sie haben alle Rechte.

  • Es könnte einem ja völlig wurscht sein, was in dem "Freistaat" so passiert. Nur leider haben die viel zu viel -ungerechtfertigten!!- Einfluss in der Bundespolitik. Da ist das Maut-Desaster nur Kleinkram. Die allermeisten Investitionen z.B. im Verkehrsministerium (ziemlich lange fest in CSU Hand) wurden nicht gleichmäßig im Land verteilt, sondern flossen in die Wahlbezirke der jeweiligen Minister.

    • @Perkele:

      Was ist der Einfluss? der Länderfinanzausgleich?

  • Ich dachte "Schwamm" ist in Bayern Codewort für Psylo-Party?

    Gibt's Fotos von?

    • @tomás zerolo:

      A geh, des san Schwammerln!

      "Schwamm" ist das, was man in vernachlässigten Altbauten an Holzbalken findet ("Do kannst nimmer net wohna, do sizt da Schwamm herinna!"). Oder auch im Staatsapparat, wenn die CSU herrscht.